Umwelt26.01.2023

Menschliche Aktivitäten als treibende Kraft hinter der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes


Innerhalb weniger Jahrzehnte haben menschliche Eingriffe das Ökosystem im Amazonasgebiet tiefgreifender verändert als die natürliche Evolution in Millionen von Jahren. Zu diesem Fazit gelangt eine Studie, die von 19 Forschenden im Fachmagazin Science veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter auch Juan D. Carrillo von der Universität Freiburg, schlagen Alarm.

Der Amazonas-Regenwald wird oft als grüne Lunge der Welt bezeichnet und hat einen immensen Einfluss auf das Weltklima. Die Wälder am Amazonas tragen allein 16 Prozent zur globalen Photosynthese bei und regulieren so den Wasser- und den CO2-Kreislauf. Dieses riesige Ökosystem beherbergt ausserdem nahezu einen Zehntel der Pflanzen- und Tierarten der Welt. Der Amazonas-Regenwald ist durch menschliche Eingriffe gefährdet und hat bereits fast einen Fünftel seiner vorkolonialen Fläche verloren. Eine Studie von Forschenden aus sieben Ländern, die vor Kurzem in Science veröffentlicht wurde, kommt zu einer alarmierenden Erkenntnis: Die durch den Menschen verursachten Veränderungen des Ökosystems im Amazonasgebiet schreiten Hunderte, wenn nicht Tausende Mal schneller voran als der Wandel durch die klimatischen und geologischen Prozesse in den letzten Millionen Jahren!

Umfassende Studie
Die Forschenden untersuchten, wie schnell sich die Umwelt im Amazonas-Regenwald und auf dem Südamerikanischen Kontinent, aber auch weltweit durch menschliche Eingriffe im Vergleich zu natürlichen Einflüssen verändert. Sie stützten sich dabei auf Daten, die im Bericht des Wissenschaftspanels Science Panel for the Amazon (SPA) zusammengetragen wurden. Diese Daten dokumentieren die Veränderungen des Ökosystems im Amazonasgebiet im Laufe der Zeit, sowohl im Hinblick auf die biologische als auch auf die kulturelle Vielfalt. Abholzung, Waldbrände, Bodenerosion, Flussverbauungen und Verödung aufgrund des globalen Klimawandels sind die Hauptfaktoren für die Zerstörung und Verschlechterung des Ökosystems im Amazonasgebiet. Juan Carrillo ist Paläobiologe an der Universität Freiburg und untersuchte im Rahmen der Studie die Fossilien der Region. In seinem Beitrag stellt er die enorme Beschleunigung der durch den Menschen verursachten Veränderungen fest. Das bedeute, so seine Schlussfolgerung, dass sich die Ökosysteme, sowie die im Amazonasgebiet beheimateten Pflanzen, Tierarten und Bevölkerungsgruppen, nicht anpassen können.

Globale Folgen
Die rasant fortschreitende Rodung im Amazonasgebiet verwandelt die dichte Walddecke in eine Landschaft ohne Waldbestand. «Auf 10’000 m2 Amazonas-Regenwald sind mehr Pflanzenarten zu Hause als auf dem gesamten europäischen Kontinent», erklärt Juan Carrillo. Sollte der Regenwald verschwinden, gingen unzählige Arten verloren, ehe sie überhaupt erforscht würden. Darüber hinaus hätte eine solche Veränderung immense Auswirkungen auf das Weltklima: Das Amazonasgebiet läuft Gefahr, vom CO2-Speicher zum CO2-Emittenten zu werden. Dieser gewaltige Wandel wirkt sich nicht nur auf die Völker im Amazonasbecken, sondern auch auf den Rest der Erde aus.

Forschende schlagen Alarm
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen sich besorgt, hegen aber die Hoffnung, dass die politischen Instanzen die nötigen Massnahmen treffen werden, um die grüne Lunge der Welt zu erhalten. «Im Amazonasgebiet gibt es noch Waldflächen, die wir schützen können und müssen. Ausserdem besteht die Möglichkeit, bereits beschädigte Gebiete wieder aufzuforsten. Und wir können uns von den indigenen Völkern inspirieren lassen, die dort seit Tausenden von Jahren nachhaltig leben», betont Juan Carrillo.

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