Wer wir sind und was wir machen...

Unter „Fundamentaltheologie“ wird die von der Theologie insgesamt zu leistende Reflexion auf die Grundlagen des Glaubens an Gott als den Schöpfer der Welt und seine heilsgeschichtliche Offenbarung in Jesus Christus verstanden. Insofern stellt die Fundamentaltheologie eine Art Integral aller theologischen Reflexion dar, denn ihre Überlegungen spielen grundsätzlich in jeder theologischen Einzeldisziplin eine eminente Rolle.

Zugleich ist die Fundamentaltheologie aber auch Disziplin unter Disziplinen, betreibt sie doch theologische Grundlagenreflexion im Sinne von 1Petr 3,15: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Jene Hoffnung als Inbegriff des Geglaubten ist nun aber nicht in Abgrenzung zum vernünftig Gewussten gefasst, sondern als Herausforderung der menschlichen Vernunft, sich an dem ihr unverfügbar Gegebenen selbst zu entdecken. Mit andern Worten: Das Glaubenszeugnis, um welches es der Fundamental­theologie geht, muss auf eminente Weise wahrheitsfähig sein, oder es ist seinem eigenen Selbstverständnis nach irrelevant: „Ihr habt der Wahrheit gehorcht“ (1Petr 1,22), heißt es in den Gründungsurkunden des Neuen Testaments, und „nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten (2Petr 1,16) oder „Fabeleien“ (2Tim 4,4). Von daher geht es der Fundamentaltheologie als theologischer Einzeldisziplin vor allem um folgende (immer auch religionsphilosophisch relevante) Frage- bzw. Themenstellungen:

  • Wie weit reichen die Möglichkeiten menschlicher Wirklichkeitserkenntnis? Was überhaupt ist „Wirklichkeit“? Und was „Erkenntnis“?
  • Wie ist das Verhältnis von „Glauben“ und „Wissen“ zu bestimmen?
  • Wie lässt sich der Wahrheitsanspruch der biblischen Offenbarung vor dem Forum der Vernunft ausweisen? Und umgekehrt: Was hätte die kritische Vernunft womöglich ihrerseits von den Einsichten, wie die Sprachen der Religionen – und hier inbesondere die des christlichen Glaubens – sie formulieren, zu lernen?

Aus den hier zusammengetragenen Fragen ergeben sich die vier wesentlichen „Traktate“ der Fundamentaltheologie:

  • Was ist „Offenbarung“?
  •  Wie ist das Verhältnis der Religionen zueinander zu bedenken („Theologie der Religionen“)?
  • Welcher Wissenschaftsbegriff liegt der Theologie zugrunde („Theologische Erkenntnislehre“)?
  • In welchem Verhältnis stehen „Offenbarung“ und „Tradition“ zueinander?

Solche Fragen nicht nur abstrakt zu formulieren, sondern an Beispielen aus möglichst vielen theologischen bzw. theologisch relevanten Disziplinen (Exegese, Liturgiewissenschaft, Dogmatik, aber auch Ästhetik, Psychologie, Pädagogik etc.) zu konkretisieren und (wenn möglich) zu beantworten – dies ist das schöne und nicht eben unbescheidene Ziel aller Fundamentaltheologie.

 

Joachim Negel