27.03.2014
Diabetes: Hilfe aus dem Gehirn
Dr. Christophe Lamy, Leiter des
Laboratoire de physiologie neurométabolique der Universität Freiburg, ist einem im Gehirn angesiedelten Kontrollmechanismus des Blutzuckerwertes auf die Spur gekommen. Eine in Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne durchgeführte Studie hat sich insbesondere auf die gefürchtete Unterzuckerung bei Diabetikern konzentriert.
Die Forschungsergebnisse könnten neue Wege in der Behandlung von Diabetes ermöglichen. (Bild: Thinkstock)
Mit Hilfe von genetischen und physiologischen Hilfsmitteln ist es Dr. Christophe Lamy der Universität Freiburg gelungen, den Weg der Neuronen nachzuverfolgen, der im Gehirnstamm zur Hypoglykämie führt. Die präzise Analyse der damit verbundenen Mechanismen hat gezeigt, dass eine spezialisierte Neuronenpopulation am Werk ist, welche die Funktion von Blutzuckersensoren in dieser Region des Gehirns ausübt. Diese Zellen werden aktiviert sobald der Blutzuckergehalt zu tief sinkt und lösen darauf eine physiologische Reaktion aus, mit dem Ziel, den Blutzuckerhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei Diabetespatienten verschlechtert sich diese körpereigene Reaktion im Laufe wiederkehrender Hypoglykämien.
Im Teufelskreis der Unterzuckerung
Diabetes gehört sowohl in der Schweiz wie auch weltweit zu den gravierenden Krankheiten. Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, charakterisiert durch einen zu hohen Blutzuckergehalt und kann kurz- wie langfristig zu schweren Komplikationen führen, wenn die betroffene Person nicht korrekt behandelt wird. Zu tiefer Blutzuckergehalt oder Hypoglykämie ist dabei paradoxerweise die häufigste kurzfristige Komplikation bei Patienten in Behandlung. Sie kann zu neurologischen Reaktionen führen, ja gar zum Koma, wenn der Blutzuckerspiegel nicht rasch angehoben wird. Das wiederholte Vorkommen einer Unterzuckerung führt dabei zu einer Verringerung der körpereigenen „Korrektur“ und der Wahrnehmung dieses Zustandes, was wiederum zu einer Verstärkung der Hypoglykämie beiträgt. Bisher waren die Mechanismen dieser „Desensibilisierung“ weitgehend unbekannt und unerforscht; entsprechend eröffnen sich durch die jüngsten Resultate von Dr. Lamy auch neue Wege in der Behandlung von Diabeteskranken, sowohl im Bereich der Prävention wie auch während der akuten Phase dieser Komplikation.
Dr. Christophe Lamy steht hinter dem kürzlich geschaffenen neuen Forschungslabor im Bereich der integrativen Physiologie am Departement für Medizin der Universität Freiburg. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Interaktion zwischen dem menschlichen Stoffwechsel und dem Gehirn und soll zum besseren Verständnis der Ursprünge von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen führen sowie die Rolle des Gehirns im Bereich von Stoffwechselkrankheiten verstärkt beleuchten. Dr. Lamy stützt sich dabei auf jüngste Methoden aus der Elektrophysiologie, der Biophotonik, der Optogenetik und der Nanotechnologie.
Die vorliegenden Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Cell Metabolism publiziert und zusammen mit Professor Bernard Thorens (Centre de génomique intégratif) und Dr. Jean-Yves Chatton (Département de neurosciences fondamentales), beide von der Universität Lausanne, erarbeitet.
Link zum Artikel
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S155041311400059X
Kontakt
Dr. Christophe Lamy, Departement für Medizin, 026 300 8666, christophe.lamy@unifr.ch