14.06.2010

Treffsichere Medikamente dank neuartiger Nanopartikel


Dank neuartiger Nanopartikel in so genannten Mikrogelen könnte es dereinst möglich werden, Wirkstoffe von Medikamenten punktegenau an den Ort im Patientenkörper zu bringen, wo sie gebraucht werden. Dies ist eine der potentiellen künftigen Anwendungen einer Kombination magnetischer und temperatursensitiver Materialien, welche Forschende am Physik-Departement und am Adolphe Merkle Institut der Universität Freiburg entwickelt haben. Die winzigen Mikrogel-Partikel lassen sich sowohl bezüglich ihrer Grösse als auch ihrer räumlichen Orientierung von aussen steuern. Die renommierte Fachpublikation "Soft Matter" hat kürzlich die Freiburger Ergebnisse als Titelstory veröffentlicht.



Kosmetika, Farben, Milchprodukte, Saucen, Cremes und viele anderen alltäglichen Produkte basieren auf der homogenen Durchmischung bestimmter Substanzen in einer Flüssigkeit, häufig Wasser. Eine Feuchtigkeitscreme z.B. besteht aus fein verteilten Oeltröpfchen in Wasser, auch Emulsion genannt. Die Beweglichkeit der Tröpfen bestimmt dann die Festigkeit, oder Textur, der Emulsion. Bei geringer Tröpfchenkonzentration ist die Mischung flüssig während sie bei hohen Konzentrationen ein cremiges Verhalten zeigt. Der Uebergang ist eindrücklich bei der Freiburger Double Creme zu beobachten welche mit steigendem Fettgehalt immer zähflüssiger erscheint.
Ein Ziel der Freiburger Foscher ist es, die mikroskopische Bewegung der einzelnen Nanopartikel bei der Verfestigung besser zu verstehen. Insbesondere über die Rotationansbewegung ist bisher wenig bekannt, da die meisten Partikel, wie z.B. die Fetttröchen einer Emulsion, homogen und kugelförmig sind. Eine Drehung des Partikels ist somit nicht sichtbar.

Um dieses Problem zu lösen haben Camille Dagallier (Physik) und Dr. Hervé Dietsch (AMI) « intelligente » Nanopartikel synthetisiert, welche sich in einem Magnetfeld drehen lassen und deren Grösse durch die gewählte Temperatur eingestellt werden kann. Der Kern der einzelnen Partikel, in der Form eines Reiskorns, besteht aus Eisenoxid. Die Freiburger Forscher haben diese Eisenkerne umhüllt mit einem Microgel-Polymernetzwerk, welches je nach Temperatur unterschiedlich stark mit Wasser aufgequollen ist. Erste physikalische Untersuchungen des Schwellverhaltens und der Orientierung haben gezeigt, dass die Partikel in der Tat das gewünschte Verhalten an den Tag legen.
Diese neuartigen synthetischen Materialien vereinen somit mehrere, auch für praktische Anwendungen hochinteressante, Eigenschaften. Aufgrund der Quelleigenschaften können Mikrogele Wirkstoffe, wie z.B. pharmakologisch aktive Substanzen, kontrolliert aufnehmen und abgeben. Die Kombination mit magnetischen Eigenschaften würde es erlauben die Wirkstoffe gezielt an einem Punkt im Körper zu bringen. Darüber hinaus kann der Kern durch magnetische Wechselfelder erhitzt werden und somit die Abgabe der Wirkstoffe von aussen eingestellt werden.

Die vielversprechenden Ergebnisse der Freiburger Forscher haben sofort ein internationales Echo hervorgerufen. Die Herausgeber der « Highlights in Chemical Science » haben die Arbeit der Freiburger Forscher für ihre monatliche Sonderausgabe ausgewählt. Prof. Walter Richtering, Experte auf dem Gebiet der Mikrogele, kommentiert besonders das Potential dieses neuen Hybridsystems : « Es ist hochspannend, dass man diese kugelförmige Partikel durch ein einfaches magnetische Feld drehen kann und gleichzeitig die speziellen Eigenschaften der thermosensitiven Mikrogele beibehält»

Thermoresponsive hybrid microgel particles with intrinsic optical and magnetic anisotropy, Camille Dagallier, Hervé Dietsch, Peter Schurtenberger and Frank Scheffold, SOFT MATTER, 2010, 6, 2174-2177
http://www.rsc.org/Publishing/Journals/SM/article.asp?doi=c000305k

Highlights in Chemical Sciences 05/2010, «Dual responsive microgel particles »
http://www.rsc.org/Publishing/ChemScience/Volume/2010/05/dual_responsive.asp

> Soft Matter - 21. mai 2010 [pdf]

Kontakt: Prof. Frank Scheffold, 026 300 91 17, frank.scheffold@unifr.ch

Quelle: Dienst für Kommunikation und Medien, 026 300 70 34, communication@unifr.ch