25.05.2010
Ein Konzentrat Freiburger Geschichte in den Radioarchiven
Die Arbeiten zur Erhaltung von Tondokumenten mit Bezug zum Kanton Freiburg tragen erste Früchte. Seit dem 1. Mai sind die Dokumente an einer Hörstation in der KUB (Kantons- und Universitätsbibliothek) zugänglich. Ein Forscherteam der Universität Freiburg war am schweizweit grössten Projekt zur Sicherung akustischer Archive eines Kantons federführend beteiligt. Ziel ist die Erhaltung regionaler Radioarchive.
Die Reise ins akustische Erbe des Kantons Freiburg beginnt neuerdings mit einem simplen Klick! An der Hörstation, welche die KUB ihren Besucherinnen und Besuchern zur Verfügung stellt, ertönen die Stimmen illustrer Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Kultur, Kunst und Religion in digitaler Klangqualität. Zu hören sind etwa Kardinal Charles Journet, der Professor und Theologe Josef Maria Bochenski, die Abbés Joseph Bovet und Pierre Kaelin, die Künstler Jean Tinguely und Frédéric Dard oder die Fotografen Jean Mülhauser und Jacques Thévoz. Im Bestand finden sich aber auch Gespräche mit Angehörigen einer mittleren Elite (Oberamtmänner, Gemeindepräsidenten, Gemeinderäte) und mit gewöhnlichen Bürgern. Neben anspruchsvollen Sendungen gibt es auch solche, die sich mit populäreren Themen beschäftigen: Mit dem Dialekt, der Volksmusik und lokalen oder regionalen Traditionen etc.
Bis jetzt wurden Aufnahmen aus der Zeit von 1936-1990 erfasst und gespeichert. Am 1. Mai 2010 waren 3396 Musik- und Wortbeiträge katalogisiert und digitalisiert und stehen nun zur Verfügung. Bis zu Abschluss des Projekts, das auf fünf Jahre angelegt ist (2007 – 2011) sollen über 6000 Dokumente erfasst werden. Dank der Zusammenarbeit zwischen der KUB und der RTS (Radio und Fernsehen der Suisse romande) konnte die für jedermann zugängliche Hörstation eingerichtet werden. Bei grossem Andrang haben Forscherinnen und Forscher allerdings Vorrang.
Tondokumenten den gebührenden Rang verschaffen
Das Projekt, das nun die ersten Resultate vorgelegt hat, wird vom Historiker Serge Rossier geleitet. Er forscht bei Prof. Francis Python im Studienbereich Geschichte moderner und zeitgenössischer Gesellschaften. Ziel der Arbeiten ist es, die akustischen Archive des Kantons Freiburg zu inventarisieren und zu digitalisieren. Damit sollen sie zugänglich gemacht und in einen grösseren Forschungszusammenhang gestellt werden.
Serge Rossier will zeigen, dass klingende Dokumente - genau wie die schriftlichen - historische Quellen sind. Allerdings «müssen sie einander systematisch gegenüber gestellt werden», betont der Historiker. Das Radio vermittle immer eine bestimmte und unvollständige Wahrnehmung der Realität. So sei ein Hang zum Pittoresken anzutreffen. Das Ländliche werde überhöht dargestellt, obwohl sich gleichzeitig Freiburger Persönlichkeiten jenseits der Kantonsgrenzen auszeichneten und der wirtschaftliche Wandel fortschreite.
Durch zusätzliche Zugänge zur Vergangenheit resultiere «eine weniger lineares Geschichtsverständnis», erklärt Rossier. «Das Bild eines katholischen und ländlichen Kantons, der sich selbst genügt, bekommt Risse.» Tatsächlich tauchen in den vielen Sendungen, in denen es um die Beziehung von Freiburg zur übrigen Welt geht, viel Freiburger auf, deren Wirken über den Kanton hinausstrahlt und ihm eine kosmopolitischere Dimension verleiht.
Möglich wird das Forschungsprojekt dank des technischen Know-hows des Radios (SRG SSR idée suisse), dank des Engagements des Vereins Memoriav für die Erhaltung des schweizerischen audiovisuellen Kulturguts und dank der Unterstützung der Universität Freiburg (Lehrstuhl für Geschichte und Hochschule für Technik der Fachhochschule Westschweiz). Unter der Ägide des Vereins Musica Friburgensis wird die Finanzierung des Projekts durch den Nationalfonds, die Loterie romande, Radio Télévision Suisse und Memoriav sichergestellt (insgesamt Fr. 673600.-)
Kontakt: Serge Rossier, von 8.00 – 17.30 Uhr Tel. 026 305 99 00, ab 19.00 Uhr Tel. 026 915 34 85, RossierS@edufr.ch
Quelle: Dienst für Kommunikation und Medien, 026 300 70 34, communication@unifr.ch