14.07.2006

Hoffnungsvolle Resultate bei Rückenmarksverletzungen


Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Verletzungen des Rückenmarks in Zukunft vielleicht heilbar sind. Experimente aus dem Freiburger Departement für Medizin bestätigen Resultate der Universität Zürich, wonach dank einem Wirkstoff durchtrennte Rückenmarksnerven sowohl bei Primaten wie auch bei Ratten wieder nachwachsen können. Die Freiburger Testergebnisse sind soeben in der Zeitschrift „Nature Medicine" veröffentlicht worden.

In der Schweiz erleiden pro Jahr rund 180 Menschen eine Rückenmarkverletzung. Sie bleiben in der Regel ein Leben lang an den Rollstuhl gefesselt, weil bislang wirksame medikamentöse Therapien fehlten. Ein Forscherteam um Eric Rouiller, Professor am Freiburger Departement für Medizin, hat auf der Suche nach einer Therapie für Rückenmarkverletzungen vor einigen Monaten Experimente mit Rhesusaffen abgeschlossen, die Anlass zur Hoffnung geben.

Selbstheilung der Nerven

Die Freiburger Forscher konnten nach fünfjährigen Experimenten bestätigen, was Prof. Martin Schwab, Direktor des Hirnforschungszentrums der Universität Zürich, bereits anhand von Experimenten mit Ratten demonstriert hatte: Dass ein Einweiss, das so genannte Molekül Nogo, im Zentralnervensystem die Regeneration durchtrennter Rückenmarksnerven verhindert. Mit dem Einsatz eines spezifischen Antiköpers kann dieses Nogo-Molekül jedoch ausgeschaltet werden, womit die Nerven nach einer Verletzung wieder nachwachsen.

„Die Experimente mit Rhesusaffen waren eine unerlässliche Zwischenetappe vor den klinischen Anwendungen", sagt Prof. Eric Rouiller. Die Forscher der Einheit Physiologie haben vor und nach einer Verletzung des Rückenmarks, die zu einer Lähmung der Hand führte, die Beweglichkeit von einem Dutzend Affen untersucht. Die Affen wurden in zwei Gruppen geteilt, wovon nur die eine mit von der Firma Novartis hergestellten Antikörpern gegen das Nogo-Molekül behandelt wurde.

Die Primaten mussten in der Folge bei Experimenten ihre Fingerfertigkeit unter Beweis stellen, etwa indem sie Rosinen aus Schubladen klaubten. Dabei zeigte sich deutlich, dass behandelte Affen ihre ursprünglichen Fähigkeiten total wieder erlangten konnten, während die nicht behandelten Affen bei schwierigen feinmotorischen Aufgaben scheiterten. Weiter stellten die Forscher fest, dass bei den behandelten Affen wieder nachgewachsene Nervenfasern und neu gebildete Nervenschaltkreise auszumachen waren, was bei den unbehandelten Primaten nicht der Fall war. Unerwünschten Nebeneffekte wie Anzeichen von Schmerzen oder aggressivem Verhalten im allgemeinen Verhalten der Tiere tauchten nach den Tests keine auf - ein Indiz dafür, dass die Antikörperbehandlung nicht falsch geschaltete Nerven zur Folge hatte.

Startschuss für klinische Tests

Mittlerweile sind klinische Tests mit querschnittgelähmten Menschen angelaufen. Auch wenn nicht mit einer vollständigen Genesung zu rechnen ist, hoffen die Wissenschafter, dass eine Behandlung Querschnittgelähmten gewisse Aufgaben erleichtern wird und sie insbesondere Schultern und Hände wieder bewegen und selbstständig atmen können.

Kontakt: Eric Rouiller, Tel. +41 26 300 86 09, E-mail: eric.rouiller@unifr.ch