Bericht der Rektorin
Astrid Epiney
Rectrice
Das Jahr 2023 war in vielerlei Hinsicht ein ereignisreiches Jahr, nicht nur für die Universität Freiburg, sondern auch für die Hochschullandschaft im Allgemeinen. Einen ganz besonderen Akzent setzte sicherlich der Europatag 2023 der Universität, an welchem diese den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Maroš Šefčovič, als Festredner begrüssen durfte. Der Vizepräsident betonte in erfrischender Klarheit vor einem vollbesetzten Auditorium einerseits das grosse Interesse der Europäischen Union an einer Stabilisierung bzw. Weiterentwicklung des «Bilateralen Weges», wies aber andererseits auch auf die für die Union wesentlichen Anliegen hin, wobei er sich sehr zuversichtlich zeigte, dass hier ein Ausgleich gefunden werden könne. Die weitere Entwicklung dürfte diese Einschätzung bestätigen, einigten sich die Europäische Union und die Schweiz doch im letzten Quartal 2023 auf ein common understanding, welches den Weg für die Aufnahme von Verhandlungen öffnen dürfte, die ihrerseits eine erneute Beteiligung der Schweiz an den Europäischen Forschungsprogrammen ermöglichen wird.
Gleichzeitig zeigen gerade die Diskussionen rund um die Beziehungen der Schweiz zur EU, ebenso wie andere, teilweise sehr emotional geführte Debatten, wie bedeutsam respektvolle Debatten auch für unseren demokratischen Rechtsstaat sind, welcher unter anderem auf der Meinungsäusserungs- und Wissenschaftsfreiheit beruht und von kontroversen, aber die Ansichten anderer immer respektierenden Auseinandersetzungen lebt. So engagiert sich die Universität Freiburg nachdrücklich dafür, dass der Campus ein Ort der offenen Diskussionen und des respektvollen Austauschs ist und bleibt: Die Bedeutung von (wissenschaftlich) begründeten und ergebnisoffenen Analysen, aber auch die Infragestellung von «Wahrheiten» im Rahmen solcher Debatten kann kaum überschätzt werden. Denn die Option, dass andere Argumente überzeugender sind oder dass das, was wir als «richtig» erachten, vielleicht doch nicht oder nur teilweise überzeugend ist, existiert immer, so dass Infragestellungen wirklicher oder vermeintlicher Sicherheiten essentiell sind. Die Universität ist der Ort par excellence für kontroverse, aber immer konstruktive und respektvolle Auseinandersetzungen, in deren Rahmen jeder und jede die Möglichkeit haben muss, sich einzubringen. In diesem Sinn ist ein cancelling bestimmter Ansichten oder Personen geradezu eine Negierung der Rolle der Universität, wobei selbstredend die Rechtsordnung immer zu beachten ist, so dass der Campus insbesondere nicht für Aufrufe zur Gewalt sowie rassistische oder antisemitische Aktivitäten missbraucht werden darf. Mitunter geht es hier um eine Gratwanderung zwischen Respektierung der Meinungsäusserungs- und Wissenschaftsfreiheit auf der einen und Achtung der Rechtsordnung auf der anderen Seite, was sich auch in verschiedenen Situationen im vergangenen Jahr gezeigt hat.
2023 war aber auch das Jahr, in dem sich die Amtszeit des Rektorats 2019 – 2024 zu Ende neigte, wobei das Rektorat in seiner «Schlussbilanz» auf bedeutende Entwicklungen für die Universität zurückblicken konnte. So wurde die ganz grosse Mehrheit der gesetzten Ziele erreicht und es konnten einige weitere Vorhaben zumindest aufgegleist werden. Hervorzuheben sind die Stärkung der interdisziplinären Aspekte in Lehre und Forschung, die Etablierung des Master in Medizin, die Zusammenführung der Lehrpersonenausbildung an der Universität, die weitere Stärkung und Etablierung bzw. die Schaffung gewisser interfakultärer Zentren (wie das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft oder das Zentrum für Lebensmittelwissenschaften), die internationale Zusammenarbeit mit zahlreichen neuen Kooperationen (insbesondere koordinierte Abschlüsse) sowie verschiedene Reorganisationen mit ausgebauten Diensleistungen (wie insbesondere des Sprachenzentrums der Universität). Insgesamt konnte sich die Universität damit als Volluniversität von nationaler Bedeutung und internationaler Ausstrahlung weiter positionieren, dies mit diversen Akzentsetzungen entsprechend ihrem spezifischen Profil.
Dessen ungeachtet bleiben diverse Herausforderungen bestehen. Diese betreffen insbesondere die Infrastrukturen der Universität, ganz allgemein ihren finanziellen Handlungsspielraum, auch angesichts der Entwicklung der Bundesfinanzen und des neuen Mechanismus bei den Beiträgen der anderen Kantone, sowie die weitere Profilierung der Universität in Lehre und Forschung. In diesem Sinn wünsche ich meiner Nachfolgerin, Prof. Katharina Fromm, und dem neuen Rektorat 2024 – 2029 viel Erfolg bei der Leitung der Universität: eine mitunter herausfordernde und anstrengende, aber immer spannende und mit Blick auf das Wohl der Alma Mater und ihre Rolle für die Gesellschaft insgesamt sehr befriedigende Aufgabe.
Für mich ist es nun nach insgesamt fast neun Jahren im Amt als Rektorin ein grosses Anliegen zu danken: Die Arbeit im Rektorat ist in ganz vielerlei Hinsicht eine Teamarbeit, dies sowohl innerhalb der Universität als auch darüber hinaus mit den Partnern und der Politik insbesondere im Kanton Freiburg. So geht mein grosser Dank zunächst an meine Kolleginnen und Kollegen der erweiterten Universitätsleitung für die immer konstruktive Zusammenarbeit und die ausgeprägte Dialogkultur, die es uns ermöglichten, die sich immer wieder stellenden Herausforderungen mit Optimismus, Elan und mitunter auch mit Humor anzugehen. Sehr herzlich danken möchte ich auch allen Mitarbeitenden der Universität: Mit vielen von ihnen konnte ich direkt oder indirekt zusammenarbeiten und war immer von der grossen Loyalität und dem ausserordentlichen Einsatz für die Institution beeindruckt: Ihr Engagement für einzelne Dossiers, aber auch für die Universität als Ganzes sind die zentrale Voraussetzung dafür, dass unsere Institution für Studierende, Forschende und Mitarbeitende weiterhin attraktiv, in der Bevölkerung stark verankert und von ausgezeichnetem nationalen und internationalen Ruf bleibt. Der Senat hat die Arbeit des Rektorats immer unterstützt und konstruktiv begleitet. Wo nötig, hat er Initiative ergriffen, wofür ich seiner Präsidentin sowie allen Mitgliedern zu grossem Dank verpflichtet bin. Schliesslich möchte ich allen Verantwortungsträgern im Kanton und der Stadt Freiburg sowie allen Partnern der Universität für die grosse Unterstützung, die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit und auch das Verständnis für die besondere Rolle und die spezifischen Charakteristika unserer Alma Mater sehr herzlich danken.
Vivat, crescat, floreat Universitas friburgensis.