23.02.2010

Analyse der SRG-SSR-Programme: Wenig Berichterstattung über andere Sprachregionen


Die Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée suisse sind sehr stark auf die eigene Sprachregion fixiert; eine Berichterstattung über andere Sprachregionen der Schweiz findet kaum statt. Dies geht aus den Schlussberichten zu den wissenschaftlichen Analysen der Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR hervor, an denen auch eine Forschungsgruppe aus dem Departement für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Freiburg beteiligt war.

Das BAKOM lässt seit 2008 die Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR durch unabhängige wissenschaftliche Institute kontinuierlich analysieren. Diese Analysen orientieren sich am Programmauftrag und an den Qualitätsvorgaben, welche der Bundesrat in der SRG-Konzession mit den Begriffen journalistische Professionalität, Glaubwürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Relevanz umschreibt. Die ersten vier Schlussberichte sind nun vom BAKOM veröffentlicht worden. In der Romandie wurden alle drei Radioprogramme (La Première, Espace 2, Couleur 3) untersucht, in der Deutschschweiz DRS 1 und in der italienischsprachigen Schweiz Rete Uno.

Die Fernsehanalyse umfasst in allen Sprachregionen alle Programme (SF 1 und SF zwei sowie SF info; TSR 1 und 2, RSI LA1 und LA2) der SRG SSR und wird nach einer Pilotstudie aus dem Jahr 2007 unter der Leitung von Prof. Joachim Trebbe mit einem zehnköpfigen Team an der Universität Freiburg durchgeführt. Da die dreisprachige Programmanalyse als kontinuierliche Untersuchung angelegt ist, lassen sich neben aktuellen Zustandsbeschreibungen auch Programmtrends aufzeigen, langfristig verfolgen und international vergleichen.

Grundsätzlich werden den SRG-SSR-Programmen in den Analysen und in der Publikumsbefragung eine hohe Qualität und Professionalität, ein hoher Anteil an politischer Berichterstattung sowie eine vielfältige und aktuelle Darstellung der einzelnen Themen attestiert. Die Analysen zeigen indessen auch Schwachstellen im Programmschaffen auf.

Sowohl beim Fernsehen als auch beim Radio wird die Berücksichtigung der jeweils andern Landesteile in den sprachregionalen Programmen der SRG SSR eher als marginal bezeichnet. So sei beispielsweise in keinem der analysierten Radioprogramme dem Austausch unter den Sprachregionen in substantiellem Umfang Sendezeit eingeräumt worden. Insbesondere die Radioprogramme DRS1 und RSR La première hätten neben internationalen und nationalen Ereignissen in erster Linie über ihre eigene Sprachregion und kaum über die andern Landesteile berichtet. Im Vergleich zu den Programmen in der Deutschschweiz und in der Romandie erwies sich Rete 1 bedeutend offener gegenüber den anderen Sprachregionen. Auch beim Fernsehen ist eine starke Fixierung auf den eigenen Sprachraum festgestellt worden.

Unterschiedliche Formate beim Fernsehen

Die Fernsehprogrammanalysen am Department für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Freiburg zeigen, dass die Programme der SRG SSR je nach Sprachregion unterschiedlich formatiert sind: Während die Ketten der französischsprachigen (TSR1, TSR2) und der italienischsprachigen Schweiz (RSI LA1, RSI LA2) mit einer ausgewogenen Mischung aus Information, Unterhaltung, Sport und Kultur jeweils ähnlich ausgerichtet sind, haben die Deutschschweizer Ketten SF1, SF zwei und SF info je unterschiedliche Schwerpunkte – SF 1 vor allem bei Information und Unterhaltung, SF zwei bei Unterhaltung und Sport, und der Wiederholungskanal SF info bringt in erster Linie Informationssendungen der Hauptketten.

Offenlegung der Quellen

Beim Radio werden insbesondere den drei ersten Programmen DRS1, RSR La Première und Rete Uno eine inhaltliche und formale Vielfalt, ein hoher Stellenwert der Information und eine professionelle radiospezifische Aufbereitung attestiert. Allerdings kritisiert die Radioanalyse eine teilweise mangelhafte Offenlegung der Informationsquellen; zudem würden gerade in den Nachrichtensendungen oder in den Informationsmagazinen zu selten unterschiedliche Meinungen und Perspektiven zu einem bestimmten Sachverhalt aufgezeigt.

Unterhaltungsprogramme

Eine Studie zu den Unterhaltungsprogrammen der SRG-SSR-Fernsehketten bescheinigt insbesondere SF 1 einen vergleichsweise hohen Anteil an Eigenproduktionen sowohl bei Shows als auch bei Serien; andere Sender kauften hier vor allem Lizenzen. Bei den Shows des SRG-SSR-Fernsehens kommt die Studie zum Schluss, dass sich die SRG-SSR-Programme wenig von der kommerziellen und ausländischen Konkurrenz unterscheiden. Lediglich im Bereich RealityTV sei im Vergleich mit der privaten Konkurrenz eine Zurückhaltung der SRG SSR zu beobachten.

Die Studie bemängelt zudem die Qualitätsorientierung in der Fernsehunterhaltung. Diese sei zu stark auf die Abgrenzung zu schlechten Beispielen aus dem Angebot der Kommerziellen fixiert und weniger an der Operationalisierung von eigenen Qualitätszielen. Die Qualität bei der Unterhaltung orientiere sich damit "reaktiv an einem niedrigen Standard".

In der Studie wurden alle SRG-SSR-Fernsehketten – ausser SF info – sowie die wichtigsten öffentlich-rechtlichen und privaten Konkurrenzsender der jeweiligen Sprachregion untersucht.

Die wichtigsten Resultate zu den Analysen der privaten Radio- und Fernsehveranstalter mit Leistungsauftrag, die 2009 in einem zweiten Schritt in Angriff genommen wurden, werden erstmals am BAKOM-Sommermediengespräch 2010 präsentiert. Die Universität Freiburg ist auch an diesen Analysen mit einer Projektgruppe des Departements für Medien und Kommunikationswissenschaft unter der Leitung von Dr. Steffen Kolb federführend beteiligt.