Theologie der Ökumene (Westkirchen): Frühjahrssemester 2024
Montag, 13h30-15h00, Raum 4128
In Westeuropa bezeichnet das Wort „Ökumene” in erster Linie das Verhältnis zwischen der katholischen und der reformatorischen Ausprägung des Christseins, wie sie aus der Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts hervorgegangen sind. Doch hier handelt es sich eigentlich um eine „Familienstreitigkeit“ innerhalb der westkirchlich-lateinischen Tradition. Die Vorlesung öffnet den Blick dafür, dass die Christenheit vielgestaltiger ist. Der weiter gefasste ökumenische Dialog, der auch die altorientalischen und die orthodoxen Kirchen, die anglikanische Communio und die evangelikale und freikirchliche Welt einbezieht, bringt ungeahnte Aspekte im christlichen Zeugnis ans Licht und kann helfen, festgefahrene Debatten neu lebendig werden zu lassen. Zugleich fragt die Vorlesung nach den Kriterien, wie eine berechtigte und wünschenswerte Vielfalt des kirchlichen Zeugnisses von Spaltungen zu unterscheiden ist, die dem Gemeinschaft stiftenden Geist Jesu Christi widersprechen.
Download des Vorlesungsplans (mit bibliographischen Angaben)
- 15. April 2024, 15h15: Gastvortrag Dr. Abel Manukian, Diakoninnen in der Armenischen Apostolischen Kirche
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14. April 2024: Exkursion nach Chambésy, Besuch einer orthodoxen Liturgie, Gespräch mit P. Prof. Dr. Ioan Sauca
Abfahrt: 7h56 mit dem Zug ab Fribourg mit Umsteigen in Genf
Leitung: Dr. Mihail Comanoiu
Ankunft: 9h35 am Bahnhof Chambésy
9h45 bis maximal 11h20: Teilnahme an der Liturgie der rumänischen orthodoxen Gemeinde
11h30-12h30: Besuch der Kirche der griechischen Gemeinde (mit modernen Ikonen) und des orthodoxen Zentrums sowie Besuch der koptischen Gemeinde, die ihre Kirche ganz in der Nähe hat
12h30: Gespräch mit P. Prof. Ioan Sauca (ehemaliger Generalsekretär des Weltkirchenrates) mit Gelegenheit zu Fragen aller Art
Agape-Mahl im Pfarreizentrum.
Rückkehr: gegen 16h (oder wann es für Sie nötig ist).
Fahrtkosten und Verpflegung werden vom Ökumenischen Institut der Fribourger Fakultät übernommen. Da die Einladung relativ kurzfristig kommt, wäre ich für eine baldige Rückmeldung dankbar (auch falls Sie absagen müssen ...), spätestens bis Mittwoch, 10. April. Auf Anfrage ist es möglich, weitere Interessierte zu der Reise mitzubringen!
- 8. April 2024: Welche Einheit erstreben wir? Modelle und Stile angesichts der globalisierten Erde
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25. März 2024: Kleine Geschichte der Ökumenischen Bewegung - Öffnung der Horizonte auf die vielgestaltigere Christenheit
Ansätze der Ökumenischen Bewegung im 19. Jahrhundert
Diagramm zur Geschichte der Ökumenischen Bewegung seit etwa 1900 ...
Selbstdarstellung der Geschichte des Weltrates der Kirchen auf dessen Webseite ...
Toronto-Erklärung der Weltrates der Kirchen von 1950
Aktuelle Verfassung und Satzung des Weltrates der Kirchen vom 30. Oktober 2013 (während der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan, Korea, geändert)
Homepage des Weltrates der Kirchen
Fragen zur Bearbeitung:- Welche Gründe haben zur Entstehung des Weltrates der Kirchen geführt?
- Wie stellt der Weltrat der Kirchen seine ekklesiologische Bedeutung dar - angesichts der Tatsache, dass er die Einheit der Kirche(n) fördern will, selbst aber keine Kirche ist und sein will?
- Warum ist die Katholische Kirche nicht Mitglied im Weltrat der Kirchen?
- Wenn Sie die Webseite des Weltrates der Kirchen anschauen: Welche aktuellen Schwerpunkte im Selbstverständnis und bei den Aktivitäten entdecken Sie?
- Schauen Sie die Unterseite mit den "Mitgliedskirchen" an und öffnen Sie die Darstellungen von einigen Kirchen, von denen Sie noch nie gehört haben ...
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18. März 2024: Jean Calvins Profil als Reformator / Die neue Verfassung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes
Calvin - eine Einführung. Vorlesungsmaterial
Evangelisch-Reformierte Kirche Schweiz (EKS). Die neue Verfassung
Weitere Materialien zur neuen Verfassung auf der Website der EKS: https://www.evref.ch/organisation/verfassung/
Aufgaben:
- Welches spezifische Profil als Reformator weist Calvin in den Bereichen Abendmahlslehre, Erwählungslehre und Kirchenverständnis (im Verhältnis zur weltlichen Gewalt) auf?
- Was unterscheidet ihn von Martin Luther?
- Welche ekklesiologische Bedeutung hat die neue Verfassung der EKS im Verhältnis zum früheren SEK (Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund)?
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11. März 2024: Martin Luthers reformatorisches Erlebnis / Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999)
Quellen zur lutherischen "Rechtfertigungslehre"
Frage zur Bearbeitung: Was bedeutet "Rechtfertigung" im Selbstzeugnis Luthers? (die übrigen Texte können Sie aus Interesse ebenfalls lesen)
"Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" (1999)
Frage zur Bearbeitung: Mit welcher Methode wird im Abschnitt 4. nach einem Konsens gesucht (Wir bekennen gemeinsam - Katholiken sagen ... - Lutheraner sagen ...)? Wie beurteilen Sie die Tragfähigkeit dieser Methode?
Suchen Sie sich eine Fragestellung (aus 4.1 bis 4.7) aus und überlegen Sie, ob Sie diesen Abschnitt unterschrieben hätten, wenn Sie Mitglied der Dialogkommission gewesen wären? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Wenn Sie mehr über Luther wissen wollen, suchen Sie sich einen der Aufsätze des katholischen Lutherexperten Erwin Iserloh aus:
Link zu den Aufsätzen von Erwin Iserloh zur Reformationsgeschichte
... und noch ein Preisrätsel (mit Auflösungen): Katholisch oder lutherisch? (von Prof. Vinzenz Pfnür zusammengestellt)
Ergänzender Kommentar:
1) Wenn Sie Luthers Text nochmals lesen, dann fällt dort eine Sprache auf, die über die biblische Terminologie des Paulus hinausgeht: Luther "hasst" Gott, "zürnt" ihm etc. Hier geht es um mehr als um die Entdeckung des gnädigen, den Menschen beschenkenden Gott: Luther ist einer der ersten "modernen" Menschen, die sich als "starkes Subjekt" mit "freiem Willen" empfinden und ebenso von Gott zu denken beginnen. Dadurch entsteht das Gefühl einer Konkurrenz und einer Bedrohung: Wenn Gott so frei und willkürlich entscheidet wie ich potenziell es könnte, dann bin ich nicht sicher, ob er nicht auch mit mir/mit uns willkürlich umgeht.
Die spätmittelalterliche Theologie, die sehr stark Gottes freien Willen betonte, bestärkte Luther in dieser Sicht. Dort unterschied man zwischen der "potentia absoluta" Gottes, der souveränen, "absoluten" Vollmacht, in der Gott alles zu tun vermag, und der "potentia ordinata", in der Gott sich auf eine bestimmte Heilsordnung festlegt. Natürlich bleibt immer die Angst, Gott könne auf seine "absolut Vollmacht" zurückgreifen.
Im Hintergrund der Debatte um die Rechtfertigung steht also nicht nur eine "schlechte Religionspädagogik", die den strafenden Gott hervorhebt, sondern ein neues Lebensgefühl, das erst noch theologisch verarbeitet werden muss:
- einerseits der als Konkurrenz verstandene Gott
- andererseits der Mensch, der seine Existenz als freien, selbstbezogenes, "ich" sagendes Subjekt selbst als "Sünde", als "gottwidrig" erfährt und nicht recht weiß, wie er diesem Lebensgefühl entkommen kann.
2) Die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" ist ein großer Schritt im katholisch-lutherischen Dialog. Schon formal bestand allerdings die Schwierigkeit zu klären, wer eigentlich die Partner des Dialogs sind: Die "Katholische Kirche" kann das Dokument für die gesamte Kirche als verbindlich annehmen. Auf lutherischer Seite war der Partner der "Lutherische Weltbund", der kein Weisungsrecht für seine Mitgliedskirchen hat. So haben einzelne Mitgliedskirchen die GE nicht unterschrieben ... Andererseits hat ganz offenbar die neue Rolle des "Lutherischen Weltbundes" zu einer Art "Verkirchlichung" dieses Zusammenschlusses gefunden.
Interessant ist auch, dass eine große Zahl von protestantischen Theologen gegen die GE "protestiert" haben. Sie hatten wohl die Furcht: Wenn die Rechtfertigungslehre der Kernbestand der Reformation ist und darin Einigkeit besteht, dann gibt es keinen Grund mehr für die Trennung ...
Dass dann doch eine Unterschrift erfolgte, zeigt einen Vorrang der "kirchlichen" vor der "theologischen" Perspektive.
3) Die Methode des differenzierten Konsenses ist in der Tat ein sehr fruchtbarer Weg des Dialogs. Doch es gibt auch Grenzen: Wenn neben der Gemeinsamkeit die verschiedenen Aussagen auf "katholische" und "protestantische" Weise formuliert werden, dann muss überprüft werden:
- Ist die jeweilige konfessionelle Formulierung wirklich mit der gemeinsamen Formulierung kompatibel?
- Werden die Partner nicht beruhigt weiterhin zu ihrer eigenen Formulierung zurückkehren und im Grunde keinen Wandeln auf Versöhnung hin vollziehen?
Oft wurde bemängelt, dass die GE nicht zu einem wirklichen Schritt gemeinsamen Kirche-Seins geführt hat, sondern eher historische Debatten theologisch aufgearbeitet hat.
Die neue, künftige Aufgabe für den ökumenischen Dialog wird wohl darin liegen, die theologische Einigung umzumünzen in Schritte zum gemeinsamen kirchlichen Leben ...
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4. März 2024: Communicatio in sacris? Auf dem Weg zur Kirchengemeinschaft
Textgrundlage: Direktorium zur Ausführung der Prinzipien und Normen über den Ökumenismus, 1993 (siehe 26.2.).
Fallstudien aus den Erfahrungen der Studierenden.
Aufgabe: Wählen Sie eine Situation der "Communicatio in sacris" zwischen Christen verschiedener kirchlicher Tradition, bei der ein Klärungs- und Entscheidungsbedarf vorliegt. Welche Entscheidungskriterien ergeben sich aus den katholischen Dokumenten zur Ökumene? Wie würden Sie entscheiden?
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26. Februar 2024: Grundlegung des katholischen Verständnisses der Ökumene
Dokumente für das katholische Verständnis des ökumenischen Engagements :
Enzyklika "Mortalium animos" von Papst Pius XI. (6. Januar 1928)
II. Vatikanisches Konzil, Dekret über den Ökumenismus (Unitatis Redintegratio) (21. November 1964)
II. Vatikanisches Konzil, Konstitution über die Kirche (Lumen Gentium) (21. November 1964) (Auszug)
Arbeitsaufgabe:
Lesen Sie nochmals gründlich und wirklich nah am Text einen Auszug aus der Konstitution "Lumen Gentium" des II. Vatikanischen Konzils, am besten entweder den Abschnitt 8 (über das "subsistit in" und über die Buße und Umkehr der Kirche) oder die Abschnitte 22 und 23 (über die eine Kirche Jesu Christi, die "in und aus" Teilkirchen besteht). Untersuchen Sie im Text, a) was die Katholische Kirche mit dem jeweiligen Text über sich selbst sagt, und b) welche Konsequenzen dieses Selbstverständnis für die katholische Haltung in der Ökumenischen Bewegung hat.
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19. Februar 2024: Ökumene – biblische Hinführung
Das Wort "oikoumene" im Neuen Testament
- Lesen Sie die angeführten Stellen aus dem Neuen Testament sehr aufmerksam.
- Achten Sie darauf, wie in jedem Falle das griechische Wort "oikoumene" auf Deutsch übersetzt ist.
- Beantworten Sie die Fragen am Ende des Textes (als Lernergebnis für Sie selbst, nicht zum Einreichen an mich).
Einführung in die grundlegenden Texte des katholischen Ökumene-Verständnisses (siehe 26.2.)