Seminar: Johann Adam Möhler und seine "Symbolik". Ein Kirchenvater der Moderne und sein Erbe für die heutige Ökumene
Verantwortlich: Prof. Dr. Barbara Hallensleben, in Zusammenarbeit mit Dario Colombo, Dipl.ass.
Mittwoch, 13h30 - 15h00 * Raum MIS 4122 * (BA und) MA * 4 CP (je nach Studienleistung)
Beschreibung: Johann Adam Möhler (1796-1838) wurde in die Wirren der Französischen Revolution hineingeboren. Als er Priester werden wollte, sagte man ihm voraus, dass die Kirche bis zu seiner Pensionierung nicht mehr bestehen werde. Als er mit nur 42 Jahren starb, hatte die Theologie wieder eine Zukunft. Wir lernen ihn in Rahmen der sogenannten „Tübinger Schule“ kennen, die aus sehr heterogenen Erneuerungsansätzen für Theologie und kirchliches Leben besteht. Wir lesen seine „Symbolik“ mit dem Untertitel „Darstellung der dogmatischen Gegensätze der Katholiken und Protestanten nach ihren öffentlichen Bekenntnisschriften“. Darin stellt er in der Bereitschaft zur kontroversen Debatte, aber in irenischer Absicht, die Grundthemen der westlichen Ökumene vor: theologische Anthropologie, Rechtfertigung, Glaube und Werke, Sakramente, Kirche, Eschatologie. Einbezogen ist die protestantische Welt in ihrer inneren Pluralität (Wiedertäufer, Mennoniten, Quäker, Herrnhuter, Methodisten u.a.).
Literatur: Johann Adam Möhler, Symbolik, hg., eingeleitet und kommentiert von Josef Rupert Geiselmann, Darmstadt 1958 (Band 1: Text; Band 2: Kommentare; ders., Die Einheit in der Kirche, Darmstadt 1957; Harald Wagner (Hg.), Johann Adam Möhler. Kirchenvater der Moderne, Paderborn 1996.
Link zum Download der Möhler-Texte
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22. Dezember 2021: Auswertung
Die Seminarsitzung wird via Zoom durchgeführt.
Zugeschaltet ist Martin Grünholz, lutherischer Pfarrer, mit dem wir ins Gespräch über die Frage kommen wollen, ob Möhlers Analysen bis heute eine theologische und ökumenische Relevanz haben.
Aufgabe: Bereiten Sie ein kurzes Statement (1 Seite) vor zu der Frage: Was war Ihre wichtigste Einsicht bei der Lektüre von Möhlers "Symbolik"? Wo sehen Sie die theologische und ökumenische Bedeutung Möhlers heute?
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15. Dezember 2021: Kirche II: Symbolik, Kap. 5 (§§ 44-51)
Verantwortlich: Peter Girsberger
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1. Dezember 2021: Kirche I: Symbolik, Kap. 5 (§§ 36-43)
Verantwortlich: Désiré Ngwene
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24. November 2021: Sakramente: Symbolik, Kap. 4 (§§ 28-35)
- 17. November 2021: Gute Werke: Symbolik, Kap. 3 (§§ 21-27, v.a. § 23)
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10. November 2021: Rechtfertigung II. Glaube: Symbolik, Kap. 3 (§§ 19-20)
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3. November 2021: Rechtfertigung I. Gegensätze: Symbolik, Kap. 3 (§§ 10-14)
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27. Oktober 2021: Erbsünde: Symbolik, Kap. 2 (§§ 5-9)
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20. Oktober 2013: Symbolik, §§ 1-4
Thematik: Der Urstand des Menschen und der Ursprung des Bösen
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13. Oktober 2021: Dogma und Sprache II: Die Einheit in der Kirche, §§ 14-17
Verantwortlich: Mirjam Rombouts
Schwerpunkt: Möhlers Traditionsverständnis
- 6. Oktober 2021: Dogma und Sprache I: Die Einheit in der Kirche, §§ 7-13
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29. September 2021: Kontextualisierung: Politisch-philosophische Umbrüche im 19. Jahrhundert und die Krise der Kirche (Dario Colombo)
Präsentation von Dario Colombo
(Einführung in das 19. Jahrhundert)
(Überblick über die geistigen, kulturellen und politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts)
Ähnliche Erfahrungen: Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877)
(Vom Staatsbeamten zum Priester und Bischof aus Protest gegen den "liberalen Absolutismus" des Staats: vgl. den Auszug aus: Erwin Iserloh/Christoph Stoll, Bischof Ketteler in seinen Schriften, Mainz 1977, S. 15-16)
Enzyklika "Quanta cura" vom 8. Dezember 1964 mit dem "Syllabus"
(Zusammenstellung aller "-ismen", die Hinweise sind auf die tendenziell total und damit totalitär werdende politische Welt)
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22. September 2021: Einführung
Gründe, um Johann Adam Möhler heute zu lesen:
- Unsere Theologie ist heute genötigt, sich über Aktualität und gesellschaftliche Relevanz zu profilieren. Möhler kann dazu beitragen, die nötige historische Tiefenschärfe nicht zu verlieren und Respekt zu entwickeln vor den Leistungen theologisch denkender Menschen früherer Generationen und Zeitalter.
- Möhlers "Symbolik" ist ein bis heute anregender Versuch, im Raum der Ökumene zugleich unermüdlich nach Einheit zu streben und gerade deshalb die wirklichen Streitfragen klar zu benennen und sie in versöhnlicher Absicht, aber theologisch klar und notfalls kontrovers zu formulieren.
- Die Theologiegeschichte des 19. Jahrhunderte in ihrem Bezug zur Geschichte des philosophischen und des wissenschaftlichen Denkens überhaupt wie auch zur politischen Geschichte bedeutet eine entscheidende Weichenstellung für die Theologie unserer Zeit. Auch wenn die Rede von der "Tübinger Schule", der Möhler angeblich angehörte, eher ein Konstrukt darstellt, sind doch theologische Aufbrüche zu erkennen, die nicht nur an individuelle Personen gebunden sind, sondern gemeinsam und manchmal auch kontrovers versuchen, auf die Strömungen der Zeit zu reagieren.
- Möhlers Wirken fällt in eine Zeit der inneren und äußeren extremen Schwäche der Kirche, bis hin zu Prognosen ihres baldigen Verschwindens. Heutige Bemühungen um Kirchenreform und kirchliche Erneuerung können Möhler nicht "kopieren", sehr wohl aber von seiner kirchlichen Haltung und seinem Mut, nicht defensiv und resignativ, sondern mutig und konstruktiv auf die Krise zu reagieren.
- Die Theologie ist heute stark mit der "säkularen Welt" befasst. Möhler erlebt als Folge der Aufklärung und der Französischen Revolution den Prozess der "Säkularisation" als Enteignung von Kirchengut und als Neuregelung des Verhältnisses von Kirche und Staat mit. Von ihm und mit ihm kann man die Ambivalenz des "Säkularen" zwischen der Freisetzung der Weltlichkeit und der totalitären Selbstabschließung der Welt gegen jegliche Transzendenz lernen.
Lektüre zum Einstieg:
Artikel über Johann Adam Möhler von Joachim Köhler
Artikel "Tübinger Schulen aus TRE