06.11.2015
Wenn ich gross bin, werde ich... was ich will!
Mama ist Chemikerin, Papa ist Psychologe. Beide arbeiten an der Universität Freiburg. Am 12. November laden sie ihre Kinder an die Uni ein, damit diese am nationalen Zukunftstag entdecken können, dass kein Berufsbild geschlechterspezifisch ist. „Ein hervorragender Ansatz“, findet Pascal Gygax, Dozent am Departement für Psychologie, der soeben eine Studie publizierte zur Erforschung der Veränderungen von Stereotypen in der Berufswahl.
„Kindern zu zeigen, dass sie die Wahl haben, ist wichtig. Ein Vater, der seiner Tochter Einblick in einen typisch maskulin konnotierten Beruf gewährt, oder eine Mutter, die ihren Sohn in einen sogenannt weiblichen Beruf einführt, kann den Horizont des Kindes massiv erweitern.“ Pascal Gygax begrüsst die vielfältigen Möglichkeiten, die dank dem nationalen Zukunftstag entstehen. Seine neuste Studie zeigt unter anderem, wie weit die Feminisierung der Berufe die Art und Weise beeinflusst, wie Kinder diese wahrnehmen.
Chancengleichheit dank weiblicher Form
Die Stichprobe, der die Forschungsgruppe 15 Berufe präsentierte, umfasste 222 Kinder zwischen 12 und 17 Jahren. Fünf dieser Berufe bedienten maskuline, fünf feminine Stereotypen und fünf waren neutral konnotiert. Die Hälfte der Kinder erhielten eine Präsentation, in der ausschliesslich die männliche Form verwendet wurde, die andere Hälfte erhielt eine Präsentation mit gleichem Inhalt, in der aber die weibliche Form jeweils zusätzlich genannt wurde, zum Beispiel Mechanikerinnen und Mechaniker. Jedes Kind beantwortete danach einen Fragebogen dazu, wie sie die jeweiligen Berufe wahrgenommen haben. Der Test bestätigte zuerst eine bekannte These: Wenn ein Beruf mit maskuliner oder neutraler Konnotation auch in weiblicher Form präsentiert wird, verstärkt dies den Eindruck, dass auch Mädchen im jeweiligen Beruf erfolgreich sein können. „Wir haben aber auch überraschendere Resultate erzielt“, ergänzt der Forscher: „Wenn wir einen typisch weiblichen Beruf in weiblicher und männlicher Form präsentieren, wie Sekretärin und Sekretär oder Nageldesignerin und Nageldesigner, hat die Hälfte der Jungen den Eindruck, dass sich das Berufsangebot auch an sie richtet. Dieser Aspekt wurde bisher selten erhoben und ist ein Anzeichen für Chancengleichheit, oder es spricht zumindest für die Vielfalt des Angebotes.“
Auswirkungen auf Berufswünsche
Schliesslich hat der Forscher ein drittes erfreuliches Ergebnis: „Bisher vermittelte die Feminisierung eines Berufes den Eindruck, dieser sei weniger anspruchsvoll als ein rein männlicher Beruf. Kurz gesagt, wenn ein Mädchen etwas tun konnte, sei jeder fähig dazu. Unsere Studie zeigt, dass diese Interpretation heute nicht mehr korrekt ist. Dies ist ein gutes Zeichen dafür, dass wir durch die Anpassung der Sprache den Jungen zeigen, dass sie sich für alle Berufsfelder interessieren sollen, ob Knaben oder Mädchen. Bei der Feminisierung im Wortschatz geht es nicht nur um die Frage der politischen Korrektheit; sie hat einen realen Einfluss auf die Wahrnehmung.“
Pascal Gygax bietet auf Anfrage Werkstätten in Schulen an, basierend auf dieser Studie. Diese richten sich gleichermassen an Schülerinnen und Schüler , wie an das Lehrpersonal.
Kontakt: Pascal Gygax, Departement für Psychologie, pascal.gygax@unifr.ch, 026 300 76 40