Departement für Patristik und Kirchengeschichte
Das Departement für Patristik und Kirchengeschichte trägt innerhalb der Fakultät die Verantwortung für die Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Patristik und der Kirchengeschichte. Es trägt ausserdem zur Weiterbildung bei und bietet Dienstleistungen für die Öffentlichkeit im Bereich der Patristik und Kirchengeschichte. Es bemüht sich in den ihm zugeordneten Bereichen um eine gezielte Nachwuchs- förderung.
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Die Kirchengeschichte als theologische Disziplin
Für den Kirchenhistoriker gilt, dass die Qualität seiner Forschungen in erster Linie daran zu messen ist, ob er mit der Methodik der Geschichtswissenschaft sauber arbeitet oder nicht. Aber die Kirchengeschichte ist mit gutem Recht auch eine Disziplin an theologischen Fakultäten: nicht nur aufgrund ihres Gegenstandes, sondern auch weil sie - ohne sich von dogmatischen Aprioris verleiten zu lassen - mit einem Sinn für Theologie, Kirche und christliche Religionsgeschichte zu betreiben ist. Hierzu gilt analog das, was Nietzsche vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben geschrieben hat: Die Kenntnis der Kirchengeschichte steht im Dienste der Gegenwart und Zukunft des Lebens von Kirche und Christentum. Die Kirchengeschichte darf das Christentum nicht «historisieren» und es zum Bildungsgut, zum Wissens- und Diskussionsstoff der Gebildeten degradieren. Es liesse sich dann vortrefflich gebildet über Christentum und Kirche palavern, ohne zur Gegenwart und Zukunft von Christentum und Kirche beizutragen! Hier gilt wiederum das Mahnwort Nietzsches angesichts der liberalen Theologie seiner Zeit, die in die Falle des Historismus gegangen war: «Was man am (liberalen) Christenthume lernen kann, dass es unter der Wirkung einer historisierenden Behandlung blasirt und unnatürlich geworden ist, bis endlich eine vollkommen historische, das heisst gerechte Behandlung es in reines Wissen um das Christenthum auflöst und dadurch vernichtet, das kann man an allem, was Leben hat, studiren: dass es aufhört zu leben, wenn es zu Ende secirt ist und schmerzlich krankhaft lebt, wenn man anfängt an ihm die historischen Secirübungen zu machen.» Der Kirchenhistoriker darf den Sinn für das «Geheimnis» in der Geschichte nicht verlieren. Denn auch für die allgemeine Geschichtswissenschaft gilt letztlich, dass Genies wie Mozart und Beethoven nicht restlos wissenschaftlich erklärbar sind: «Versetzt nur ein Paar solcher modernen Biographen in Gedanken an die Geburtstätte des Christenthums oder der lutherischen Reformation; ihre nüchterne pragmatisirende Neubegier hätte gerade ausgereicht, um jede geisterhafte actio in distans unmöglich zu machen: wie das elendeste Thier die Entstehung der mächtigsten Eiche verhindern kann, dadurch dass es die Eichel verschluckt. Alles Lebendige braucht um sich eine Atmosphäre, einen geheimnisvollen Dunstkreis; wenn man ihm diese Hülle nimmt, wenn man eine Religion, eine Kunst, ein Genie verurtheilt, als Gestirn ohne Atmosphäre zu kreisen: so soll man sich über das schnelle Verdorren, Hart- und Unfruchtbarwerden nicht mehr wundern.» Der Kirchenhistoriker muss gewiss die historische Methodik akribisch beherrschen; wenn er aber keinen Sinn für den Gegenstand «Kirche und Christentum» hat, für diese Religion, die in der Kraft des Geistes aus zwölf galiläischen Fischern zu einer weltumspannenden Glaubensgemeinschaft herangewachsen ist, zu einem seit zwei Jahrtausenden laufenden (freilich oft auch sich im Menschlich-Allzumenschlichen leer laufenden) Motor der Weltgeschichte, wird er mit seinen Forschungen nur dazu beitragen, dass Kirche und Christentum als Gestirn ohne Atmosphäre kreisen.
Von der Aktualität der Kirchengeschichte
Goethe brachte um 1800 das Unbehagen der Gebildeten mit der Kirchengeschichte spöttisch zur Sprache:
«Sag', was enthält die Kirchengeschichte?
Sie wird mir in Gedanken zunichte;
Es gibt unendlich viel zu lesen,
Was ist dann aber das alles gewesen?
Zwei Gegner sind es, die sich boxen,
Die Arianer und die Orthodoxen.
Durch viele Säkla dasselbe Geschicht,
Es dauert bis an das Jüngste Gericht» (Sprüche Nr. 176 und Nr. 178).
Und er fügte hinzu:
«Es ist die ganze Kirchengeschichte Mischmasch von Irrtum und Gewalt» (Sprüche, Nr. 178).
Auf Goethes Kritik folgte aber nicht der Niedergang der Kirchengeschichte als theologische Disziplin, sondern eher ihr «goldenes Jahrhundert». Im Schatten der historischen Methode avancierte die Kirchengeschichte im 19. Jahrhundert zum Wetterwinkel der Theologie. Es genüge hier daran zu erinnern, dass Johann Adam Möhler und Ignaz von Döllinger, um nur zwei paradigmatische Gestalten zu nennen, «Kirchenhistoriker» waren. Das «historische Auge» der Theologie wurde damals zur Grundlage des spekulativen - und nicht umgekehrt. Nach der Modernismuskrise hingegen privilegieren die neuscholastisch geprägten theologischen Studienordnungen die systematischen Disziplinen und reduzieren die Kirchengeschichte quasi zur Hilfswissenschaft. Die Disziplin, die wie keine andere «das Ganze der Theologie» umgreift (Wolfhart Pannenberg), muss immer wieder um «ihren» Platz in den verschiedenen Curricula kämpfen - und an manchen Fakultäten wird sie gar auf ein Minimum reduziert. Nimmt man aber das hermeneutische Programm «Erinnern und Versöhnen» ernst, mit dem die Kirche sich im Schatten des Jahres 2000 den Verfehlungen in ihrer Vergangenheit stellen will, dann bräuchten wir im Theologiestudium nicht weniger, sondern mehr Kirchengeschichte - sofern diese dabei zwei Extreme vermeidet, nämlich eine Apologetik, die alle Schattenseiten und alles Versagen herunterspielt oder leugnet, und eine fundamentalistische Kritik nach Art einer Kriminalgeschichte, der es um den Aufweis geht, dass die Kirche nicht von Gott kommen kann und dass sie im innersten Wesen korrumpiert sei, wenn man sie an ihren Idealen misst.
Das Departement für Patristik und Kirchengeschichte in Freiburg
Das Departement ist geprägt durch die besonderen Merkmale der Universität Freiburg: Zweisprachigkeit in der Lehre, Brückenfunktion und Vermittlung zwischen dem deutschsprachigen und dem frankophonen, ja dem gesamtromanischen Kulturraum, grosse Vielfalt in Lehre und Forschung, weltkirchlicher Blick - sowohl wegen der internationalen Zusammensetzung des Lehrkörpers als auch wegen der besonderen Verbindung zum Predigerorden, der in der ganzen Welt tätig ist. Aus diesen Gründen, und nicht zuletzt auch weil an der Universität Freiburg als volle Universität für Studierende der Theologie zahlreiche Studienkombinationen möglich sind, ist Freiburg ein beliebter Standort für Studierende aus der ganzen Welt geworden und geblieben. Zurzeit sind an unserem Departement ein Professor (Franz Mali) und ein Lehr- und Forschungsrat (Gregor Emmenegger) für den Bereich Patristik/Alte Kirchengeschichte sowie zwei Professoren (Mariano Delgado, Paul-Bernard Hodel) für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte tätig. Verschiedene Schwerpunktprogramme und Spezialisierungszeugnisse werden auch angeboten. Dem Departement ist das «Institut für Biblische und Orientalische Sprachen» angegliedert. Zahlreiche Publikationsreihen werden von Mitgliedern des Departements betreut: Im Bereich Patristik/Geschichte der Alten Kirche die Reihen «Paradosis» (Academic Press Fribourg, hg. F. Mali / G. Emmenegger) und «Orbis Biblicus et Orientalis. Subsidia didactica» (Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, hg. F. Mali); im Bereich Mittlere und Neuere Kirchengeschichte die Reihen «Studia Friburgensia. Series historica» (Academic Press Fribourg , hg. P.-B. Hodel), «Studien zur christlichen Religions- und Kulturgeschichte» (Academic Press Fribourg und Verlag W. Kohlhammer Stuttgart, hg. M. Delgado) und «Religionsforum» (Verlag W. Kohlhammer Stuttgart, hg. M. Delgado). Zudem nehmen Mitglieder des Departements die Schriftleitung von zwei internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften verantwortlich wahr: «Mémoire dominicaine» (P.-B. Hodel) und «Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft» (M. Delgado). Dieser ist zudem an der Redaktion der «Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte» beteiligt). Alle Mitglieder des Departements stehen auf schweizerischer und internationaler Ebene in zum Teil enger Kooperation mit anderen theologischen und nicht theologischen Hochschulen oder sonstigen wissenschaftlichen Institutionen. Auf schweizerischer Ebene ist einerseits die Kooperation mit den Theologischen Fakultäten von Bern und Neuenburg im Rahmen von BENEFRI hervorzuheben, andererseits die Zusammenarbeit mit den anderen frankophonen Fakultäten der Romandie. Mitglieder des Departements haben in den letzten Jahren zahlreiche wissenschaftliche Kolloquien und Ausstellungen organisiert; ebenso werden kirchen-, religions- und kulturhistorische Studienreisen angeboten.
Mariano Delgado Präsident des Departements für Patristik und Kirchengeschichte
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Departement für Patristik und Kirchengeschichte
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