MA-Seminar: Das Böse. Philosophische, theologische und literarische Reflexionen - Schwerpunkt Didaktik (GM)
UE-L03.00557
Dozenten-innen: Herberichs Cornelia, Negel Joachim |
Kursus: Master |
Art der Unterrichtseinheit: Seminar |
ECTS: 3 |
Sprache-n: Deutsch |
Semester: HS-2024 |
„Das Böse ist immer nur extrem, aber niemals radikal, es hat keine Tiefe, auch keine Dämonie. Es kann die ganze Welt verwüsten, gerade weil es wie ein Pilz an der Oberfläche weiterwuchert. Tief aber und radikal ist immer nur das Gute“ – so Hannah Arendt 1963 in einem Brief an ihren Freund Gershom Scholem. Dieser hatte ihr vorgeworfen, die Shoah zu verharmlosen, weil sie Adolf Eichmann, den technischen Organisator des Holocaust, als Ausdruck der „Banalität des Bösen“ bezeichnet hatte. In der Tat: Das Böse kann banal sein, dumm und stupide. Aber es kann im Sinne einer schwarzen Ästhetik auch raffiniert sein, auf perfide Weise anziehend und verlockend. Dabei ist das Böse kein Begriff, sondern ein Name für das Bedrohliche, das Barbarische, das Chaos, die Entropie, die Gewalt und ängstigende Leere draußen im Weltraum ebenso wie im eigenen Selbst. Und so zwingt uns gerade das Böse, über das Gute nachzudenken; denn nur das Gute läßt uns leben.
Eben dies ist der Grund, warum wir zu einer Reise ins Herz der Finsternis einladen. Stationen des Nachdenkens sind die großen Mythen, Kain und Abel, Hiob und Prometheus, ferner die Einsichten von Philosophie und Theologie, Origenes und Augustinus, Kant und Kierkegaard, aber auch und nicht zuletzt die Literatur. Das Seminar findet in Kooperation mit dem Lehrstuhl für die deutschsprachige Literatur des Mittelalters statt; diskutiert werden im Seminar Werke aus den mittelalterlichen und neuzeitlichen Epochen (Legenden, geistliche Spiele, ›Parzival‹, ›Historia des Dr. Faustus‹, Baudelaire, Thomas Mann, Joseph Conrad u.v.a.m.), denn vom Bösen muß erzählt werden, will man verhindern, ihm zum Opfer zu fallen.
Dokumentation
Eine genaue Literaturliste wird im Seminar verteilt
Rüdiger Safranski
Das Böse – oder: Das Drama der Freiheit, München/Wien: Hanser, 1997.
Hannah Arendt
Über das Böse. Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik, München: Piper, 32009.
Hannah Arendt
Eichmann in Jerusalem. Bericht über die Banalität des Bösen, Leipzig: Reclam, 1986.
Terry Eagleton
Das Böse, aus dem Englischen von Hainer Kober, Berlin: List, 2012.
Eugen Drewermann
Strukturen des Bösen. Die jahwistische Urgeschichte in exegetischer, psychoanalytischer und philosophischer Sicht (3 Bde.), Paderborn: Schöningh, 11977-1978 / 31981 / 101995.
Paul Ricoeur
Symbolik des Bösen (Phänomenologie der Schuld II), Freiburg i.Br./München: Alber, 21988.
Paul Ricoeur
Le mal. Un défi à la philosophie et à la théologie, Genève : Labor et fides, 1996.