07.04.2014
Zellumwandlung: Einerseits zum Guten, aber auch gegen das Schlechte
Durch die gleichzeitige Unterdrückung zweier Proteine ist es Stéphanie Käser-Pébernard gelungen, sogenannte Keimbahnzellen, die normalerweise der Bildung von männlichen und weiblichen Geschlechtszellen dienen, in Neuronen umzuwandeln. Die Assistentin am Departement für Biologie der Universität Freiburg verfolgte dabei einen neuen Ansatz im Bereich der Zellprogrammierung, der unter anderem auch dazu beitragen könnte, dereinst die Wucherung von Krebszellen zu bremsen.
„Mit unserer Forschung möchten wir den Strichcode entschlüsseln, der festlegt was aus einer Zelle werden soll. Mit den vorliegenden Ergebnissen ist es uns gelungen, einen kleinen aber wichtigen Strich in der Codierung zu entschlüsseln“, freut sich Stéphanie Käser-Pébernard. Die Untersuchungen, die sie unter der Leitung von Oberassistentin Chantal Wicky und Professor Fritz Müller im Departement Biologie der Universität Freiburg durchgeführt hat, belegen zum ersten Mal, dass epigenetische Veränderungen alleine das Schicksal einer Zelle beeinflussen können. Bis anhin ging man davon aus, dass solche Veränderungen zwar nötig, aber ohne gleichzeitige Einwirkung auf den genetischen Code nicht ausreichend sind, um eine Zelle umzuprogrammieren.
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Geschlechtszelle oder Neuron?
Caenorabditis elegans ist ein zweigeschlechtlicher Wurm von nur einem Millimeter Länge. Sein einfacher Körperbau, seine Transparenz, seine rasche Entwicklung und die Tatsache, dass das Schicksal jeder einzelnen seiner Zellen genau bekannt ist, haben C. elegans zu einem perfekten biologischen Modellorganismus für das Studium der Entwicklungsbiologie gemacht. „Wir haben den Wurm verwendet, um den Einfluss von bestimmten Proteinen, sogenannten epigenetischen Faktoren, auf das Chromatin zu untersuchen. Chromatin ist die vielfach als „Perlenkette“ bezeichnete, kettenförmige Aneinanderreihung von spezialisierten Proteinen, den Histonen, auf der DNA “, so Stéphanie Käser-Pébernard. „Wir haben herausgefunden, dass die gleichzeitige Unterdrückung der Proteine LET-418 und SPR-5 (auch bekannt als LSD1 bei den Säugetieren) zu einer anormalen Veränderung der Histone führt. Dies wiederum bewirkt eine Umprogrammierung der Keimbahnzellen: . Statt sich in männliche oder weibliche Geschlechtszellen zu verwandeln, d.h. in Spermien oder Eizellen, werden daraus somatische Körperzellen. Es entstehen hauptsächlich Neuronen, aber auch einige Haut- oder Muskelzellen. Die Proteine LET-418 und SPR-5 haben eine "Barrierefunktion", welche die Geschlechtszellen auf ihrem Entwicklungskurs behält. Fallen diese Barrieren, hindert die Zellen nichts mehr daran, sich zu verändern. Beim Wurm beeinflusst dies die ganze Keimbahn; er lebt zwar weiter, wird aber steril.“
Auf der therapeutischen Ebene könnte die gezielte Anwendung solcher Veränderungen die Entwicklung von bestimmten Zellen steuern. So wäre es beispielsweise vorstellbar, Krebs am Wachstum zu hindern, indem man die Krebszellen zwingt, sich in normale Körperzellen zu differenzieren. Solche ausdifferenzierten Körperzellen sind nämlich nicht mehr in der Lage, sich zu teilen und dadurch zu vermehren. Ein anderes mögliches Einsatzgebiet ist der Bereich der Geweberegeneration, beispielsweise um Organe zu ersetzen.
Die Resultate der vorliegenden Forschung wurden im Wissenschaftsmagazin Stem Cell reports publiziert:
http://dx.doi.org/10.1016/j.stemcr.2014.02.007
Kontakt:
Stéphanie Käser-Pébernard, Bereich Zoologie, stephanie.kaeser-pebernard@unifr.ch, 026 300 88 99