05.10.2010

Schatzsuche zum Verständnis des Gedächtnisses


Das Laboratorium zur zerebralen und kognitiven Entwicklung der Universität Freiburg interessiert sich für die neurobiologischen Grundlagen der Entwicklung des Gedächtnisses bei Kleinkindern. Die Forschenden sind auf der Suche nach Kindern, die an der Schatzsuche teilnehmen, um in eine Experimentierphase überzugehen.

Das episodische oder autobiographische Gedächtnis bezeichnet Prozesse, die dafür verantwortlich sind, dass man sich an erlebte Ereignisse in einem bestimmten Kontext (Datum, Ort, emotionaler Zustand) erinnern kann. Das episodische Gedächtnis ist für den Menschen von grosser Wichtigkeit, denn es speichert alles was der Mensch als grundlegend für sein Wesen betrachtet. Aber man weiss noch wenig über seine Erscheinung und sein Funktionieren. Wie ist es beispielsweise möglich, das ein Baby jeden Tag eine grosse Informationsmenge speichert und Erwachsene normalerweise überhaupt keine Erinnerung mehr an die ersten drei Lebensjahre haben? Die Forschenden des Laboratoriums zur zerebralen und kognitiven Entwicklung der Universität Freiburg, Professor Pierre Lavenex und Doktorin Pamela Banta Lavenex, wollen die Prozesse dieser infantilen Amnesie verstehen.

Geheimnisvolle Entstehung des Hippocampus

Die Forschungsgruppe studiert die Entwicklung des Hippocampus, eine Hirnstruktur, die das Zentrum des episodischen Gedächtnisses darstellt. Die anatomischen Forschungen haben aufgezeigt, dass diese Struktur bei der Geburt nicht vollständig ist und dass 40% seiner Neuronen sich nach der Geburt entwickeln. Die Neuronen des restlichen Gehirns werden bereits in der Gebärmutter gebildet. Bei Personen mit Verletzungen am Hippocampus ist ein Verlust des episodischen Gedächtnisses feststellbar sowie die Unfähigkeit den Raum um sie herum zu gestalten – allozentrisches Gedächtnis. Um zu verstehen wie die postnatale Entwicklung des Hippocampus zur Entwicklung des Gedächtnisses bei Kleinkindern beiträgt, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Methode in Form eines Spiels entwickelt, die ihnen erlaubt, die Wahrnehmung des Raums bei Kleinkindern zu untersuchen.

Jagd auf Süssigkeiten

In einem neutralen Umfeld werden die Kinder dazu eingeladen Süssigkeiten, die unter einem Becher versteckt sind, zu suchen. Die Stelle der Süssigkeit variiert nie, aber das Kind betritt den Raum jedes Mal durch eine andere Türe. Nach wie vielen Versuchen gelingt es dem Kind die Süssigkeit ohne Fehler zu identifizieren? In welchem Alter gelingt ihm die Wiederfindung auf sicher? Die Wiederholung der Übung wird dem Forschungslaboratorium erlauben zu bestimmen, in welchen Alter diese Art des Gedächtnisses vorkommt und ob es sich in Zusammenhang mit der Reifung des Hippocampus entwickelt. Sobald ein Kind anfängt, Laufen zu lernen, kann mit den Tests begonnen werden. «Die Kinder haben immer viel Spass. Für sie ist es wie eine Schatzsuche und auch diejenigen, die zu Beginn ein wenig schüchtern waren, wollen danach wiederkommen», erklärt Pamela Banta Lavenex. Die Forscherin hat das zweite Jahr in Folge vom Schweizer Nationalfonds für Wissenschaftliche Forschung die Unterstützung Marie Heim-Vögtlin zugunsten der Förderung der Frauen in der Forschung erhalten. Ihre Forschungsarbeit hat die Prüfung der Ethikkommission des Kantons Freiburg erfolgreich bestanden.

Kinder im Alter zwischen 1 und 4 Jahren werden an zwei Test-Sitzungen teilnehmen, welche jeweils eine Stunde dauern. Bei Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren können sich die Test-Sitzungen um 2 bis 4 Wochen verlängern, wieder auf 2 Tage und eine Stunde pro Sitzung verteilt, abhängig davon, wie das Kind den Test bewältigt. Das Spiel wird individuell durchgeführt und immer in Anwesenheit einer erwachsenen Person. Das Verhalten jedes Kindes wird anonym analysiert.

Informationen und Einschreibung: http://www.unifr.ch/inph/labcd/fr/kinder

Kontakt: Dr. Pamela Banta Lavenex, Departement für Medizin, 026 300 87 27, memo-labcd@unifr.ch

Quelle: Dienst für Kommunikation und Medien, 026 300 70 34, communication@unifr.ch