07.05.2012

ABCB-Transporter: Lassen Wurzeln nach unten wachsen und stärken Krebszellen


Pflanzen passen ihr Wachstum der Schwerkraft an. Dies erreichen sie durch eine geschickte Verteilung des Pflanzenhormons Auxin mit Hilfe bestimmter Transportproteine. Dr. Markus Geisler vom Pflanzenwissenschaftlichen Institut der Universität Freiburg konnte nun aufzeigen, wie eines dieser Proteine, ein sogenannter ABCB-Transporter, reguliert wird. Da ABCB-Transporter auch in menschlichen Krebszellen vorkommen, sind diese Forschungsergebnisse von besonderer Tragweite.


Foto: Thinkstock

Haben Sie schon einmal beobachtet, was mit den Wurzeln eines im Sturm entwurzelten Baumes passiert? Die waagrecht in die Luft ragenden Wurzeln krümmen sich im Verlauf des weiteren Wachstums nach unten, so dass sie wieder auf den Boden zuwachsen. Um ihre Positionsänderung wahrzunehmen und darauf reagieren zu können, nutzt die Pflanze das Hormon Auxin, dessen Verteilung in der Pflanze von verschiedenen Transportproteinen kontrolliert wird. Die Forschungsgruppe um Dr. Markus Geisler vom Pflanzenwissenschaftlichen Institut der Universität Freiburg hat nun nachweisen können, wie eines dieser Proteine, ein sogenannter ABCB-Transporter, wiederum von anderen Proteinen reguliert wird. Die Forschungsresultate wurden soeben im EMBO Journal (European Molecular Biology Organization), einer der Nature-Gruppe angehörigen Fachzeitschrift, publiziert.

Schwerkraft und Wurzelwachstum

Aber wie merkt die Pflanze, dass sie waagrecht liegt? Wissenschaftler vermuten, dass Pflanzen die Schwerkraft mit Hilfe sogenannter Amyloplasten (Stärkekörner) "spüren" können. Wenn sich die Lage der Pflanze im Raum ändert, verschiebt sich entsprechend die Position der Stärkekörner in der Zelle. Es wird vermutet, dass die Bewegung der Stärkekörner über einen noch unbekannten Mechanismus die Proteine beeinflusst, welche den Transport des Pflanzenhormons Auxin von Pflanzenzelle zu Pflanzenzelle sicherstellen. Diese Transportproteine verteilen nun das Auxin so, dass sich dieses vermehrt in der dem Boden zugewandten Hälfte der Wurzel ansammelt. Das Auxin hemmt dort eine Ausdehnung der Wurzelzellen, so dass die obere Wurzelhälfte stärker wächst als die untere. Dadurch krümmen sich die Wurzeln nach unten und die Wurzel findet so wieder den Weg zum Boden. Diese gravitrope Reaktion ist in Mutanten ohne ABCB-Transporter abgeschwächt. Daher wird angenommen, dass ABCB-Transporter zu den Proteinen gehören, die Auxin so verteilen, dass Wurzeln nach unten wachsen. Damit sich das Auxin zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ansammelt, müssen die ABCB-Transporter präzise an- beziehungsweise ausgeschaltet werden können. Es stellt sich also die Frage, wie die Pflanze die Aktivität der ABCB-Transporter reguliert.


Gravitropische Reaktion: Eine Umorientierung der Wurzel gegenüber dem Schwerefeld der Erde bewirkt eine asymmetrische Verteilung des Auxinstroms (grüne Fluoreszenz) durch Regulation der Auxintransporter. Die höhere Auxinkonzentration in der unteren Hälfte der Wurzel führt zur Krümmung gegen die Erde.


Rätsel des ABCB-Transporters entschlüsselt

Obwohl zur Zeit noch nicht alle Schritte vollständig bekannt sind, die von der Wahrnehmung der Schwerkraft mittels Lageveränderung der Stärkekörner bis zur Regulierung des Auxintransportes führen, so weiss man doch, dass ein Protein namens PINOID daran beteiligt ist. Lange war jedoch unklar, welche Wirkung PINOID auf den Auxintransport hatte. Einige Experimente ergaben, dass PINOID den Auxintransport hemme, während andere darauf schliessen liessen, dass PINOID diesen ankurble. Wie Geislers Forschung nun zeigte, ist ein drittes Protein, namens TWISTED DWARF1, der Schlüssel zur Lösung des Rätsels: TWISTED DWARF1 hat die Fähigkeit, mit dem ABCB-Transporter zu interagieren und so dessen Aktivität zu beeinflussen. Geisler konnte nachweisen, dass PINOID eine chemische Veränderung, die sogenannte Phosphorylierung, am ABCB-Transporter bewirkt. Wenn am betreffenden ABCB-Transporter in diesem Moment ein TWISTED DWARF1 "klebt", so bewirkt diese Phosphorylierung eine Inaktivierung des ABCB-Transporters - ist hingegen kein TWD1 zugegen, bewirkt die Phosphorylierung eine Aktivierung des ABCB-Transporters. Diese Entdeckung ist besonders brisant, weil ABCB-Transporter auch in menschlichen Krebszellen vorkommen; sie sind verantwortlich für die sogenannte Multi-Drug-Resistance, die Krebszellen unempfindlich gegen Chemotherapeutika macht.


Modell der Auxinregulation: PINOID führt zu einer chemischen Veränderung des Auxintransporters ABCB. In Anwesenheit von TWISTED DWARF1 hat diese Phosphorylierung einen hemmenden Einfluss auf den ABCB-vermittelten Auxintransport (-), in Abwesenheit von TWISTED DWARF1 ist der Einfluss aktivierend (+).

Link zur Publikation: Regulation of ABCB1/PGP1-catalysed auxin transport by linker phosphorylation

Kontakt: Dr. Markus Geisler, Pflanzenwissenschaftliches Institut der Universität Freiburg, Departement für Biologie, 026 300 88 27, markus.geisler@unifr.ch