Biologie31.07.2017

Neues Ranking: Welche bioinvasive Art beeinträchtigt den Menschen am meisten?


Wo lebt es sich am besten? Welche Nation ist die glücklichste? Welches Land verzeichnet die meisten Suizide? Rankings und Vergleiche jeglicher Art erfreuen sich grosser Beliebtheit. Unter der Leitung des Freiburger Biologieprofessors Sven Bacher haben Forschende nun ein Ranking entwickelt zur Frage: Welche eingeschleppte Art macht uns Menschen das Leben am schwersten.

Durch den Menschen eingeschleppte invasive Arten können in ihrer neuen Heimat grossen Schaden anrichten. Nebst den Auswirkungen auf die Biodiversität, die vom Aussterben einheimischer Arten bis hin zur Vernichtung ganzer Landstriche und Ökosysteme reichen, können invasive Arten auch das Wohlbefinden, die Lebensumstände und die Gesundheit des Menschen massiv beeinträchtigen. Die Tigermücke (Aedes albopictus) beispielsweise, die ursprünglich aus Südostasien stammt, verbreitet Krankheiten wie das Denguefieber. Sie wird in vielen Ländern rund um den Globus als bedeutende Gefahr für die menschliche Gesundheit angesehen.

Es sind aber nicht nur Insekten und Krankheiten, die problematisch sind für den Menschen: Die Aga-Kröte (Rhinella marina) etwa, die ursprünglich in Australien eingeführt wurde, um bestimmte Pflanzenschädlinge auszurotten, ist nach und nach ausser Kontrolle geraten und hat sich über weite Gebiete ausgebreitet. Dies wiederum führte zu Problemen für die einheimische Bevölkerung, da wegen der Kröte bestimmte Traditionen nicht mehr gelebt werden konnten, wie etwa die Buschfleischjagd, da es wegen der Riesenkröten an Beutetieren mangelt.

Keine rein materielle Wertung

Den Auswirkungen auf die Lebensumstände und das Wohlbefinden des Menschen wurde bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt – oder sie wurden unterschätzt, da deren finanzielle Schäden oft nicht nennenswert genug sind. Unter der Leitung von Sven Bacher, Professor für Biologie an der Universität Freiburg, hat ein internationales Team aus 22 Forschenden ein neues, sozio-ökonomisches System zur Klassifizierung von eingeschleppten Arten (kurz SEICAT) entwickelt. „Das System klassifiziert eingeführte Arten nach deren Auswirkungen auf das Leben der Menschen, resp. auf deren Gewohnheiten und Aktivitäten“, erklärt Sven Bacher. SEICAT basiert auf einer 5-Punkte-Skala und soll erfassen, wie gross die Einschränkung einer bestimmten Aktivität oder Gewohnheit durch eine eingeschleppte Art ist.

Durch den Fokus auf die Veränderungen der menschlichen Aktivitäten erfasst SEICAT auch jene Auswirkungen invasiver Arten auf das menschliche Wohlbefinden, die von einem rein ökonomischen System übersehen würden. Die Einflüsse auf das menschliche Wohlbefinden, von der Gesundheit über die materielle Situation und die Sicherheit bis hin zu sozialen und kulturellen Belangen, werden in SEICAT alle in derselben „Währung“ gemessen und erlauben so den direkten Vergleich und das Ranking. Verglichen mit ökonomischen Mess-Systemen ist SEICAT nicht auf grosse Datenmengen angewiesen und ermöglicht innert kurzer Zeit ein Ranking der schlimmsten invasiven Arten.

Das neue Werkzeug zum Vergleich eingeschleppter Arten in Bezug auf deren Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden und auf deren Lebensumstände kann auch hilfreich sein wenn es darum geht, zu entscheiden, welche Arten bekämpft werden sollten, da die Bekämpfung aller eingeschleppter Arten finanziell und logistisch unmöglich ist.