14.02.2006

Internationaler wissenschaftlicher Austausch über die sieben Todsünden


Freiburg, 14. Februar 2006. Stolz, Neid, Zorn, Geiz, Faulheit oder Traurigkeit, Völlerei und natürlich Geilheit: Die sieben Todsünden sind auch heute noch im Gespräch. Auch die Wissenschaft macht dabei keine Ausnahme. Das Mediävistische Institut der Universität Freiburg organisiert darum vom 20. bis 22. Februar das "Freiburger Colloquium 2006", das sich in erster Linie der langen Tradition der sieben Todsünden widmet.

Die geplante Tagung ist das erste internationale Kolloquium zum Thema der sieben Todsünden. Es ermöglicht, aus verschiedenen Fachgebieten unterschiedliche Aspekte der Laster auszuleuchten. Die vom Schweizerischen Nationalfonds, der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften und dem Rektorat der Universität subventionierte Veranstaltung bringt 14 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von internationalem Renommee zusammen.

Massgeschneiderte Laster

Wenn die Historiker heute an die sieben Hauptlaster erinnern, dann ist damit in erster Linie eine mittelalterliche Lehre gemeint, die vor allem im 12.-15. Jahrhundert nicht nur die gelehrte Diskussion prägte, sondern auch das alltägliche Leben beeinflusste. Laster wurden im Mittelalter systematisch geordnet: Sie wurden einerseits als Sünden verstanden, dienten aber auch ganz allgemein der Beschreibung der menschlichen Leidenschaften und Handlungen. Darstellungen und Beschreibungen von Lastern berührten nahezu alle Bereiche der mittelalterlichen Kultur und die daraus resultierende uferlose Literatur erschliesst ein lebendiges Bild der Wünsche und Ängste des mittelalterlichen Menschen. Selbst wenn Lasterkataloge über Jahrhunderte tradiert wurden und sich nur durch geringe - wenn auch signifikante - Änderungen unterscheiden, werden die Vorstellungen der Laster immer wieder mit neuen Inhalten gefüllt und einem neuen Weltbezug angepasst. Beichtspiegel, die der Erbauung und der Prüfung der Sünden von Laien dienten, unterscheiden sich von zeitgleichen Abhandlungen in theologischen Summen.

Entwicklung des Lasterkatalogs

Die Geschichte der Todsünden beginnt in der ägyptischen Wüste. Evagrius Ponticus (345-399), ein gelehrter Asket des 4. Jahrhunderts, erarbeitete einen Achtlasterkatalog. Er verstand die Laster als ‚böse Gedanken', die Dämonen einsetzten, um Einsiedler von ihrem Ziel abzulenken, die ‚apatheia' zu erreichen. Dieses Lasterschema wurde von Cassian (360-435) übernommen und damit dem Westen überliefert. Zwei Jahrhunderte später veränderte Gregor der Grosse (~540-604) die Lasterlehre in seinen Moralia in Iob grundlegend. Im 12. Jahrhundert wurden die verschiedenen Modelle vereinheitlicht und eine korrigierte Fassung des Gregorianischen Lasterkatalogs setzte sich durch. Die sieben Laster Stolz (superbia), Neid (invidia), Zorn (ira), Faulheit oder Traurigkeit (acedia), Geiz (avaritia), Völlerei (gula) und Geilheit (luxuria) wurden seit dem 12. Jahrhundert in einer schier unzähligen Fülle von theologischen Abhandlungen, pastoralen Schriften (Predigthandbücher, Bussbücher, etc.) und literarischen Werken beschrieben. Der triumphale Erfolg dieses Lasterkatalogs hielt bis zum 15. Jahrhundert an und verschwand dann allmählich, ohne freilich je vergessen zu gehen. Für Historiker stellt sich heute die Frage, wie die Laster in ihrer Zeit beschrieben und verstanden wurden, um damit einen besseren Einblick in das soziale Leben des Mittelalters zu bekommen.

Programm: http://www.mediaevum.unifr.ch/vitia

Zeit und Ort: 20.-22. Februar, Saal Jäggi 4112, Miséricorde, Universität Freiburg

Kontakte: Christoph Flueler, Kongressdirektor, Tel. +41 26 300 79 16, e-mail: christophe.flueler@unifr.ch

Martin Rohde, Koorganisator, Tel. +41 26 300 79 15, e-mail: martin.rohde@unifr.ch

Quelle: Dienst für Kommunikation und Marketing, Tel. +41 26 300 70 34, e-mail: marcom@unifr.ch