Die Bibliothek der Kirchenväter im Internet

Texte der Kirchenväter haben Jahrhunderte lang alle gelesen – Philosophen, Künstlerinnen, Historiker, Mystikerinnen – und dies natürlich in Latein oder Griechisch. Für die weniger sprachmächtigen Nachgeborenen entstanden im 19. und frühen 20. Jahrhundert Übersetzungen, die in verschiedenen Buchserien weite Verbreitung fanden, im deutschen Sprachraum insbesondere in Gestalt der sog. «Bibliothek der Kirchenväter», kurz «BKV». Die Webapplikation «Bibliothek der Kirchenväter im Internet» macht diese klassischen Übersetzungen im Netz verfügbar. Benutzer_innen ohne Kenntnisse der alten Sprachen haben so einen bequemen und kostenlosen Zugang zu diesem Reichtum.

Insgesamt sind inzwischen über 1000 Werke von über 100 Autorinnen und Autoren verfügbar. Initiiert wurde das Projekt 2002 von Prof. Gregor Emmenegger; unterstützt wird er seit einigen Jahren von Freiwilligen aus ganz Europa, welche die Texte bearbeiten.

Der grosse Aufwand war nicht umsonst: Allein im Jahr 2023 wurde die Site weit über eine Million Mal (!) aufgerufen – sie ist damit eine der am meisten benutzten Websites der Universität Freiburg. Die Besuche stammen von 150’000 unterschiedlichen Benutzerinnen und Benutzern; diese lassen sich grob in vier Gruppen einteilen: Studierende lesen sich mit der BKV in die Quelltexte zum Christentum ein oder recherchieren für Arbeiten; Forschende schlagen schnell eine Aussage nach oder suchen in den Texten nach Begriffen und Motiven; Priester und Pastorinnen stöbern in der BKV nach Anregungen zur Predigt oder stellen Zitate für eine Ansprache zusammen. Und schliesslich gibt es Menschen, die geistige Erbauung und theologische Bildung suchen, sich über Leben und Werk eines Heiligen informieren wollen oder Argumente für bzw. gegen das Christentum sammeln.

Im letzten Jahr konnte dank der Hilfe einiger Stiftungen sowie des Schweizerischen Nationalfonds die BKV weiter ausgebaut werden. Die Webapplikation wurde 2023 nicht nur bedienungsfreundlicher und umfangreicher. Sie enthält nun auch französische und englische Übersetzungen – italienische und spanische werden folgen.

Dank der Hilfe von künstlicher Intelligenz sollen auch die letzten Lücken geschlossen werden: Werke, die bisher nur im originalen Latein vorliegen, sollen in den nächsten Jahren übertragen und in die Seite integriert werden. Ähnlich wie bei entsprechenden Übersetzungstools zu modernen Sprachen sind die Ergebnisse nicht perfekt – reichen aber aus, um sich ein Bild über den Inhalt machen können.

  1. «Edition critique, traduction française et commentaire de la première partie (prologue et homélies 1 à 22) de l’Opus imperfectum in Matthaeum (CPL 707)
    Projet FNS: 192376
    Montant accordé: 946’223 francs
    01.09.2020 – 31.08.2024
    Requérant: Prof. Franz Mali

  2. «Lebendige Tradition: Der pseudoklementinische Oktateuch als historisches Dokument von der Spät­- antike bis ins arabisch-muslimische Mittelalter»
    SNF-Projekt: 215246
    Erhaltener Betrag: CHF 1’266’918
    01.09.2023 – 31.08.2027
    Antragsteller: Prof. Franz Mali