Gesundheit05.03.2025

Etappensieg im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen


Forschende der Universität Freiburg haben die Wirksamkeit, aber auch die Grenzen eines neuen Moleküls (Xeruborbactam) gegen bestimmte antibiotikaresistente Bakterien nachgewiesen. Gemäss Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört die antimikrobielle Resistenz zu den zehn grössten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit weltweit. Die Studie wurde in einer der renommierten Fachzeitschriften der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie veröffentlicht.

Antibiotikaresistenzen sind eine ernsthafte Bedrohung, die alle Erfolge der modernen Medizin infrage stellt. Ohne wirksame Antibiotika könnten viele potenziell schwere Infektionen nicht mehr behandelt werden, und auch der Erfolg zahlreicher chirurgischer Eingriffe oder Organtransplantationen wäre in Frage gestellt. Dies käme einem Rückschritt in die Zeit vor der Entdeckung des Penicillins gleich. „Das Problem liegt unter anderem in der unsachgemässen Verwendung von Antibiotika“, erklärt Dr. Laurent Poirel, Assistenzprofessor an der Universität Freiburg und Direktor des NARA, dem nationalen Referenzzentrum für die Früherkennung neuer Antibiotikaresistenzen. „Wenn Antibiotika wahllos verschrieben werden, beispielsweise zur Behandlung einer einfachen Erkältung, oder wenn eine Antibiotikatherapie zu früh abgebrochen wird, gibt man den Bakterien nicht nur eine Überlebenschance, sondern ermöglicht es ihnen zusätzlich, noch resistenter zu werden. Diese widerstandsfähigen Bakterien vermehren sich dann und geben ihre Resistenz an ihre Nachkommen weiter.“

Wissenschaftler_innen liefern sich also ein Wettrennen gegen die Zeit, um dieses wachsende Problem in den Griff zu bekommen, das sich zu einer wahren Katastrophe im Gesundheitsbereich entwickeln könnte. In diesem Zusammenhang hat das Team für medizinische und molekulare Mikrobiologie der Universität Freiburg die Stärken und Schwächen des Moleküls Xeruborbactam untersucht – einer neuen Therapie, die kurz davorsteht, in die klinische Erprobung überzugehen.

Hemmung von Enzymen
Um sich gegen die bakterizide Wirkung bestimmter Antibiotika zu schützen, produzieren Bakterien manchmal Enzyme, sogenannte Metallo-β-Lactamasen. „Diese Enzyme bilden eine nahezu unüberwindbare Verteidigungslinie gegen die meisten derzeit verfügbaren Antibiotika“, erklärt Dr. Christophe Le Terrier, einer der Hauptautoren der Studie. „Dadurch werden die Antibiotika unwirksam.“ Um dieses Problem zu lösen, hat die pharmazeutische Industrie kürzlich ein neues Molekül entwickelt – Xeruborbactam, einen Inhibitor, der die Wirkung dieser Enzyme blockiert. Durch die Kombination eines Antibiotikums mit diesem neuen Enzyminhibitor kann die antibakterielle Wirkung des Antibiotikums wiederhergestellt werden.

Die Freiburger Forschenden haben die Wirksamkeit dieses Inhibitors gegen die resistentesten Bakterien untersucht, die in der Schweiz und weltweit zirkulieren. Sie konzentrierten sich dabei besonders auf jene Bakterien, die die zerstörerischsten Antibiotika spaltenden Enzyme produzieren, also insbesondere zwei häufige Bakterientypen: Escherichia coli (ein Hauptverursacher von Harnwegsinfektionen) und Pseudomonas aeruginosa (der Lungen- oder intraabdominelle Infektionen hervorrufen kann).

Positive Ergebnisse, aber…
„Durch die Kombination von Xeruborbactam mit Antibiotika wie Ceftazidim oder Cefepim haben wir festgestellt, dass Escherichia coli-Bakterien wesentlich empfindlicher gegenüber Antibiotika wurden – was eine sehr gute Nachricht ist“, freut sich Laurent Poirel.

Allerdings beobachteten die Forschenden, dass das neue Medikament gegen das Bakterium Pseudomonas aeruginosa deutlich weniger wirksam war. „Diese Bakterien verfügen über einen effizienten Verteidigungsmechanismus: eine Art Pumpe, die nicht nur die Antibiotika, sondern auch den neuen Inhibitor aus der Zelle befördert, bevor sie ihre Ziele erreichen können“, erklärt Poirel.

Noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass bestimmte Pseudomonas aeruginosa-Stämme mit spezifischen Enzymen entgegen den Erwartungen resistent gegen die hemmende Wirkung von Xeruborbactam sein können, wodurch die Behandlung unwirksam wird. „Das ist alarmierend, denn wir wissen, dass dieses Enzym, das in verschiedenen Bakterienarten vorkommt, in Ländern wie Japan, Südkorea, China oder Brasilien für zahlreiche Antibiotikaresistenzen verantwortlich ist“, betont Christophe Le Terrier.

Angesichts dieses Problems spielt die Mikrobiologie-Einheit der Universität Freiburg eine Schlüsselrolle. Durch die Identifikation der Resistenzmechanismen multiresistenter Bakterien unterstützt sie die Pharmaindustrie bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe. „Im Grunde zeigen wir auf, welchen Weg die zukünftige Forschung einschlagen oder eben vermeiden sollte“, fasst Laurent Poirel zusammen.

Der Kampf geht weiter
Der in der Fachzeitschrift «Antimicrobial Agents and Chemotherapy» der American Society for Microbiology veröffentlichte Artikel zeigt, dass Xeruborbactam gegen viele resistenzbildende Bakterien vielversprechend ist. Allerdings relativiert die Studie frühere, optimistischere Einschätzungen. „Xeruborbactam ist kein Allheilmittel! Wir sind noch nicht am Ziel und die kontinuierliche Suche nach noch wirksameren Molekülen bleibt entscheidend“, schliesst Poirel.

**

Hintergrundinformationen
Seit 2018 ist das an der Universität Freiburg ansässige NARA das nationale Referenzzentrum für die Früherkennung neu auftretender Antibiotikaresistenzen. Ziel des Zentrums ist es, die Verbreitung resistenter Keime einzudämmen und entsprechende Empfehlungen für das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu erarbeiten.

Quelle:
Le Terrier C., Freire S., Viguier C., Findlay J., Nordmann P., Poirel L. (2024). Relative inhibitory activities of the broad-spectrum β-lactamase inhibitor xeruborbactam in comparison with taniborbactam against metallo-β-lactamases produced in Escherichia coli and Pseudomonas aeruginosa. Antimicrobial Agents and Chemotherapy, 68(6), e01570-23. https://doi.org/10.1128/aac.01570-23