In einem explorativen Workshop unter der Leitung von Prof. Dr. Chantal Martin Sölch wurde am Standort Pérolles kürzlich ein Überblick über die Projekte zum Thema psychedelische Forschung an der Universität Freiburg gegeben. Eine Reise durch die Studienlandschaft der Schweiz.
«Let’s make science, not war!» forderte Doktorand Federico Seragnoli in seinem Einstiegsvortrag die Anwesenden auf. Er ist Mitbegründer der ALPS-Konferenz, die es Forschenden ermöglichen soll, ihr Wissen über die gegenwärtige Situation im Bereich der Psychedelika (u. a. LSD, DMT, Psilocybin und MDMA) und seine zukünftigen Entwicklungen zu erweitern und zu vertiefen. Es sei auch Ziel des explorativen Workshops an der Unifr, die Kooperation und der Vertrauensaufbau zu fördern, weil «wissenschaftliche Forschung ohne Zusammenarbeit und Vertrauen mit Kolleg_innen aus anderen Ländern nicht denkbar ist.»
Back to the future
Im Laufe der Geschichte haben viele (traditionelle) Gesellschaften weltweit Psychedelika gekannt und mit ihnen gearbeitet. Weil die internationale Gesetzgebung ihre Verwendung aber selbst zu Forschungszwecken verboten hat, wurde das wissenschaftliche Verständnis ihrer Wirkungen lange vernachlässigt. Dank der partiellen Freigabe dieser Substanzen in einigen Teilen der Welt erlebte die Wissenschaft in den letzten Jahren eine «Renaissance», mit wichtigen vorläufigen Ergebnissen aus dem Bereich der Neurowissenschaften und der Psychotherapie. Da die Schweizer Gesetzgebung die Forschung an diesen Substanzen erlaubt, fördert die Schweiz ein produktives und offenes Umfeld, das international auffällt. Die Substanzen sind zwar illegal, aber das Gesetz erlaubt ihre Verwendung zu Forschungszwecken. Fun Fact: Während die kleine Schweiz Forschungsgruppen an mittlerweile fünf Institutionen hat (z.B. Universitäten Freiburg, Genf, Basel und Zürich), gibt es in eine grossen Land wie Italien nur eine.
Compassionate use
«Darüber hinaus können Psychiater_innen einen Antrag auf compassionate use stellen», erklärte Seragnoli, d.h. eine Genehmigung für die Verwendung von Psychedelika und ihre Verschreibung als Arzneimittel zur Linderung von behandlungsresistenten Psychopathologien. In dieser Hinsicht ist die Schweiz auf internationaler Ebene einzigartig und verfügt über sehr kompetente und renommierte Expert_innen.
Ayahuasca
Wie bereits erwähnt, kennen und schätzen bestimmte Gesellschaften den Umgang mit psychedelischen Substanzen schon sehr lange. Dr. Ilana Berlowitz referierte über Behandlungen auf der Grundlage psychedelischer bzw. psychoaktiver Pflanzen in der traditionellen Heilkunde des peruanischen Amazonasgebiets. Dieses verfügt über eine enorme biologische Vielfalt bzw. Vielfalt an Heilpflanzen, gepaart mit einer grossen kulturellen Diversität. Das berühmteste Heilmittel mit wachsender internationaler Popularität ist aktuell Ayahuasca. Es wird in einem zeremoniellen Rahmen angewandt, erzeugt Brechreiz und veränderte Bewusstseinszustände. Es gibt zunehmende wissenschaftliche Belege für den Nutzen für die psychische Gesundheit, z. B. bei Suchterkrankungen und schweren Depressionen. Die peruanische Amazonas-dieta wird von Heilern begleitet. Sie beinhaltet soziale Abgeschiedenheit (z.B. in einer Hütte), Ernährungsregeln und -beschränkungen, und die Einnahme von Psychoaktiva. Prof. Dr. Paul Cumming berichtete in seinem Vortrag zudem über die Psychopharmakologie von Ayahuasca.
PROOF
Im Laufe des Nachmittags stellte sich auch die Studierendenvereinigung PROOF vor. Co-Präsidentin Clara Acien präsentierte die Ziele: die wissenschaftliche Ausbildung und Sensibilisierung der Vereinsmitglieder, die Kommunikation über interdisziplinäre wissenschaftliche Forschung zu psychedelischen Substanzen und die Prävention und Schadensbegrenzung im Zusammenhang mit dem Konsum von psychedelischen Substanzen. Unter den zahlreichen Aktivitäten gehören regelmässige Talks, Screenings, Papierclubs und Booklets zur Prävention. Auch ist eine kleine Bibliothek mit Büchern zum Sujet ist vorhanden. PROOF legt auch viel Wert auf die interdisziplinäre Arbeit. Schliesslich sind Psychedelika in Geschichte, Theologie, Philosophie, Wirtschaft etc. thematisiert. «Unseren Verein gibt es erst seit ca. einem Jahr, erfreut sich aber bereits jetzt grosser Beliebtheit», berichtete Clara. «Wir fokussieren uns hauptsächlich auf die Wissenschaft, aber falls Menschen mit Problemen auf uns zukommen, weisen wir sie an eine geeignete Beratungsstelle weiter.» Das Zentrum für Gesundheitspsychologie der Unifr organisiert auch Gesprächsgruppen und monatliche Treffen zu verschiedenen Themen (u.a. Gruppe für suchtkranke Erwachsene, zur Integration psychedelischer Erfahrungen).
Neuroplastizität
Prof. Dr. med Gregor Hasler sprach über die Sicherheit der psychedelischen Psychotherapie. Nach einem Stroke haben viele Menschen mit den Folgen der Hirnverletzung zu kämpfen. Bis heute gibt es keine Kur, aber Mittel zur Verbesserung der neuen Plastizität mit Psychedelika. Doch Hasler warnt: «There’s so much bullshit going around!» Beim Thema Neuroplastizität ging Msc. Abigail Calder spezifisch auf LSD ein und präsentierte Forschungsergebnisse auf molekularer, neuronaler, dendritischer (Dendriten bilden den Kontakt zu anderen Zellen oder Neuronen) und synapsischer Ebene. Wer bei Calders aktuellen LSD-Studie teilnehmen möchte, darf sich übrigens per E-Mail bei ihr melden!
Trips und Nebenwirkungen
Last but not least, berichtete Dr. Adrian Hase über psychedelische Trip-Berichte, die online gepostet wurden. Was ihn beschäftigt: Wenn Personen über ihre Erfahrungen mit bestimmten Substanzen berichten, kann der Inhalt der Berichte etwas über die möglichen gemeinsamen und unterschiedlichen Wirkungen aussagen? Wir bleiben dran!
Am Ende des Workshops wurden im Rahmen eines Round Table Fragen aus dem Publikum beantwortet. Was wir festhalten können: Psychedelika sind keine Zaubermittel, sondern Medikamente, die eine bereits stattfindende Therapie verstärken. Die möglichen Nebenwirkungen einer Konsumation beschäftigten die meisten Workshop-Teilnehmer_innen. Durch sehr strenge Forschungsmethoden und Kriterien z. B. bei der Auswahl von Proband_innen und Methoden, so das Fazit, können viele unerwünschte Effekte in Grenzen gehalten werden. Studienteilnehmende werden im Voraus auch auf mögliche bad trips vorbereitet. «Alle sollten Psychedelika konsumieren!», ruft Seragnoli schliesslich in die Runde, was für einige Lacher sorgt, und wie scherzhaft oder ernst das gemeint war, lassen wir jetzt offen.
__________- Webseite des Departements für Psychologie
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- Webseite der ALPS Conference
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