Maja Cuk Greiner
Jahrgang 1980, Leiterin Dienstleistungen und Projekte der Vereinigung Cerebral Schweiz
Wie bist du zu diesem Studium gekommen und weshalb hast du dich dafür entschieden?
Ich wollte mit Menschen arbeiten. Durch eine Berufsberatung wurde das heilpädagogische Institut in Fribourg vorgeschlagen. Jedoch habe ich erst beim Vorpraktikum realisiert, dass ich die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen sehr liebe. Unterdessen weiss ich, dass meine Leidenschaft und Motivation dem Empowerment von Menschen gilt sowie auch der Förderung von Inklusion, Gleichstellung und Selbstbestimmung.
Welchen Herausforderungen bist du im Studium begegnet? Welche Kompetenzen braucht man deiner Meinung nach für dieses Studium?
Die grössten Herausforderungen erlebte ich in den jährigen Praktika. Im Vorpraktikum musste ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Burnout auseinandersetzen. Und im Anerkennungsjahr musste ich lernen, wie man damit umgeht, wenn man Opfer von Aggressionen eines Kunden wird. Im Anerkennungsjahr machte ich mir viele Gedanken über meine innere Stärke, über meine Rolle und meine Kompetenzen.
Für dieses Studium, resp. für die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen, braucht man eine grosse Portion Selbstreflexion, Motivation, Geduld, Durchhaltevermögen, Empathie, Optimismus, innere Stärke, Offenheit und Liebe zu einer vielfältigen Gesellschaft.
Was hast du in diesem Studium gelernt? Was hilft dir nun besonders in der Praxis?
Ich glaube das Wichtigste in diesem Studium sind die ethischen Grundlagen sowie die verschiedenen theoretischen Ansätze, auf die man aufbauen kannMan sollte diese Zugänge wenigstens verstehen und später fähig sein, das eigene angereicherte Wissen aus der Praxis adäquat, z.B. in Fachartikeln, weiterzugeben.
Was hast du nach dem Bachelor gemacht?
Nach dem Anerkennungsjahr bin ich nach Slowenien ausgewandert. Bis mein Diplom anerkannt wurde (übrigens wurde es in Slowenien als Master und nicht als Bachelor anerkannt), arbeitete ich als persönliche Assistentin von Studierenden mit Behinderungen. Dies war eine wichtige Ergänzung zu meinem Studium, denn der Umgang mit selbstbestimmten, intelligenten Menschen mit Behinderungen war dringend nötig, um den Fürsorgecharakter der Heilpädagogik abzulegen. Empowerment und Selbstbestimmung wurden zu zentralen Anliegen meiner Arbeit. Später arbeitete ich als Fachperson in einem Quartierstreff mit Tagesstruktur für Menschen mit Behinderungen und leitete anschliessend diese Abteilung. Ich leitete ca. 5 Mitarbeitende, 20 Menschen mit Behinderungen und 20 Freiwillige bei ihrem Engagement.
2016 suchte ich neue Herausforderungen und übernahm bei der Vereinigung Cerebral Schweiz die Leitung der Dienstleistungen und Projekte. Als einzige Fachperson im Bereich Soziales auf der Geschäftsstelle übernehme ich vielfältige Aufgaben, die ich auch selbst formen und mitgestalten kann. Meine ehemalige Mitstudentin fragte mich mal, ob ich denn genug spannende Arbeit hätte - ich antwortete, dies hänge ganz von mir ab, denn ich könne selbst steuern, welche Dienstleistungen und Projekte geplant und durchgeführt werden. Ich generiere gewissermassen meine Arbeit selbst, ein wunderbares Gefühl von Selbstwirksamkeit. Ich fühle mich eingebettet in ein Team und arbeite doch selbstständig, wie wenn ich eine eigene Firma hätte. Unterdessen übernehme ich auch viele Führungsaufgaben, habe mich in "Positive Leadership" weitergebildet und mein Wissen im Bereich Beratung mit Weiterbildungen zu den Themen "Persönliche Zukunftsplanung" und "Sexualberatung" vertieft.
Und was ist das Interessante an dem Job, den du nun ausübst?
Als Leiterin Dienstleistungen und Projekte, leite ich auf nationaler Ebene Dienstleistungen, bin die Projektleiterin von innovativen Projekten, unterstütze fachlich die regionalen Vereinigungen und prüfe die Qualität der erbrachten Dienstleistungen. Zudem pflege ich das Netzwerk mit anderen verwandten Organisationen, arbeite in nationalen Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen mit und erfasse die Bedürfnisse der Mitglieder unserer regionalen Vereinigungen. Ebenso rekrutiere und unterstütze ich Expertinnen und Experten mit Behinderungen und fördere damit die Interessen- und Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen. Im Rahmen der Strategie der Vereinigung Cerebral Schweiz fördere (und fordere) ich das Leben mit Assistenz, die Selbstvertretung, Peer-Dienstleistungen und selbstbestimmte Sexualität von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungsformen. Zusammen mit der Vereinigung Cerebral Schweiz streben wir Inklusion, Gleichstellung und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen an. Innovative Ideen durch Bedürfnisanalysen zu generieren, in Konzepten zu verarbeiten und umzusetzen sind meine Kernkompetenzen. Die Kompetenzen von Menschen mit Behinderungen zu entdecken und zu fördern ist meine Stärke. Stärken einer vielfältigen und inklusiven Gesellschaft aufzuzeigen und diese zu leben ist meine Leidenschaft.
Das Spannende an meinem Beruf? Mein Beruf hat einen Einfluss auf das Behindertenwesen und auf die heutige Gesellschaft - er wurde zu meiner Berufung.