Ältere deutschsprachige Literatur: Erzählen über den Orient in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters (GM)
UE-L03.00565

Dozenten-innen: Senn Cyril
Kursus: Bachelor
Art der Unterrichtseinheit: Seminar
ECTS: 6
Sprache-n: Deutsch
Semester: HS-2024

Mit dem ‚Orient‘ verbinden wir bis heute das Wunderbare, das Fremde, das Geheimnisvolle, vielleicht das Abenteuer – aber auch vieles mehr.  Der Begriff steht für das Gegenstück des Okzidents, also der westlichen Welt, und funktioniert somit als Abgrenzung, um ‚das Andere‘, eine fremde Welt, zu bezeichnen. Edward Said stellte in seinem Werk Orientalismus fest, dass diese Wahrnehmung und die damit verbundene eurozentrische Perspektive des Westens auf den Nahen Osten nicht nur mentale Konstrukte, sondern auch Formen von Herrschaft und Machtausübung darstellen; der Orient wurde ‚orientalisiert‘. Spuren dieser Orientalisierung bestehen teilweise bis heute fort, so zeigt beispielsweise Thomas Bauers Buch Warum es kein islamisches Mittelalter gab, dass es nach wie vor Klärungsbedarf gibt.

Die Darstellungen des Orients im Mittelalter sind vielseitig und faszinierend, oft geprägt vom Wundersamen. Ausgeklügelte Maschinen, prachtvolle Kunstwerke und magische Elemente zeugen von der Fortschrittlichkeit der islamischen Handwerkskünste und Wissenschaften. Wundersame Kreaturen aus Reiseberichten beflügelten die Vorstellung und Erwartungen an ferne Welten. Im Seminar werden auch die realhistorischen Hintergründe der Kreuzzüge behandelt, die Einblicke in die Kontakte und Konflikte zwischen Heiden und Christen bieten. Zudem spielt das christliche Byzanz als Ort der Fremde eine wichtige Rolle, je nach Perspektive als Teil der christlichen Welt oder des Orients.


Lernziele

Ziel des Proseminars ist es, ein vertieftes Verständnis darüber zu erlangen, wie Orienträume in der mittelalterlichen Literatur konstruiert wurden. Im Mittelpunkt steht die kulturhistorische Wahrnehmung dessen, was wir als Orient bezeichnen, und wie diese im Mittelalter als Poetik des Fremden oder Fernen fassbar wird. Über das Semester hinweg werden Ausschnitte aus verschiedenen Texten vor allem des Hochmittelalters gelesen.

Da im Anschluss an das Proseminar eine Proseminararbeit zu verfassen ist, sind einzelne Sitzungen zur Vorbereitung und Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten geplant. Dies umfasst Recherchemethoden der germanistischen Mediävistik, Zitierweisen und Formalitäten sowie Hilfestellungen zur Themenfindung und Thesenbildung.


Dokumentation

Wird in der ersten Sitzung besprochen. Die Texte werden in einem Reader zur Verfügung gestellt.