15.11.2004

Dies Academicus an der Universität Freiburg


Klare Stellungnahmen zu Staats- und Universitätspolitik Freiburg, den 15. November 2004. Nein zur Zentralisierung der Hochschulen, Warnung vor einer „neoliberalen Casino-Mentalität in der Universitätslandschaft", Appell für mehr Reflexion und Diskussion in der Politik - Erziehungsdirektorin Isabelle Chassot, Rektor Urs Altermatt und Bundespräsident Joseph Deiss redeten am 115. Dies academicus der Universität Freiburg Klartext. Vize-Rektor Erwin Murer analysierte in seinem Festvortrag die Krise der Invalidenversicherung.

„Man kultiviert den Sturm im Wasserglas und übersieht dabei die echten Probleme." Mit diesen Worten umschrieb Bundespräsident Joseph Deiss die aktuelle Lage in der Schweizer Politik. Auf Fragen nach der Zukunft erhielten die Bürgerinnen und Bürger nicht Antworten, sondern „nur neue Häppchen, die nach Fastfood schmecken". Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Schweiz und die Welt heute stehe, sei unsere Fixiertheit auf Details „kleingeistig und eine Alibiübung", sagte der Bundespräsident. Es brauche ein vertieftes Nachdenken, und dabei spielten auch die Vertreter der universitären Welt eine wichtige Rolle. „Helfen Sie uns, spornen Sie uns an bei diesem Reflexionsprozess", wandte sich Joseph Deiss direkt an die Anwesenden. Die Freiburger Erziehungsdirektorin Isabelle Chassot forderte in ihrer Rede eine Harmonisierung in der schweizerischen Hochschullandschaft und distanzierte sich klar von den Rufen nach Zentralisierung. Weder in Bezug auf die Kosten noch in Bezug auf Chancengleichheit bringe eine Zentralisierung im Hochschulbereich Verbesserungen. Hochschulen müssten zur Konkurrenzfähigkeit und zum Wohlstand der Bevölkerung beitragen, und das lasse sich nicht über eine Förderung des Standorts Zürich erreichen. „Wir müssen auch das Wachstum in der Region fördern und Leute ausbilden für die KMU, die in der Schweizer Wirtschaft eine absolut zentrale Rolle spielen", gab sich Isabelle Chassot überzeugt. Rektor Urs Altermatt betonte in seiner Rede die sozialen und staatspolitischen Aufgaben der Universität. Er warnte vor einer „neoliberalen Casino-Mentalität" in der schweizerischen Universitätslandschaft, die enorme Auswirkungen für den Zusammenhalt des föderalen und multikulturellen Bundesstaates Schweiz hätte. Bildung sei ein öffentliches Gut, die Universitäten dürften nicht in erster Linie als Dienerinnen der Wirtschaft betrachtet werden: „Wenn die Universität nicht mehr die grösseren Zusammenhänge vermittelt und nur noch am Rande die kritische Reflexion fördert, läuft sie Gefahr, ihre öffentliche Stellung zu verlieren und zum Spielball privater Interessen zu werden." Vizerektor Erwin Murer beleuchtete in seinem Fest-Vortrag die aktuelle Krise der Invalidenversicherung. In den letzten zehn Jahren stiegen die jährlich ausbezahlten Renten von 3,3 auf 6,4 Milliarden an. Murer sieht als Grund für diese Zunahme „eine Überforderung der Rechtsanwendung und der dieser assistierenden Medizin". Einen Ausweg sieht er in einer „echten pluridisziplinäre Zusammenarbeit zischen Recht und Medizin" und in einer Umgestaltung der Präventionsmassnahmen. Wiedereingliederung dürfe nicht als Aufgabe der Vollzugsbehörden betrachtet werden, sie müsse zur Pflicht der Versicherten werden. Unter http://www.unifr.ch/spc/breve/dies2004.php finden Sie die Texte der Dies-Reden im Wortlaut. Eine Auswahl an Fotos von Charly Rappo steht ab 15.30 unter der gleichen Adresse zur Verfügung. Quelle Dienst für Presse und Kommunikation, Ruedi Helfer, Tel. 026 300 70 34