24.01.2005

Unveröffentlichte Manuskripte aus dem 5. Jh.


Der Lehrstuhl der Klassischen Philologie der Universität Freiburg ist auf unveröffentlichte, literarische Schriftstücke in Griechisch aus der Spätantike gestossen, die der rhetorischen Schule von Gaza zuzuordnen sind. Die Entdeckung ist bedeutend, zumal in der heutigen Zeit kaum mehr neue Manuskripte aus dem 5. Jahrhundert entdeckt werden.

Im Rahmen einer Forschungsarbeit über Manuskripte, welche dem Fonds der Bibliothek «Marciana» von Venedig und der Nationalbibliothek von Frankreich gehören, stiessen Prof. Jacques Schamp und sein Assistent Dr. Eugenio Amato auf die unveröffentlichten Texte. Ihr Projekt wird vom Forschungsfonds der Universität Freiburg und dem Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Die Schriftstücke sind von einer aussergewöhnlichen Bedeutung, nicht nur bezüglich ihrer Inhalte, sondern auch was die Autoren anbelangt. Die ältesten der Schriftstücke werden auf das 5. und 6. Jahrhundert zurückdatiert und bestehen aus einer Sammlung von gegenseitigen Briefen zwischen Prokopios von Gaza - Sophist und christlicher Rethoriker (ca. 465-529) aus der Zeit der Kaiser Anastasios und Justin I - und dem bislang unbekannten jungen Anwalt Megethios. Das Dokument ist wegen des metaphorischen Inhaltes und der Sprache (es handelt sich um ein spätes Griechisch und nicht um das klassische) äusserst komplex. Dennoch hat sich das Unterfangen für die Freiburger Forscher gelohnt: Sie konnten entscheidende Hinweise auf das Leben und die Werke von Prokopios von Gaza, einer zentralen Figur der Rednerschule von Gaza, finden. Mit seinen Schriften erweist er sich als ausgewiesener Kenner der klassischen griechischen Literatur von Homer wie der biblischen Überlieferung, besonders der Bücher des Alten Testamentes. Das bislang unveröffentlichte Dokument gewährt überdies wichtige Erkenntnisse über den Gebrauch von Vokabular und linguistischen Sprachwendungen dieser späten Epoche. Feinstarbeit mit internationaler Dimension Die Forschungsarbeit von Prof. Schamp und Dr. Amato ist kompliziert: Um unveröffentlichte Schriftstücke zu finden, müssen die klassischen Philologen die Listen der Manuskripte, die in den Archiven der Bibliotheken lagern, minutiös untersuchen und bibliografieren. Ist die Rarität einmal entdeckt, beginnt eine aufwändige Übersetzungs- und Interpretationsarbeit. Um den Inhalt der unveröffentlichten Schriftstücke bestmöglichst zu erfassen, arbeiten die Freiburger mit Wissenschaftlern aus Göttingen, Mailand und New York zusammen und vergleichen die Übersetzungen miteinander. Diese Recherchearbeit wird Dr. Eugenio Amato ab März in Angriff nehmen. Er erachtet die Entschlüsselung und Übersetzung der Originaltexte als zentral: „Wissenschaftler sollten nicht einzig mit Sekundärliteratur arbeiten, sondern auch mit Originaltexten. Erst dies ermöglicht es, die politischen, anthropologischen und soziologischen Verhältnisse zur Zeit des Prokopios zu erfassen", erklärt der Freiburger Philologe. Er wird die unveröffentlichten Texte nächstens übersetzt und kommentiert in der Byzantinischen Zeitschrift (Band 98, Heft 2, Jahr 2005), dem Fachmagazin für byzantinische Geschichte und Archäologie, publizieren. Information : Prof. Jacques Schamp, jacques.schamp@unifr.ch, Dr. Eugenio Amato,: eugenio.amato@unifr.ch., Tel. 026 300 78 32. Site : www.grrat.com/ Die Fotografien können unter folgender Internetadresse heruntergeladen werden : www.unifr.ch/press Quelle: Dienst für Presse und Kommunikation, Tel. 026 300 70 34, e-mail : press@unifr.ch