23.02.2012

Kleider in biblischer Zeit


Die Sprache der Textilien wurde im Altertum – nicht anders als heute, im Zeitalter der Kopftuchdebatte – ganz genau wahrgenommen und interpretiert. Gestützt auf Forschungen zu Kleiderdarstellungen auf Rollsiegeln und anderen Objekten seiner reichen Sammlungen aus dem Alten Orient, hat das BIBEL+ORIENT Museum Kleider an sogenannten Egli-Figuren rekonstruiert. Die Ausstellung zeigt, welche Kleidertypen es in biblischer Zeit gab, aus welchen Materialien sie bestanden und welchem Zweck sie dienten.


An Egli-Figuren wurden die Kleider aus biblischer Zeit rekonstruiert.

Textilien sind sehr vergänglich und gehören daher zu den seltensten Funden bei Ausgrabungen im Orient. Sehr hilfreich sind daher Bilder von Kleiderträgern auf Rollsiegeln, wie sie das BIBEL+ORIENT Museum aus den eigenen reichen Beständen zeigen kann. Damit lassen sich über Jahrhunderte hinweg Entwicklungen und Konstanten beobachten wie das Verschwinden des Zottenkleides, das Aufkommen der Hemdgewänder oder die Ankunft der Hosen via Persien.
Die Ausstellung zeigt, welche Kleidertypen es in biblischer Zeit gab, aus welchen Materialien sie bestanden und welchem Zweck sie dienten. Der Schutz vor Hitze oder Kälte nimmt dabei einen erstaunlich kleinen Raum ein. Kleider symbolisierten Ehre, Ansehen, Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Reichtum, Freude, Trauer oder auch Schande.

Im Zentrum der Ausstellung stehen Rekonstruktionen von Kleidern an sogenannten Egli- Figuren. Thomas Staubli, Alttestamentler am Departement für Biblische Studien und Leiter des BIBEL+ORIENT Museums, setzte sich mit der Schneiderin Edith Hungerbühler vom Egli-Figuren-Arbeitskreis zusammen und hat anhand solcher Figuren die komplexen Informationen zu Textilien im Alten Orient visualisiert.

Kanaanäisches Fürstenpaar
Eine absolute Premiere ist in dieser Ausstellung die Rekonstruktion eines kanaanäischen Fürstenpaares. Die wichtigste Informationsquelle dafür war eine elfenbeinerne Möbelintarsie, die zu den größten Kostbarkeiten des Israel-Museums in Jerusalem gehört. Das BIBEL+ORIENT Museum zeigt ein Meisterreplikat des einzigartigen Fundes aus dem bronzezeitlichen Megiddo. Durch die Rekonstruktion wird das Gefüge mehrerer Kleiderschichten sichtbar, aber auch die Symbolik der dargestellten Hochzeitszeremonie wird erst in der dritten Dimension genau erfassbar. Darüber hinaus wird deutlich, dass die kanaanäischen Kleidertraditionen in der bäuerlichen Tracht Palästinas teilweise bis in unsere Zeit überlebten.


Eine elfenbeinerne Möbelintarsie als Informationsquelle für die Kleider-Rekonstruktion.

Hohepriester von Jerusalem
Ein anderer Höhepunkt der Ausstellung ist eine Rekonstruktion der Kleidung des Hohepriesters von Jerusalem. Eine detaillierte Beschreibung seiner Gewänder im Zweiten Buch Mose animiert Theologen seit Jahrhunderten zu Rekonstruktionsversuchen. Der jüngste Versuch des BIBEL+ORIENT Museums kombiniert Informationen des Bibeltextes mit solchen aus der Archäologie. So wird die Kopfbedeckung des Würdenträgers zum Beispiel nicht wie in älteren Zeichnungen als türkischer Turban inszeniert, sondern als Kopfbund wie bei Judäern auf assyrischen Wandreliefs und das Zeremonialgewand «Efod» orientiert sich nicht an katholischen Priestergewändern, sondern an Belegen aus dem Alten Ägypten. Die Stoffe aus Purpur- und Goldfäden wurden in Handweberei nachempfunden.

Sack und Asche
Das Gewand signalisiert eine innere Befindlichkeit. Wenn Menschen trauerten oder für ein begangenes Unrecht Busse taten, zogen sie ihr Alltagskleid aus oder zerrissen es gar im Affekt und banden sich einen Sack um. Das Hebräische verwendet denselben Begriff, der heute noch im Deutschen üblich ist, etwa im Ausdruck «in Sack und Asche gehen». Solche und viele andere Brückenschläge zwischen biblischer und heutiger Zeit schlägt die Ausstellung «Kleider in Biblischer Zeit», deren Themen auf Deutsch in einer umfassenden Broschüre dokumentiert sind.

Vernissage: 1. März, 18 Uhr; Gebäude Miséricorde, Saal 3115
Dauer der Ausstellung: 1. März– 31. Juli 2012

Ort: Universität Miséricorde, Avenue de l’Europe 20, 1700 Freiburg
Die 7 Vitrinen der Ausstellung befinden sich im 1. und 2. OG des Gebäudes. Eingang: Rue de Rome. Täglich freier Zugang während der Öffnungszeiten der Universität.

Informationen: www.bible-orient-museum.ch

Kontakt: Aline von Imhoff, Wissenschaftliche Mitarbeiterin/Management, 026 300 73 87, aline.vonimhoff@unifr.ch