04.01.2006

Internationale Topmanager in Schweizer Firmen


Freiburg, den 4. Januar 2006. Die Direktionen der Schweizer Firmen sind internationaler als ihre europäische Konkurrenz. Dies zeigt eine Studie des Departements Betriebswirtschaftslehre der Universität Freiburg. Die Schweiz ist Pionierin und gleichzeitig Versuchslabor, in einer Zeit, in der die Internationalisierung und die Vielfalt in Führungsteams immer wichtiger wird.

Die biografischen Daten von über 700 Manager der 100 führenden Firmen des Swiss Performance Index (SPI) wurden gesammelt, um die Managementkultur in der Schweiz zu analysieren. Dabei gelangte man zu einer besonders interessanten Erkenntnis: Der Anteil der ausländischen Führungskräfte ist prozentual gesehen extrem hoch; nur 59% der Manager der Firmen des SPI und 50% der Manager der Firmen des SMI haben den Schweizer Pass. Der Anteil der nicht-lokalen Führungskräfte ist somit im gesamteuropäischen Vergleich der höchste; auch in Vergleichen mit „kleineren" europäischen Ländern wie Dänemark und Schweden liegt die Schweiz an der Spitze: Dänemark und Schweden sprechen von rund 10% ausländischen Topmanagern.

Teilweise lässt sich dieser hohe Anteil an nicht-schweizerischen Führungskräften mit der Wichtigkeit von ausländisch-kontrollierten Firmengruppen erklären, in denen meist Manager aus dem Ursprungsland des Mutterkonzerns beschäftigt werden. Besonders viele Deutsche leiten Tochterfirmen in der Schweiz, auch Manager aus Nordamerika sind stark vertreten. Die Deutschen arbeiten fast ausschliesslich im deutschsprachigen Teil der Schweiz.

International offen, aber national nicht durchlässig 

Die Schweizer Manager orientieren sich sehr stark an den Sprachgruppen des eigenen Landes: So sind deutschsprachige Führungskräfte stark vertreten, entsprechend dem deutschsprachigen Anteil an der Gesamtbevölkerung. Französisch- und italienischsprachige Manager sind klar in der Minderheit. Gleichzeitig lässt sich nur ein geringer Austausch über die Sprachgrenzen hinaus feststellen, vor allem von Seiten der Deutschsprachigen. Der Arbeitsmarkt für Kader in der Schweiz ist zwar international, aber paradoxerweise über die nationalen Sprachgrenzen relativ undurchlässig.

Wie die neusten statistischen Zahlen zeigen, ist in der Schweiz der Anteil der Manager, die ein universitäres Studium absolviert haben, viel tiefer als in Deutschland und Manager mit Doktorat sind eher selten (rund 25% gegen 50% in Deutschland). Häufig beginnen Schweizer Führungskräfte ihre berufliche Karriere als Bankangestellte, Buchhalter, Versicherungsagenten oder KV-Angestellte.

Musterhafter Aufstieg

Die Wirtschaftswissenschaften nehmen bei den Universitätsstudiengängen den grössten Anteil ein, mit über 40%. Rund die Hälfte aller Erstausbildungen wird in der Schweiz abgeschlossen. Besonders beliebt bei den Unternehmensleitern sind die Hochschule St. Gallen (21%) und die ETH Zürich (25%). Sämtliche andere Universitäten der Schweiz sind mit durchschnittlich 5% der Diplomierten vertreten. Die Universitäten der Romandie ( inkl. EPF Lausanne) sind weniger stark vertreten als die Hochschulen der deutschsprachigen Schweiz. Dies, weil die Mehrheit der Topmanager deutschsprachig ist. Die Zahlen unterstreichen eine Entwicklung, die Deutschland so nicht kennt: Ein bedeutender Prozentsatz der Manager durchlaufen dieselbe Ausbildung und können so an ihren Arbeitstellen auf Beziehungen und ein soziales Netzwerk zurückgreifen, das noch aus Studienzeiten stammt.

In den Schweizer Firmen dominiert klar das Prinzip des Aufsteigers: Die künftigen Manager arbeiten sich Stufe um Stufe in einer Firma hoch. Dabei wird besonderen Wert auf berufliche Kompetenzen und das interne Firmennetzwerk gelegt.

Die „chief executive officers" haben ihren Aufstieg in einer anderen Firma begonnen, aber durchschnittlich fast 10 Jahre in einem Unternehmen gearbeitet, bevor sie dessen Leitung übernahmen. Nur 16,7% der Manager haben mehr als dreimal die Firma gewechselt; dies trifft besonders auf ausländische Führungskräfte zu.

Zahlreiche Untersuchungen über Firmenleitungen

Die Untersuchung über Topmanager in Schweizer Firmen ist Teil eines umfangreicheren Forschungsprogramms der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Freiburg. Der Schweizerische Nationalfonds unterstützte finanziell das Teilprojekt „Finanzen, Firmenkommunikation und Besitzstruktur von Firmen". Einige Studienresultate sind im Dossier „ Gouvernance d'entreprise en Suisse" der Revue économique et sociale und auch in Buchform erschienen, unter dem Titel „ Die Führung von Firmen in der Schweiz: äussere Antriebe und interne Strategien"

Kontakt: Eric Davoine, Professor für Management am Departement Betriebswirtschaftslehre der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Tel. +41 26 300 82 40, E-mail: eric.davoine@unifr.ch

Dušan Isakov, Professor für Finanzwirtschaft am Departement Betriebswirtschaftslehre, Tel. +41 26 200 83 00, E-mail: dusan.isakov@unifr.ch

Jacques Pasquier-Dorthe, emeritierter Professor für Finanzwirtschaft am Departement Betriebswirtschaftslehre

Quelle: Dienstelle Kommunikation & Marketing, Tel. +41 26 300 70 34, E-mail: marcom@unifr.ch