26.09.2005

Othmar Keel erhält Marcel Benoist-Preis 2005


Unter dem Vorsitz von Bundesrat Pascal Couchepin hat der Rat der Marcel Benoist-Stiftung den mit Fr. 100'000.-- dotierten Marcel Benoist-Preis 2005 dem Bibelwissenschaftler Othmar Keel, emeritierter Professor der Universität Freiburg, zugesprochen für sein einmaliges und weltweit anerkanntes Werk, welches das Alte Testament zu dessen besserem Verständnis in den kulturellen und historischen Kontext einordnet, in dem es entstanden ist. Bundesrat Couchepin hat Professor Keel am Montag in Bern im von Wattenwyl Haus empfangen.

Die Forschungen von Professor Keel bemühen sich darum, die visuellen und kulturellen Vorstellungen zu verstehen, welche die in der Bibel Israels aufgenommenen Symbole und Bilder bei den Zeitgenossen der Epoche evozierten, in denen diese Schriften entstanden sind. Indem er einen besonders fruchtbaren interdisziplinären Ansatz verfolgt, stellt Othmar Keel den klassischen Mitteln der Textinterpretation (Philologie, Analyse usw.) die Ressourcen der Archäologie und insbesondere der Kunstgeschichte zur Seite. Der Preisträger ist denn auch zum weltweit anerkannten Experten für die Analyse von kleinformatigen, altorientalischen Kunstgegenständen wie Figurinen, Amuletten, Skarabäen und Siegeln geworden. Diese Objekte wurden häufig zwischen den Ethnien und den sozialen Schichten ausgetauscht. Deren Studium zeigt den tiefgreifenden Einfluss auf, den Kanaan, Ägypten und Mesopotamien auf die im Alten Testament übernommenen Ideen und auf die Symbolik hatten, welche dieses prägt. Die Arbeiten des Preisträgers haben in vielerlei Hinsicht die Auslegung der heiligen Schriften Israels revolutioniert, sie zeigen, dass der jüdische Monotheismus nach und nach aus einer Tradition heraus entstanden ist, die reich war an Formen von Religiosität jeglicher Art, denen er viel verdankt. Die Arbeiten unterstreichen auch die enge kulturelle und historische Verwandtschaft, welche die drei grossen monotheistischen Religionen des Alten Orients nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Polytheismus verbinden, der ihnen vorausging. Das Werk von Othmar Keel ist somit von grosser Bedeutung, um die Wurzeln des gemeinsamen Erbes von Juden, Christen und Muslimen verstehen zu können.

Othmar Keel, 1937 in Einsiedeln geboren, studierte Theologie, Religionsgeschichte, Ägyptologie und altorientalische Kunst in Zürich, Freiburg, Rom, Jerusalem und Chicago, und unternahm zahlreiche Studienreisen durch den Nahen Osten. 1967 wurde er Lehrbeauftragter an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg und seine ganze akademische Karriere fand seither ihren Fortgang an dieser Institution. 2002 wurde er als ordentlicher Professor für das Alte Testament und Biblische Umwelt emeritiert, setzt aber seine Forschungstätigkeit weiterhin mit grossem Einsatz fort. Er ist Autor von mehr als 100 wissenschaftlichen Artikeln und über 40 Büchern. Er wurde auch als Gastreferent für mehr als 100 Kurse an Universitäten aus 15 Ländern eingeladen. Zudem bemüht er sich auch sehr darum, eine breite Öffentlichkeit an seinem Wissen teilhaben zu lassen, und hat dafür zahlreiche Zeitungsartikel veröffentlicht und in Sendungen am Radio und im Fernsehen mitgewirkt.

Der als „schweizerischer Nobelpreis" bezeichnete Marcel Benoist-Preis zeichnet seit 1920 jedes Jahr in der Schweiz etablierte Wissenschaftler für ihre bedeutenden Arbeiten und deren menschliche Wirkung auf das Leben aus (zusätzliche Informationen unter www.marcel-benoist.ch). Dem Preisträger wird der Preis von Bundesrat Pascal Couchepin, dem Präsidenten der Marcel Benoist-Stiftung und Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern, am Montag, 14. November 2005, anlässlich einer öffentlichen Feier an der Universität Freiburg überreicht werden.

Die Preisverleihung findet an der Universität Freiburg (Miséricorde) am 14. November 2005 um 17.00 Uhr statt. Die Feier ist öffentlich.

Informationen :

Jean-François Conscience, Secrétaire de la Fondation Marcel Benoist,

Secrétariat d'Etat à l"éducation et à la recherche, tél. 031 322 96 75,

http://www.marcel-benoist.ch

Katja Zürcher, tél. 031 322 81 00