Studium und Neurodiversität
Der Weg zur Inklusion
Zu Beginn des Semesters während der Mittagspause organisiert, findet die "Welcome Hour Neurodiversity" im Gebäude Miséricorde statt. Doch hinter diesem Begriff, der alle Arten von mehr oder weniger komplizierten Abkürzungen (u. a. AD(H)S, ASS, HB, TS sowie die sogenannten Dys-Störungen) zusammenfasst, entsteht eine atypische Gemeinschaft von Studierenden. Ungefähr 15 Personen sind im Raum anwesend, die meisten studieren an unserer Fakultät. Diese Studierenden haben eines gemeinsam. Sie sind alle entschlossen, ihr Studium trotz aller Hindernisse abzuschliessen.
Innerhalb unserer Universität nimmt die Neurodiversität einen immer wichtigeren Platz ein. Die Dienststelle für Gleichstellung, Diversität und Inklusion informiert über Massnahmen zum Nachteilsausgleich im Zusammenhang mit dem Universitätsstudium und begleitet Studierende mit Behinderungen während ihres Studiums. Die Richtlinien für die Umsetzung von Massnahmen zum Nachteilsausgleich sollen Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Die Tätigkeiten dieser Dienststelle konkretisieren sich vor allem in Form von Koordination bei der Anpassung der Studienbedingungen oder der Räumlichkeiten (z. B. Schaffung eines sensorisch ruhigen Raums).
Auch wenn der Prozess der Inklusion eingeleitet wurde, wird der Weg zur Gleichstellung noch lang sein. Denn nicht alle neuroatypischen Personen werden an der Universität Freiburg zahlenmässig erfasst. So schätzen Fachleute, dass es zwischen 50 und 190 Studierende mit Autismus-Spektrum und über 200 Studierende mit AD(H)S gibt, also mehr als in den offiziellen Statistiken. Die meisten betroffenen Studierenden kennen zwar die verschiedenen Angebote, aber nur wenige nutzen sie. Einige haben Hemmungen, ihre Diagnose öffentlich zu machen, andere sagen, dass sie sich von den Dekanaten der fünf Fakultäten nicht unterstützt fühlen. Dabei bedeutet Inklusion im Bereich der Neurodiversität keineswegs einen minderwertigen Abschluss, sondern vielmehr einen Ausgleich für die durch die Behinderung verursachten Nachteile. Diese können zum Beispiel in Form von zusätzlicher Prüfungszeit gewährt werden.
« Comme beaucoup de femmes autistes, mon diagnostic fut très tardif. Après des années d'errances et de consultations psychologiques infructueuses, me découvrir « triple-exceptionnelle » fut un choc, et un fait difficile à avaler. Grâce aux « Neurodiversity Meetings », j'ai pu, pour la première fois, partager autour de ce sujet dans un cadre informel et une ambiance très sympathique avec d'autres personnes neurodivergentes. Cela m'a aidé à mieux accepter et même plus, à chérir ma « bizarrerie ». Je suis reconnaissante envers Nathalie Quartenoud et ses collègues pour avoir mis en place ces mesures, et j'espère que d'autres pourront en profiter dans le futur. »
Zeugnis einer Studentin
Ziel: Erfolg!
Da Anpassungen nicht alles sind, liegt der Schwerpunkt auch auf der Begleitung. So werden die Betroffenen ermutigt, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen, indem sie beispielsweise psychologische Unterstützungsangebote wahrnehmen, an Gesprächsgruppen teilnehmen oder Mentoring durch Gleichaltrige annehmen.
Im Bereich AD(H)S werden regelmässig partizipative Workshops veranstaltet, in denen die Betroffenen Informationen über die Störung erhalten, aber vor allem ermutigt werden, persönliche Strategien zu entwickeln, mit denen sie ihre Behinderung sowohl in ihrem akademischen Werdegang als auch in ihrem Alltag besser bewältigen können. Im Bereich Autismus wie im Bereich AD(H)S sind einige veranstalteten Workshops freundlicherweise Gesprächsgruppen gewichen, die von Neuroatypikern für Neuroatypiker geleitet werden.
« Personnellement, le groupe neurodiversité m’a fait me sentir moins seule en tant qu’étudiante avec un TSA et un TDA/H, et cela m’a également permis d’échanger avec d’autres personne sur les challenges rencontrés dans le cadre de la vie universitaire. L’ouverture quant à l’inclusion des neurodivergences à l’Unifr est bien présente et les aménagements s’installent progressivement, malgré le fait que les démarches administratives restent pesantes et compliqués pour des personnes neuroatypiques… ! »
Zeugnis einer Teilnehmerin
Auch wenn der Weg zur Inklusion wie auch der Weg zum Diplom lang erscheinen mögen, werden Atypiker_innen ermutigt, die Kontrolle wieder zu übernehmen. Ziel: Erfolg!
Abkürzungen für Neurodiversität
ADS | Aufmerksamkeitsdefizit-Störung |
ADHS | Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung |
ASS | Autismus-Spektrum-Störung |
"DYS" | Entwicklungsstörungen des Erwerbs oder der Koordination |
HB | Hochbegabung |
Die Köpfe der Neurodiversität an der UniFR
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A. Dentz
Amélie Dentz ist Oberassistentin am Departement für Psychologie und Psychologin mit Spezialisierung auf Psychotherapie. Sie hat Fachwissen im Bereich Entwicklungsstörungen und insbesondere AD(H)S entwickelt. Auf der Grundlage dieses Fachwissens hat sie beschlossen, ab 2022 eine Gruppenbetreuung in Form von Workshops sowie Mentoring anzubieten. Derzeit entwickelt sie eine Plattform, die 2024 online gehen soll.
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N. Quartenoud
Nathalie Quartenoud ist Lektorin am Departement für Sonderpädagogik. Heute ist sie die Kontaktperson für Autismusfragen an der Universität Freiburg (persönliches Coaching, Beratung von Verwaltungen und Dozierenden usw.) und hat 2020 mit Prof. Nicolas Ruffieux die Plattform autism&uni eröffnet.
Weitere Informationen
Psychologische Begleitung, Diagnose, Beratung und Therapie
Informationen für Dozierende und Studierende zum Thema Autismus an der Universität
Verfahren zur Einreichung eines Gesuchs um Nachteilsausgleich
Gesprächsgruppen: Informationen bei vinciane.darbellay@unifr.ch