29.11.2005

Kampf der Graufäule


Der Pilz der Graufäule richtet an Früchten und Gemüse verheerende Schäden an. Ein Team des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Überlebenserfolg von Pflanzen züchtet Bakterien, welche die Auswirkungen der Krankheit beträchtlich verringern können. Diese Arbeiten lassen viel versprechende Perspektiven in der biologischen Schädlingsbekämpfung erahnen, nicht zuletzt beim Schutz der Reben.

Diese Krankheit vernichtet Früchte und Gemüse während der Lagerung. Ob Tomaten, Gurken, Äpfel, Birnen oder Erdbeeren: der mikroskopisch kleine Pilz Botrytis cinerea scheint wirklich auf alles Appetit zu haben. Die von ihm befallenen Organismen faulen schnell dahin, denn er beschleunigt das Absterben von Gewebe. In Spanien zum Beispiel verdirbt er schätzungsweise zwischen 20 und 25 % der Erdbeerernte, und in Frankreich belaufen sich die Verluste bei den Trauben je nach Klima auf 15 bis 40 %. Nun haben Forscher der Universität Freiburg unter der Leitung von Professor Jean-Pierre Métraux ein natürliches Mittel entdeckt, das den Krankheitsverlauf verlangsamen kann. Ihre Resultate stellten sie letzten Monat am ersten Botrytis Cinerea Genome Workshop in Kaiserslautern (Deutschland) vor.

Henk-jan Schoonbeek und seine Kollegen haben Bakterien identifiziert, welche Oxalsäure abbauen, eine Substanz, die vom schädlichen Pilz abgesondert wird. Etwa so, als würde der Pilz mit dieser Säure die pflanzlichen Zellwände „auflösen", um so besser in seinen Wirt einzudringen und die Infektion voranzutreiben. Oxalsäure kann unter anderem die chemischen Abwehrsignale der Pflanzen beeinträchtigen.

Doch die Natur hat vorgesorgt: Mit Bakterien der Gattung Cupriavidus hält sie ein Abwehrmittel gegen diesen Krankheitserreger bereit. Lebensraum dieser Bakterien ist der Bereich um die Pflanzenwurzeln, und beim Raps scheinen sie besonders zahlreich vertreten zu sein. Sie wurden isoliert, weil sie sich von Kalziumoxalat ernähren können, einem Oxalsäurederivat. Dank diesen Mikroorganismen, die nun unter Laborbedingungen kultivierbar sind, gelang es den Freiburger Forschern, das Ausmass der Gewebeschäden auf Pflanzenblättern um 30 bis 70 % zu reduzieren, und dies bei so unterschiedlichen Pflanzen wie der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), der Gurke, Tomate und Rebe.

Die Anwendung des Mittels ist denkbar einfach: Eine Lösung, welche diese nützlichen Bakterien enthält, wird auf die Blätter gesprüht. Das Verfahren ist völlig natürlich und lässt für die Zukunft hoffen. „Die Graufäule stellt für die Landwirte ein echtes ökonomisches Problem dar", sagt Jean-Pierre Métraux. „Die herkömmliche Botrytis-Bekämpfung erfordert spezielle Fungizide; Produkte, die nicht nur teuer sind, sondern eventuell auch die Umwelt schädigen können. Der Einsatz von Bakterien ist eine elegante Lösung und entspricht zudem den Anforderungen des Bundesamtes für Landwirtschaft, das von den Bauern verlangt, den Gebrauch von Pestiziden zu verringern".

Aber das potentielle Schädlingsbekämpfungsmittel wird nicht sofort zur Verfügung stehen. Seine Anwendung hängt vom Verlauf dieser Forschung ab, deren Kernfrage es ist, die Infektionsmechanismen des Pilzes und die Abwehrstrategien der Pflanzen zu verstehen. Als nächsten Schritt planen die Forscher des NFS Überlebenserfolg von Pflanzen die vorliegenden In-vitro-Resultate auf Reben zu übertragen, um diese Kulturen effizienter vor Schäden durch Botrytis cinerea schützen zu können.

Kontakt:

Dr Henk-jan Schoonbeek, Tel. +41 26 300 88 45, henk-jan.schoonbeek@unifr.ch

Prof. Jean-Pierre Métraux, Tel. +41 26 300 88 11, jean-pierre.metraux@unifr.ch