07.10.2008
Beginn der "Eisenzeit" in der Hochtemperatur-Supraleitung
Forscher der Universität Freiburg auf einer heissen Spur: Die Gruppe für Festkörperphysik von Prof. Christian Bernhard arbeitet an einem völlig neuen Eisenarsenid-Supraleiter, der zu einem wesentlichen Fortschritt im Verständnis der Hochtemperatur-Supraleitung (Hoch-Tc) führen und damit auch einen entscheidenden Beitrag zum Energiesparen und für effizientere elektronische Bauelemente liefern könnte.
Supraleitende Materialien können elektrischen Strom ohne Widerstand und damit völlig verlustfrei leiten. Diese für technische Anwendungen vorteilhafte Eigenschaft weisen sie aber nur unterhalb der so genannten kritischen Übergangstemperatur Tc auf. Für die meisten Supraleiter sind diese Tc-Werte aber sehr niedrig (unterhalb von 40°K oder -232°C), was technische Anwendungen sehr schwierig und teuer macht (z.B. als verlustfreie Stromkabel oder als ultraschnelle elektronische Bauelemente).
Supraleitung mit bedeutend höheren Tc-Werten, so genannte Hoch-Tc-Supraleitung, wurde erstmals 1986 am IBM Forschungslabor in Rüschlikon in der Schweiz in gewissen Kupferoxid-Verbindungen beobachtet. Diese Entdeckung löste einen wahren „Goldrausch“ aus, welcher in einem Rekord Tc-Wert von 135°K gipfelte. Trotz intensivster Bemühungen und zahlreicher diskutierter Modelle konnte jedoch bis heute nicht endgültig geklärt werden, welche Wechselwirkung dieser Hoch-Tc-Supraleitung zugrunde liegt.
Einen neuen Ansatzpunkt liefert die vor wenigen Monaten in Japan und China gemachte Entdeckung, dass die Hoch-Tc-Supraleitung auch in gewissen Eisenarsenid-Verbindungen auftritt, wobei der maximale Tc-Wert von 55°K zwar noch deutlich niedriger ist als in den Kupferoxiden. Diese Beobachtung weckt dennoch berechtigte Hoffnungen, dass noch weitere Hoch-Tc-Supraleiter auf ihre Entdeckung warten und dass es einen gemeinsamen Hoch-Tc-Paarungsmechanismus gibt, der nun anhand des Vergleichs der Eigenschaften von Kupferoxiden und Eisenarseniden identifiziert werden kann.
Einen ersten Schritt in diese Richtung haben die Forscher in der Gruppe von Prof. Christian Bernhard für Festkörperphysik im Department für Physik und im Fribourg Center for Nanomaterials Frimat gemacht. In zwei kürzlich in Physical Review Letters erschienenen experimentellen Arbeiten zeigen sie, dass einige der elektronischen und magnetischen Eigenschaften dieser Eisenarsenide in der Tat eine überraschende Ähnlichkeit mit denen der Kupferoxid Hoch-Tc-Supraleiter aufweisen. Aus diesen ersten Beobachtungen lassen sich zwar noch keine endgültigen Schlussfolgerungen in Bezug auf den Paarungsmechanismus der Hoch-Tc-Supraleitung ableiten, sie liefern aber eine "heisse Spur" die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einem unkonventionellen magnetischen Paarungsmechanismus führt.
Referenzen:
• A.J. Drew et al. 2008. Coexistence of magnetism and superconductivity in the pnictide high temperature superconductor SmFeAs O0.82F0.18 measured by muon spin rotation, Phys. Rev. Lett. 101, 097010 (http://scitation.aip.org/dbt/dbt.jsp?KEY=PRLTAO&Volume=101&Issue=9)
• A. Duborka et al. 2008. Superconducting energy gap and c-axis plasma frequency of (Nd,Sm) FeAs O0.82F0.18 superconductors from infrared ellipsometry, Phys. Rev. Lett. 101, 097011 (http://scitation.aip.org/dbt/dbt.jsp?KEY=PRLTAO&Volume=101&Issue=9)
Kontakt: Prof. Christian Bernhard, Departement für Physik, Universität Freiburg, Tel 026 300 90 70, Email: christian.bernhard@unifr.ch