Biomedizin11.06.2024

Neue Wege zur Durchführung kognitiver Tests für Versuchsaffen


Forschende des Swiss Non-Human Primate Competence Center for Research an der Universität Freiburg haben eine Methode entwickelt, die das Wohlbefinden der Versuchsmakaken erheblich verbessert. Anstelle eines Verankerungssystems in der Schädeloberfläche, das den Kopf während visuellen Tests stabilisiert, können die Primaten bei künftigen Versuchen ihr Kinn in eine Stütze legen und nach Gutdünken selbständig Pausen einlegen. In den zwei durchgeführten Testreihen zeigten die Affen sogar eine grössere Teilnahmebereitschaft. Dadurch erhöht sich nicht nur das Tierwohl, sondern verbessert sich auch der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn.

Die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Michael Schmid von der Universität Freiburg untersucht Schaltkreise des Gehirns im visuellen System, um zu verstehen, wie wir sehen und wie das Sehvermögen im Falle von Krankheiten verbessert werden kann. Dazu arbeitet sie auch mit nichtmenschlichen Primaten, deren Augenbewegungen präzise gemessen werden. Die Verwendung von Rhesusaffen in der Sehforschung ist aufgrund der Ähnlichkeit ihres Sehsystems mit dem des Menschen von entscheidender Bedeutung.

Kinnstütze statt Verankerungssystem
Die bislang übliche Methode war es, den Primaten ein Verankerungssystem in die Schädeloberfläche zu operieren, was eine Fixierung des Kopfs und damit präzise Messergebnisse zuliess. Obwohl diese Operationen so durchgeführt wurden, dass die Affen ohne grössere Schmerzen blieben, so war diese Methode dennoch invasiv mit starken optischen Auswirkungen und einem steten Risiko von postoperativen Infektionen.

Während invasive Techniken bisher die Norm waren, hat sich der Trend zu nicht-invasiven Methoden wie Gesichtsmasken oder Kopfschalen verschoben, um den Tierschutz zu verbessern und ethischen Bedenken Rechnung zu tragen.

Das Forschungslabor von Prof. Schmid kann nun einen neuen Ansatz für die biomedizinische Forschung an Makaken vorstellen, der sich einer für die Hundeforschung und auch im Humanbereich verwendeten, 3D-gedruckten Kinnstütze bedient. Diese verbessert sowohl die Präzision und die Ausdauer der eingesetzten Makaken als auch den Tierschutz.

Die Kinnstütze gewährleistet genaue Augenbewegungsmessungen für Studien zu kognitiven Funktionen und ermöglicht es den nichtmenschlichen Primaten, sich selbständig an Experimenten zu beteiligen oder sich aus ihnen zurückzuziehen. Diese Methode fördert also ethischere Forschungspraktiken und verbessert die Trainingseffizienz, indem sie wissenschaftliche Präzision mit Fortschritten im Tierschutz in Einklang bringt.

Fortschritt im Geiste des 3R-Prinzips
Die Universität Freiburg setzt sich gemäss ihrer Grundsatzerklärung Tierversuche für einen ethischen Umgang mit Tieren ein, indem sie das 3R-Prinzip (replace, reduce, refine) konsequent anwendet. Die nun getestete Kinnhalter-Methode für nichtmenschliche Primaten ist ein schönes Beispiel für Refinement, also einer Verbesserung des Tierwohls.

« Wir waren sehr positiv überrascht, wie gut sich der neue Ansatz nicht nur auf das Engagement der Tiere, sondern auch auf die Präzision der Augenbewegungsmessungen auswirkte», beschreibt Michael Schmid seine Eindrücke. «Wir hoffen, unsere Ergebnisse ermutigen weitere Forschungsgruppen ähnliche neue Wege zu gehen»,  

Da diese Methode kostengünstiger und weniger invasiv ist, dürfte sie auch von Versuchslabors an anderen Forschungseinrichtungen verwendet werden. Für die Universität Freiburg ist das Ergebnis ein schöner Erfolg, der beweist, dass sich Spitzenforschung und Forschung zur Verbesserung des Tierwohls nicht ausschliessen, sondern ganz im Gegenteil sich ergänzen.

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Veröffentlichung im Journal of Neuroscience Methods

Link zu einem Erklärvideo

Link zum SPCCR

Link zur Grundsatzerklärung Tierversuche an der Universität Freiburg