Publikationsdatum 20.06.2024

Praktiken der Forschungsbewertung an der UniFr und CoARA


Forschungsevaluation: Ein komplexes Thema

Die Bewertung der Forschung ist für die Universität Freiburg ein wichtiges, wenn auch nicht unumstrittenes Thema. Als kantonale und damit öffentliche Institution legen wir grossen Wert auf Transparenz in Bezug auf unsere Forschungsaktivitäten und deren Auswirkungen. Forschungsevaluation kann ein hervorragendes Instrument sein, um diesem Ziel nachzukommen, ist jedoch auch eine sehr komplexe Aufgabe. Seit einigen Jahrzehnten konzentriert sich die gängige Praxis der Forschungsevaluation auf die Messung traditioneller Formate von Forschungsergebnissen, wie etwa Zeitschriftenartikel oder Bücher. Diese starke Gewichtung der Endprodukte der Forschung hat einige bedauerliche und unbeabsichtigte Folgen. Zum einen ist es schwierig, output-zentrierte Metriken disziplinübergreifend zu vergleichen, da unterschiedliche Publikationskulturen und verschiedene Verfügbarkeitsniveaus bibliometrischer Daten zu verzerrten Vorstellungen über die Aktivitäten ganzer Forschungsdisziplinen führen können. Noch gravierender ist die Tatsache, dass der Fokus auf Veröffentlichungen Anreize für Forschende schafft, die nicht im Einklang mit den zentralen wissenschaftlichen Werten Integrität und Transparenz stehen. Dies hat in manchen Fällen zu fragwürdigen Praktiken geführt, wie zum Beispiel der Salami-Taktik, bei der Forschungsergebnisse in mehreren Artikel statt in einem einzigen publiziert werden , was sich positiv auf Zitationsindizes auswirken kann. Diese komplexen Fragen im Zusammenhang mit der Forschungsevaluation spielen in einer Vielzahl von Situationen eine Rolle, die zum Universitätsalltag gehören, wie z.B. bei der Vergabe interner Forschungsmittel, der Einstellung und Beförderung von akademischem Personal und der Bewertung von Doktorarbeiten.

CoARA: Die Universität Freiburg überprüft und reformiert ihre Forschungsevaluationspraktiken

Die Universität Freiburg ist darauf bedacht, dass ihre Mitglieder in solchen Situationen verantwortungsvoll handeln und ihre Evaluationspraktiken auf die besten verfügbaren Forschungsergebnisse zur Forschungsevaluation stützen. Deshalb ist die UniFr als erste kantonale Schweizer Universität der Coalition for Advancing Research Assessment (CoARA) schon kurz nach deren Gründung im Jahr 2022 beigetreten. Mit dieser frühen Positionierung hat die UniFr einen wichtigen Akzent gesetzt, indem sie die Überprüfung und Reform bestehender Forschungsevaluationspraktiken als Teil ihres Auftrags anerkennt. Die Koalition stützt sich auf einen Vereinbarungstext, der gemeinsam von Science Europe, der Europäischen Hochschulvereinigung, der Europäischen Kommission sowie unter Mitwirkung von mehr als 300 Forschungsinstitutionen ausgearbeitet wurde. Obwohl die meisten Erstunterzeichner aus Europa stammen, sind Umfang und Zielsetzung von CoARA global, und die Koalition hat seit 2022 erheblich an Dynamik gewonnen. Heute sind weit über 600 Organisationen Mitglieder von CoARA, und praktisch jede Woche kommen weitere hinzu. In der Schweiz haben die UNIL, die UZH, die UNIGE sowie die EPFL, die ETHZ und die BFH das Abkommen unterzeichnet, und eine Reihe wichtiger Schweizer Forschungsorganisationen wie der SNF, swissuniversities und die Akademien der Wissenschaften Schweiz sind, ebenso wie die UniFr, Vollmitglieder geworden. 

Was ist CoARA?

Die CoARA-Vereinbarung besteht aus zehn Verpflichtungen, darunter dem Versprechen, auf die unangemessene Nutzungen von Publikationsmetriken wie dem H-Index und dem Journal Impact Factor bei der Bewertung von Forschung zu verzichten.  Dieser Teil des Abkommens steht in vollem Einklang mit der DORA-Vereinbarung, die die UniFr ebenfalls unterzeichnet und zu deren Umsetzung sie erhebliche Anstrengungen unternommen hat. Die CoARA-Verpflichtungen umfassen jedoch noch weitere Punkte, wie das Versprechen, auf die Verwendung von Universitätsrankings bei der Bewertung einzelner Forschender zu verzichten, sowie die breite Anerkennung der Diversität von Forschungsleistungen und Forschungskarrieren. Das Abkommen wird durch die übergeordneten Prinzipien „Qualität und Wirkung“ sowie „Vielfalt, Inklusivität und Zusammenarbeit“ geprägt, die die Forschungsevaluation jederzeit leiten sollen. Die Formulierung des ersteren Prinzips macht deutlich, dass CoARA die Anerkennung von Beiträgen zu Open Science in die Forschungsevaluation integrieren möchte. Das zweite Prinzip wiederum zielt darauf ab, Praktiken der Evaluation zu fördern, die nicht nur auf die Vielfalt der Disziplinen, Forschungsprozesse und Einzelpersonen, die zur Forschung beitragen, eingehen, sondern diese Diversität auch aktiv wertschätzen und fördern. In diesen Punkten geht CoARA über den von früheren Initiativen zur Reform der Forschungsevaluation eingeschlagenen Weg hinaus. Schliesslich ist es auch von entscheidender Bedeutung, dass CoARA das Prinzip der wissenschaftlichen Freiheit und Autonomie grossschreibt und jede Forschungseinrichtung ermutigt, ihren eigenen Weg zu einer verantwortungsvollen Forschungsevaluation zu finden.

Wie wird CoARA an der UniFr umgesetzt?

An der UniFr haben wir begonnen, die in den verschiedenen Fakultäten und Departementen geplanten und laufenden Initiativen zu erfassen, die darauf abzielen, die Forschungsevaluation zu überprüfen und zu reformieren. Diese werden in einen CoARA-Aktionsplan aufgenommen, den wir dieses Jahr abschliessen und öffentlich mit anderen CoARA-Mitgliedern teilen werden.  Das Rektorat hat ausserdem beschlossen, eine CoARA-Arbeitsgruppe einzurichten, die sich aus Vertreter_innen aller Fakultäten, einer Vertreterin des CSWM sowie Vertreter_innen der relevanten zentralen Dienste (Gleichstellung, Open Science, SPR und Qualitätssicherung) zusammensetzt, um am Aktionsplan mitzuwirken und dessen Umsetzung in den kommenden vier Jahren zu begleiten. Indem wir eine Vielzahl von Status- und Interessengruppen zusammenbringen, hoffen wir, das Bewusstsein für diese Reform zu schärfen und, in einem kollaborativen Prozess mit Akteuren der ganzen UniFr, solide, gut angepasste Lösungen für die Forschungsevaluation zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe wird über die zentralen internen Themen und Bereiche entscheiden, die unser CoARA-Aktionsplan angehen soll. Ein bereits identifiziertes Kernthema ist die bessere Anerkennung von Beiträgen zu Open Research Data Praktiken in der Forschungsevaluation. An der UniFr läuft bereits ein von swissuniversities mitfinanziertes Projekt zu diesem Thema, über das Sie hier mehr erfahren können.

Was bedeutet das alles für Sie? Wenn Sie an der UniFr in der Forschung tätig sind, dann interessiert uns Ihre Meinung und Ihre Vision in Bezug auf die Verbesserung und Reform der Forschungsevaluation. Wenn Sie, Ihre Forschungsgruppe oder Ihr Fachbereich Praktiken und Initiativen zur kritischen Reflexion von Forschungsevaluation anwenden, würden wir uns freuen, von Ihnen zu hören. Für weitere allgemeine Kommentare oder Fragen, können Sie sich gerne auch an die Mitglieder der CoARA-Arbeitsgruppe wenden:

  • Regine Maritz von der Dienststelle Forschungsförderung für allgemeine Fragen zu den Zielen und Inhalten von CoARA und der Umsetzung des Abkommens an der UniFr

Für spezifische Fragen und Anregungen zu einzelnen Fachbereichen und Dienstleistungen können Sie sich an folgende Personen wenden:

  • Prof. Jessica Clough, Vertreterin der Fakultät für Naturwissenschaften (und Medizin)
  • Prof. Zhihong Yang, Vertreter der Fakultät für Medizin (und Naturwissenschaften)
  • Prof. Nesina Grütter, Vertreterin der Theologischen Fakultät
  • Prof. Dr. Stefan Nüesch, Vertreter der Fakultät für Management, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
  • Prof. Julia Straub, Vertreterin der Philosophischen Fakultät
  • (Die Vertretung der Juristischen Fakultät wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben)
  • Prof. Jürgen Sauer, Vertreter der UniFr-Forschungskommission
  • PD Marie-Noëlle Giraud, Vertreterin des CSWM
  • Alessandro Lazzari, Dienststelle Qualitätssicherung
  • Muriel Besson, Dienststelle Gleichstellung, Diversität und Inklusion
  • Thomas Henkel, Team Open Science

Collyer, T.A. ‘Salami slicing’ helps careers but harms science. Nature Human Behaviour 3, 1005–1006 (2019). https://doi.org/10.1038/s41562-019-0687-2, and De Rijcke, Sarah, Clemencia Cosentino, Robin Crewe, Carlo D’Ippoliti, Shaheen Motala-Timol, Noorsaadah Binti A Rahman, Laura Rovelli, David Vaux, and Yao Yupeng. “The Future of Research Evaluation: A Synthesis of Current Debates and Developments.” Centre for Science Futures, May 10, 2023. https://council.science/publications/the-future-of-research-evaluation-a-synthesis-of-current-debates-and-developments/ , here esp. 1.1.