Anerkennung von Religionsgemeinschaften
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Wo ist das Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften in der Schweiz geregelt?
Das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften wird in der Schweiz grundsätzlich durch die Kantone geregelt (Art. 72 Abs. 1 BV). Die Kantonsverfassungen enthalten jeweils die Grundbestimmungen; kantonale Kirchengesetze u. a. die Details. Viele Kantone kennen Formen der Anerkennung von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften. Es gibt aber auch auf Bundesebene Bestimmungen, welche die Religionsgemeinschaften betreffen. Insbesondere die in der Bundesverfassung (BV) geregelten Grundrechte sind für Religionsgemeinschaften wichtig.
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Welche kantonalen Anerkennungsmodelle gibt es?
Es wird unterschieden zwischen der öffentlich-rechtlichen und der öffentlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften:
- Mit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung werden Religionsgemeinschaften zu Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das heisst, sie erlangen staatliche Hoheits- und Zwangsgewalt und können dadurch z. B. Steuern von ihren Mitgliedern und juristischen Personen erheben. Im Gegenzug müssen sie die Organisationsprinzipien des öffentlichen Rechts respektieren.
- Bei der öffentlichen Anerkennung bleiben die Religionsgemeinschaften im Privatrecht (als Verein oder Stiftung). Durch die Anerkennung können die Kantone ihre Wertschätzung für die Religionsgemeinschaft zum Ausdruck bringen.
Ausser den Kantonen Genf und Neuenburg kennen alle Kantone die öffentlich-rechtliche Anerkennung. In den Kantonen Genf und Neuenburg können Religionsgemeinschaften nur öffentlich anerkannt werden. Hier finden Sie eine Auflistung der in den Kantonen anerkannten Religionsgemeinschaften.
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Was sind die Wirkungen der Anerkennung?
Mit der öffentlich-rechtlichen und der öffentlichen Anerkennung sind bestimmte Privilegien und Pflichten verbunden, die jedoch von Kanton zu Kanton variieren. Typischerweise erlangen Religionsgemeinschaften mit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung folgende Privilegien:
- Das Recht auf Steuererhebung.
- Das Recht auf finanzielle Unterstützung.
- Das Recht auf Seelsorge in öffentlichen Anstalten.
- Das Recht auf Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.
- Das Recht auf Meldung der Mitgliederdaten durch die Einwohnergemeinde.
Damit sind im Normalfall folgende Pflichten verbunden:
- Die Einhaltung der schweizerischen Rechtsordnung.
- Der demokratische Aufbau der Religionsgemeinschaft. (Was zur Folge hat, dass die römisch-katholische Kirche neben ihren internen diözesanen Strukturen über kantonale staatskirchenrechtliche Körperschaften verfügt.)
- Die Aufsicht über die Tätigkeiten der Religionsgemeinschaft.
- Die Einsicht in die Finanzführung.
Die Wirkungen der öffentlichen Anerkennung variieren von fast deckungsgleich mit denjenigen der öffentlich-rechtlichen Anerkennung bis zur rein symbolischen Anerkennung mit keinerlei Privilegien, weshalb an dieser Stelle dazu keine allgemeingültige Aussage gemacht werden kann. Die Wirkungen sind im jeweiligen Kantonsrecht zu finden.
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Wie können Religionsgemeinschaften anerkannt werden?
Die Anerkennung von Religionsgemeinschaften ist je nach Kanton verschieden geregelt. Sie kann durch Verfassungsänderung, durch Gesetz oder durch Regierungsbeschluss erfolgen. Im Kanton Waadt gibt es ein Anerkennungsgesetz, das die Anerkennung neuer Religionsgemeinschaften detailliert regelt. Weiterführende Informationen zu den einzelnen Kantonen finden Sie hier.
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Welche Möglichkeiten gibt es für nicht anerkannte Religionsgemeinschaften?
Die Anerkennung ist ein langwieriger Prozess. Viele Kantone pflegen deswegen ausserhalb des Anerkennungssystems Kontakte zu nicht-anerkannten Religionsgemeinschaften. Das IR-Paper 2 von Dr. phil. Christian Reber und Lara Aharchaou «Die Kantone und ihre Beziehungen zu den Religionsgemeinschaften – Unterschiedliche Strategien im Umgang mit religiöser Vielfalt» erläutert, welche Zusammenarbeitsformen bestehen und welche kantonalen Stellen für den Kontakt zu Religionsgemeinschaften zuständig sind. Dieser bilaterale Weg hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Insbesondere im Bereich der Schulen, der Seelsorge und des Friedhofwesens wurden so viele Lösungen gefunden.
Weiterführende Literatur
- Baumann Martin et al. (Hrsg.), Nicht anerkannt und dennoch Partner, Zürich 2021.
- Famos, Cla Reto, Die öffentlichrechtliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften im Lichte des Rechtsgleichheitsprinzips, Freiburg i.Ü. 1999.
- Pahud de Mortanges, René (Hrsg.), Staatliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften: Zukunfts- oder Auslaufmodell?, Zürich 2015.
- Reber, Christian/Aharchaou, Lara, Die Kantone und ihre Beziehungen zu den Religionsgemeinschaften – Unterschiedliche Strategien im Umgang mit religiöser Vielfalt, IR-Paper 2, August 2020.
- Winzeler, Christoph, Art. 72, in: Waldmann Bernhard/Belser Eva Maria/Epiney Astrid (Hrsg.), Basler Kommentar Bundesverfassung, Basel 2015.