Krebs19.02.2024
Krebs und Entzündung: Bald das Ende einer gefährlichen Beziehung?
Forschende der Universität Freiburg haben einen Mechanismus entdeckt, der für Frauen mit Brustkrebs ernste Konsequenzen haben kann: Granulozyten, eine Art weisser Blutkörperchen, die bei akuten Entzündungen aktiv sind, fördern das Auftreten von Metastasen. Gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, dieser fatalen Entwicklung entgegenzuwirken.
Brustkrebs ist der häufigste Krebs bei Frauen. Obwohl Früherkennung und moderne Behandlungen den meisten Patientinnen gute Heilungschancen bieten, entwickeln leider etwa ein Viertel der Fälle eine metastatische Erkrankung mit all den bekannten Konsequenzen. Dieser unheilvolle Verlauf wird durch eine Entzündung begünstigt, die im Inneren des Tumors sowie in seiner Umgebung auftritt. Eine erfolgreiche Modulation dieser Entzündung könnte neue therapeutische Möglichkeiten eröffnen. Es blieb zu klären, wie dies effektiv erreicht werden kann.
Umgeleiteter Abwehrmechanismus
Das Team von Professor Curzio Rüegg von der Universität Freiburg, in Zusammenarbeit mit Dr. Qiang Lan von der Universität Helsinki und Dr. Sanam Peyvandi von der Universität Lausanne sowie Mitarbeitenden des Schweizerischen Instituts für Bioinformatik am Universitätsspital Lausanne (CHUV), hat einen neuen Mechanismus identifiziert, der Entzündung und Metastasen verbindet: Granulozyten, eine Art weisser Blutkörperchen, die bei akuten Entzündungen eine wichtige Abwehrrolle spielen, erleichtern die Bildung von Metastasen. «In gewisser Weise veranlassen die Krebszellen die Granulozyten am Tumorort dazu, entzündliche Mediatoren, Interleukin 6 und Oncostatin, zu produzieren», erklärt Professor Curzio Rüegg. Diese beiden Mediatoren verwandeln dann in einem zweiten Schritt die Brustkrebszellen in hochmetastatische Krebsstammzellen. Die Wissenschaftler_innen haben gezeigt, dass die Hemmung von Interleukin 6 und Oncostatin, die von den Granulozyten produziert werden, die Bildung von Krebsstammzellen und Metastasen unterdrückt. Obwohl der Mechanismus mithilfe von Labormodellen entdeckt wurde, haben die Forschenden ähnliche Ereignisse auch beim menschlichen Brustkrebs nachgewiesen. Noch dazu haben die Wissenschaftler_innen ebenso eine genetische Signatur entdeckt, die es ermöglicht, Patient_innen mit einem erhöhten Metastasierungsrisiko aufgrund dieses Mechanismus zu identifizieren.
Ein grosser Fortschritt
Zusammengefasst sind diese Ergebnisse für die Krebsforschung und die klinische Onkologie aus zwei Gründen wichtig:
- Sie offenbaren einen neuen Mechanismus, der Granulozyten, normalerweise bei akuten Entzündungen vorhandene Zellen, mit der Bildung aggressiverer Krebszellen verbindet, die für die Metastasenbildung verantwortlich sind.
- Sie identifizieren zwei entzündliche Faktoren, Interleukin 6 und Oncostatin, die für diese Effekte verantwortlich sind und therapeutisch angegangen werden könnten. Interleukin-6-Inhibitoren stehen tatsächlich zur Verfügung und werden erfolgreich zur Behandlung von Patient_innen mit chronisch entzündlichen Erkrankungen eingesetzt.
Diese Arbeit eröffnet echte Chancen für die Entwicklung neuer Behandlungen für Patientinnen mit einem hohen Metastasierungsrisiko.
> Tumor-educated Gr1+CD11b+ cells drive breast cancer metastasis via OSM/IL6-JAK-induced cancer cell plasticity, The Journal of Clinical Investigation