WIRTSCHAFTPublikationsdatum 01.06.2023
Kartelle aufdecken mithilfe künstlicher Intelligenz
Fälle von Preisabsprachen in öffentlichen Ausschreibungen sorgen in unschöner Regelmässigkeit für Entrüstung in der Öffentlichkeit und gefährden gemäss Kartellgesetz «den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung». Ein von der Universität Freiburg und der Wettbewerbskommission WEKO entwickelter Vergleichsalgorithmus bietet Behörden nun Unterstützung bei der Erkennung und Bekämpfung illegaler Absprachen.
Eine funktionierende Marktwirtschaft ist auf fairen Wettbewerb unter den Markteilnehmenden angewiesen. Doch immer wieder versuchen Unternehmen, mittels Preisabsprachen den gesunden Konkurrenzkampf zu umgehen. Geschädigte sind dabei nicht nur die direkten Auftraggeber_innen, sondern – im Falle öffentlicher Ausschreibungen – die Allgemeinheit. Das Aufdecken solcher Kartelle ist äusserst aufwendig und erfordert die Expertise Dutzender Jurist_innen und Ökonom_innen bei der WEKO.
Erfolgsquote von über 90 Prozent
Um die Fachleute bei der WEKO bei dieser ressourcenintensiven Arbeit zu unterstützen, haben Prof. Martin Huber von der Universität Freiburg und Dr. David Imhof von der WEKO eine auf künstlicher Intelligenz basierende Methode entwickelt, die Absprachen bei Preisofferten in öffentlichen Ausschreibungen erkennt. Die Forscher nutzen sogenannte Deep-Learning-Algorithmen, um das gemeinsame Bieterverhalten von Unternehmen zu analysieren und zwischen illegaler Absprache und Wettbewerb zu unterscheiden. Die Methode identifizierte 19 von 20 Unternehmen korrekt als Kartellmitglieder oder Wettbewerber. Als Datengrundlage dienten dabei schweizerische und japanische Ausschreibungen, was zeigt, dass die Methode auch länderübergreifend angewendet werden kann.
Künstliche Intelligenz lernt Muster in Preisabsprachen
Die Methode basiert auf einem Vergleich der Preiseingaben von Anbietern und Mitbietenden, weil Absprachen oft bestimmte Muster in den offerierten Preisen hinterlassen. Ein bestimmtes Unternehmen wird beispielsweise eine Ausschreibung gewinnen, wenn seine Preisofferte erheblich tiefer ist als jene der «Konkurrenz». Anhand nachweislich abgesprochener Beispiele lernt die künstliche Intelligenz derartige Preismuster, um Fälle mit und ohne Absprachen voneinander zu unterscheiden. Nach dem Lernprozess ist der Algorithmus in der Lage, verdächtige Offerten mit erhöhtem Risiko von Preisabsprachen zu identifizieren. «Das gibt Wettbewerbsbehörden einen wertvollen Anhaltspunkt darüber, in welchen Fällen es sich lohnt, genauer hinzuschauen und unterstützt somit eine effektive Aufdeckung von Wettbewerbsverstössen», erklärt Martin Huber.
Huber M, Imhof D: Flagging cartel participants with deep learning based on convolutional neural networks, veröffentlicht im International Journal of Industrial Organization