28.05.2009
Chunsch druus? baut Deutschschweizer Kommunikationshürden ab
Chunsch druus?, ein flexibel einsetzbares, multimediales Lernpaket und Trainingsprogramm ist soeben im Berner Schulverlag blmv erschienen. Durch den raschen Aufbau von Verstehenskompetenzen in den Mundarten, erleichtert Chunsch druus? den Einstieg in die deutschschweizerische Wirklichkeit. Chunsch druus? wurde am Departement für Mehrsprachigkeitsforschung und Fremdsprachendidaktik der Universität Freiburg entwickelt, von der Jacobs Foundation und der Loterie Romande unterstützt und hat 2008 den Förderpreis der Oertli-Stiftung erhalten.
Die Deutschschweizer Dialekte gehören zur lebendigen mehrsprachigen Vielfalt der Schweiz, aber sie stellen auch eine echte Herausforderung für Neuankömmlinge und Anderssprachige dar. Viele Leute, die in die Deutschschweiz kommen und in der Westschweiz, im Tessin oder im Ausland Deutsch gelernt haben, sprechen nur Standarddeutsch. In der Deutschschweiz aber werden sie mit verschiedenen Dialekten konfrontiert, empfinden die Deutschweizer als unhöflich oder fühlen sich ausgeschlossen.
Trainingsprogramm als universitäres Forschungs- und Entwicklungsprojekt
Das Trainingsprogramm Chunsch druus? wurde im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes rund um eine Gruppe von Fremdsprachendidaktikern und Mehrsprachigkeitsforschern entwickelt. Das Konzept wurde im Rahmen von Lehrveranstaltungen am Departement für Mehrsprachigkeitsforschung und Fremdsprachendidaktik der Universität Freiburg erarbeitet, die Umsetzung des Konzeptes wird von einem gemeinnützigen Verein getragen und von der Jacobs Foundation und der Loterie Romande finanziell unterstützt. Im Jahr 2008 hat das Projekt zudem den Förderpreis der Oertli-Stiftung erhalten.
Das Programm bereitet auf die Sprachsituation in der Deutschschweiz vor und hilft, den guteidgenössischen polyglotten Dialog zu fördern: In einem Gespräch müssen nicht alle unbedingt die gleiche Sprache sprechen. Aber die Sprachen der anderen zu verstehen – vor allem im Alltag und in Kontaktsituationen – bietet beträchtliche Vorteile für ein angenehmes Zusammenleben. Chunsch druus? zeigt auf, dass weniger (nämlich erstmal nur Verstehen) mehr sein kann.
Verstehenskompetenzen in den wichtigsten Dialekten aufbauen
Ziel von Chunsch druus? ist es, Nicht-Deutschschweizer für die Sprachsituation in der deutschen Schweiz zu sensibilisieren und rasch Verstehenskompetenzen in den wichtigsten Dialekten der grösseren Agglomerationen aufzubauen. Grundlage für die Verstehensübungen sind authentische Sendungen von Radio und Fernsehen DRS. Mundart-Songs, literarische Texte und Sachinformationen zur Deutschschweiz ergänzen das Textangebot. Dabei geht es darum, relevante Alltagssituationen, in denen Kontakte zu Deutschschweizerinnen und Deutschweizern häufig sind, zu meistern. Verschiedene Übungen machen immer wieder auf systematische Unterschiede zwischen der Standardsprache und den Dialekten aufmerksam, damit die Lernenden den Schweizerdeutschen „Code“ so schnell wie möglich knacken können.
Flexibel einsetzbares Lernpaket mit verschiedenen Dialekten im Online-Angebot
Ein ergänzendes Online-Angebot kann autonom bearbeitet werden. Die zahlreichen Hörtexte und spielerischen Aufgaben zu Wortschatz und wichtigen Redewendungen können als Dateien für das Lernen „unterwegs“ heruntergeladen werden. Das Material kann aber natürlich auch in den Schulen in der Westschweiz und im Tessin oder in Integrations- und Sprachkursen im Bereich der Erwachsenenbildung eingesetzt werden. Übrigens: Mit dem «klingenden Wortschatz» im Online-Angebot können zusätzlich verschiedene Dialekte verglichen oder je nach Bedürfnis die regionalen Varianten von Bern, Zürich, Basel oder St. Gallen angewählt und bearbeitet werden.
Vielfältiges Zielpublikum
Chunsch druus? will einen Beitrag zur (sprachlichen) Integration in der deutschen Schweiz leisten – sei es nun im Fall von so genannter Binnenmigration aus anderssprachigen Landesteilen, sei es im Bereich der „traditionellen“ Arbeitsmigration aus dem Süden, sei es im Falle der Einwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte (z.B. aus Deutschland). Zwar nimmt die Wichtigkeit des Hoch- oder Standarddeutschen in Zeiten des Hochdeutschkindergartens und der PISA-Hysterie zu, doch birgt dies gleichzeitig die Gefahr, dass die bodenständigen Sprachen der Deutschschweiz, die Dialekte, zu einer Art Geheimcode der «Indigenen» werden, zu gleichzeitig zurückgedrängten und ausgrenzenden Sprachen, die nur noch von den Einheimischen unter sich verwendet werden.
Informationen:
www.schulverlag.ch