17.06.2013

Dissertation fordert Bestrafung des Negationismus in der DR Kongo


Mit einem neuen Artikel im Strafgesetz soll dem Leugnen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Demokratischen Republik Kongo ein Riegel geschoben werden. So jedenfalls schlägt es der Jurist und Doktorand an der Universität Freiburg Ambroise Bulambo in seiner Dissertation vor, welche das Rechtssystem der Schweiz mit jenem in der DR Kongo vergleicht.




Geht es nach dem Juristen Ambroise Bulambo, so würden Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht nur in Form von Mahnmälern sondern deren Leugnung auch als Artikel im kongolesischen Strafgesetzbuch verewigt. (Foto zVg)

Über fünf Millionen Opfer forderten die ab 1996 stattfindenden systematischen Vergewaltigungen von Frauen, die Massaker von Hutu-Flüchtlingen aus Ruanda auf kongolesischem Boden, die ethnischen Massaker und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Demokratischen Republik Kongo. Gleichzeitig nahmen auch die häufig einflussreichen Stimmen zu, welche diese sehr wohl erwiesenen Verbrechen öffentlich minimisierten oder gar abstritten – dies ohne strafrechtliche Konsequenzen. Für den Doktoranden an der Universität Freiburg Ambroise Bulambo steht fest, dass der kongolesische Gesetzgeber eine Lücke zu füllen, d.h. ein Gesetz zu erlassen hat, welches den Negationismus als Straftat anerkennt. Dies indem er einerseits die verschiedenen diesbezüglichen Gewohnheitsrechte der DR Kongo harmonisiert und sich andererseits am geltenden Schweizer Rechtsmodell inspiriert. Der ebenfalls aus dem Kongo stammende und in der Schweiz lebende Jurist Bulambo schlägt in seiner Dissertation folgenden Zusatz für das kongolesische Strafgesetzbuch vor: «Celui qui, publiquement, […] nie, minimise grossièrement ou cherche à justifier un génocide ou d’autres crimes contre l’humanité en raison de l’appartenance raciale, ethnique ou religieuse, sera puni […]». (Wer öffentlich, […] leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht, dass es zum Völkermord oder anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gekommen ist aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Ethnie oder Religion, wird bestraft […].)

Weisheit der Ethnien

Aktuell verfügen die Gerichte der DR Kongo einzig über rudimentäre Kenntnisse der ethnischen Gewohnheitsrechte im Kampf gegen die Leugnung des Genozids und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dabei gibt es unter den 400 Ethnien der DR Kongo durchaus einige, die sich mit dem Problem befassen: Die mündlichen Gewohnheitsrechte der im Osten angesiedelten Ethnien Lega und Songye zum Beispiel bestrafen leugnerische Aussagen sogar, wenn diese im privaten Rahmen gemacht werden. Im Rahmen einer Versammlung wird in einem solchen Falle beispielsweise beschlossen, dass die ganze Gemeinschaft von negationistischen Äusserungen abzusehen hat, sowohl öffentlich wie auch privat, und bei Missachtung dieses Beschlusses mit bestimmten Bestrafungen aus dem Gewohnheitsrecht zu rechnen hat.

Helvetischer Pragmatismus

Gewisse dieser Gewohnheitsrechte verleihen dem Gesetzesvorschlag von Ambroise Bulambo zwar die nötige nationale und kulturelle Authentizität – seine Inspirationsquelle indes hat der Jurist im Schweizer Recht gefunden. Nicht nur unterstützen die Schweiz und die DR Kongo mehrere gemeinsame internationale Konventionen, die Schweiz verurteilt auch – und vor allem – seit 1994 den Negationismus in ihrer Strafrechtsordnung, im Artikel 261bis, Absatz 4. Das Anwendungsgebiet des Artikels beschränkt sich dabei nicht, wie dies in vielen westlichen Strafgesetzen der Fall ist, einzig und allein auf den Holocaust. Mit dem schweizerischen Pragmatismus als Modell, könnte der Gesetzesvorschlag dazu beitragen, so Bulambo, dass der Negationismus im Kongo nicht mehr unbestraft bleibt, der Rassismus bekämpft wird und dass es gerade im Gebiet der Grossen Afrikanischen Seen nicht mehr zu weiteren Völkermorden kommt.

Die für diesen Sommer geplante Publikation seiner Dissertation beim Schulthess-Verlag ist für Ambroise Bulambo ein erster Schritt seines Plädoyers mit dem Ziel, den darin formulierten Gesetzesvorschlag bis 2016 beim kongolesischen Gesetzgeber durchzubringen. Der Wissenschaftler der Universität Freiburg hofft, bei den wichtigsten Akteuren der DR Kongo vorsprechen zu können und zuhanden der kongolesischen Regierung offizielle Empfehlungen von internationaler Seite zu erhalten.

Ambroise Katambu Bulambo, «La répression du négationnisme en droit congolais à la lumière du droit Suisse», Editions Schulthess, Zürich, 2013


Kontakt: Ambroise Katambu Bulambo, katambuambroise.bulambo@unifr.ch, 079 786 92 71