Geschichte der Zeitschrift
Nach dem unregelmässig zwischen 1868 und 1904 in sechs Bänden erscheinenden Archiv für die schweizerische Reformations-Geschichte und den nicht spezifisch auf die Geschichtsschreibung ausgerichteten Katholischen Schweizer-Blätter für Wissenschaft, Kunst und Leben, die zwischen 1885 und 1905 erschienen, wurde 1907 die Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte durch die historische Sektion des kurz zuvor 1905 gegründeten Katholischen Volksvereins initiiert. Mit der Gründung der ZSKG wurde ein gesamtschweizerisches Podium für die Kirchengeschichtsschreibung und die katholische Geschichtsschreibung allgemein geschaffen, nachdem sich seit der Jahrhundertwende von 1900 sowohl Professoren der Universität Fribourg wie Albert Büchi, Heinrich Reinhardt und Karl Richard Holder wie auch ausserhalb der Universität tätige Kirchenhistoriker wie Eduard Wymann für die Institutionalisierung einer katholischen Geschichtsschreibung neben und in Verbindung mit der Universität eingesetzt hatten. Die Entwicklungen in der schweizerischen katholische Geschichtsschreibung verliefen parallel zu jenen anderer Länder, so zur Gründung des Historischen Jahrbuchs durch die Görres-Gesellschaft 1880, der Revue d’histoire ecclésiastique in Belgien (gegr. 1900), der Revue d’histoire de l’Eglise de France (gegr. 1910) oder auch der Catholic Historical Review (gegr. 1915).
Seit der Gründung wurde die Zeitschrift von der Zusammenarbeit klerikaler und laikaler Eliten des Schweizer Katholizismus ebenso wie von einer Durchdringung universitärer und ausseruniversitärer, vor allem regional verankerter Netzwerke der katholischen Wissensproduktion geprägt. Bestand die Redaktion zunächst mehrheitlich zugleich aus Profan- und Kirchenhistorikern, die hauptsächlich an der Universität Fribourg lehrten, so lag die Schriftleitung seit den 1940er Jahren jeweils bei einem Profanhistoriker. Demgegenüber wurde das Präsidium der Vereinigung für Schweizerische Kirchengeschichte durchgehend von einem Kirchenhistoriker besetzt. Bis in die 1970er Jahre stammten mehr als die Hälfte der französischsprachigen Beiträge von Klerikern, während auf Seite der deutschsprachigen Autoren etwas mehr Laienautoren beteiligt waren.
Bis in die 1960er Jahren war die Geschichtsschreibung der ZSKG von Institutionen- und Personengeschichtlichen Zugängen geprägt, wobei gerade regionalgeschichtliche Schwerpunkte wichtig waren. Über eine Biographie – auf Heilige wie auf andere Persönlichkeiten des Katholizismus bezogene –, aber auch etwa auf Klöster und Riten fokussierte Geschichtsschreibung konstruierte und festigte die katholische Geschichtsschreibung gerade auch in der ZSKG Erinnerungsdiskurse des Schweizer Katholizismus. Wie im Archiv für die schweizerische Reformations-Geschichte, aber auch in den Schwerpunkten, die verschiedene der Historiker der Universität Freiburg verfolgten, so besonders Albert Büchi, Heinrich Reinhardt und später Oskar Vasella, stellte die Reformationsgeschichtsschreibung und die Geschichtsschreibung zum ‹konfessionellen Zeitalter› auch in der Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte über Jahrzehnte hinweg einen zentralen Schwerpunkt dar. Dies spiegelt sich auch in den zwischen 1945 und 1975 erschienenen fünfundzwanzig Beiheften der Zeitschrift, von denen sich zwölf mit Themen der Reformationsgeschichte auseinandersetzten.
Parallel zu den international aufbrechenden Debatten über den Kirchengeschichtsbegriff und allgemeinen methodologischen Neuorientierungen in der Geschichtsschreibung hin zur Sozialgeschichte wurde die homogene katholische Konzeption von Geschichte und Geschichtsschreibung in der ZSKG seit den 1970er Jahren aufgelöst. Die Perspektive verschob sich von der Kirchen- als Institutionsgeschichte hin zu Religionsgeschichte. Sozialgeschichtliche Zugänge wurden aufgegriffen, wobei in den 1980er Jahren mentalitäts- und alltagsgeschichtliche Ansätze in Bezug auf sämtliche Epochen bedeutend wurden. Seit den späten 1990er Jahren wurde der Fokus im Sinne einer kulturgeschichtlichen Perspektivenverschiebung wesentlich auf Religion als Deutungssystem und dessen Wandel gerichtet, wurde die Geschichte der Phänomene auf jene ihrer Deutungen verlagert.
Schriftleitung der ZSKG seit 1907 (detaillierter zur Zusammensetzung der Redaktionskommission: Altermatt 2011, 482):
1907–1917: Albert Büchi (Prof. für Schweizer Geschichte, Universität Fribourg) und Johann Peter Kirsch (Prof. für Kirchengeschichte, Patrologie und christliche Archäologie)
1917–1921: Marius Besson (Prof. für mittelalterliche Geschichte, Universität Fribourg), Albert Büchi, Johann Peter Kirsch
1921–1926: Albert Büchi, Johann Peter Kirsch, François Ducrest (Direktor Kantonsbibliothek Fribourg)
1926–1931: Albert Büchi, Johann Peter Kirsch, Louis Waeber (Prof. für Kirchengeschichte, Priesterseminar Fribourg)
1931–1935: Johann Peter Kirsch und Louis Waeber
1935–1941: Johann Peter Kirsch, Louis Waeber, Oskar Vasella (Prof. für Schweizer Geschichte, Universität Fribourg)
1941–1956: Oskar Vasella, Louis Waeber, Othmar Perler (Prof. für Patristik und christliche Archäologie, Universität Fribourg)
1956–1966: Oskar Vasella
1966–1986: Pascal Ladner (Prof. für Historische Hilfswissenschaften, Universität Fribourg)
1986–2012: Urs Altermatt (Prof. für Allgemeine und Schweizerische Zeitgeschichte, Universität Fribourg)
Literatur zur Geschichte der Zeitschrift
- Urs Altermatt, Die «Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte» als Forum der katholischen Geschichtsschreibung in der Schweiz, in: ders., Die Universität Freiburg auf der Suche nach Identität, Fribourg 2009, 355–376.
- Franziska Metzger, Religion, Geschichte, Nation. Katholische Geschichtsschreibung in der Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert – kommunikationstheoretische Perspektiven, Stuttgart 2010.
- Jubiläumsband der Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte, 90 (1996).
- Francis Python, La «Revue d’histoire ecclésiastique suisse» 1907–2006: l’apport de la Suisse romande, in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, 100 (2006), 79–85.
- Mariano Delgado, Von der ZSKG zur SZRKG. Zur Namensänderung einer kirchenhistorischen Zeitschrift in der Schweiz, in: Freiburger Diözesan-Archiv, 135 (2015), 59-66.