Krebsforschung04.08.2022
Weniger Tierversuche dank künstlicher Modelle
Wie können Methoden und Instrumente erarbeitet werden, die dafür sorgen, dass die Zahl der Tierversuche und der verwendeten Tiere in der Forschung signifikant reduziert wird? Ein Forschungsteam der Universität Freiburg zusammen mit der ETH Zürich geht dieser Frage nach und möchte 3D-Zellkulturmodelle entwickeln, die zur Reduzierung von Mausexperimenten beitragen. Das Projekt wurde nun im Rahmen des SNF-Programms «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» mit rund 716'000 Franken gefördert.
In der Krebsforschung ist es bisher üblich, in sogenannten Maus-Xenograft-Modellen menschliche Tumorzellen in Mäuse zu implantieren. Diese Modelle werden vor allem in der personalisierten Krebstherapie zur Untersuchung von Tumorentwicklung und Medikamenteneffekten verwendet. Im Projekt «Replacement of xenograft mouse models by molecularly-defined 3D in vitro systems» streben Prof. Dr. Jörn Dengjel (UniFr), Prof. Dr. Mark Tibbitt (ETHZ) und ihre Forschungsteams die Entwicklung von 3D-Zellkulturmodellen an. Mit dieser Alternative können zukünftig die Experimente an Mäusen stark reduziert werden.
Untersuchung der Tumor-Beschaffenheit
Sogenannte Xenografte sind Transplantate, bei welchen der Spender einer anderen biologischen Spezies angehört als der Empfänger. Um die Tumorentwicklung und die Effekte von Medikamenten zu erforschen, werden in sogenannten Maus-Xenograft-Modellen menschliche Tumorzellen in Mäuse implantiert. Dengjel, Tibbitt und ihre Teams interessieren sich für die molekulare und physikalische Beschaffenheit von Xenograft-Tumoren. Um diese zu bestimmen, verwenden die Wissenschaftler_innen im ersten Teil des Projekts verschiedene Messmethoden (Proteomik, Transcriptomik, und biophysikalische Messmethoden). Weil sie klinisch sehr relevant und leicht zugänglich ist, verwenden sie dabei die Haut als Modellorgan.
Möglichst nah am Original
Im zweiten Teil des Projekts verwenden die Forschenden die erhobenen Daten, um in vitro 3D-Zellkulturmodelle zu entwickeln, die in ihrem molekularen Aufbau und biophysikalischen Eigenschaften den Xenograft-Modellen weitestmöglich entsprechen. Um ihre Relevanz und Aussagekraft zu überprüfen, werden im dritten Teil des Projektes die Effekte von genetischen und pharmakologischen Interventionen auf die Entwicklung von Krebszellen studiert. Durch eine Kombination von modernen Mess- und Analysemethoden generiert das Projekt detaillierte Einblicke in Tier-Krebsmodelle, um diese im Anschluss in vitro zu rekonstituieren.
Vielversprechende Grundlagenforschung
Durch die Entwicklung künstlicher Modelle kann die Zahl der Tierversuche und der verwendeten Tiere in der universitären und privatwirtschaftlichen Forschung stark reduziert werden. Weil sich die Forscher_innen auf innovative Weise mit ethischen und sozialen Aspekten der Nutzung von Tieren in der Wissenschaft auseinandersetzen, hat das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79) eine Förderung von rund 716'000 Franken zugesprochen. Im Sinne des Programms sollen die neu gewonnenen Daten und Erkenntnisse eine gemeinsame Diskussionsgrundlage für Tierschützer_innen und Tierversuchsbefürworter_innen liefern und auf diese Weise den gesellschaftlichen Diskurs voranbringen.