Forschung & Lehre

«Microbe entertainment» um 1900

Zur Kulturgeschichte der deutschsprachigen Bakteriologie und ihrer Wirkung bis heute. 

Unsichtbare Krankheitserreger, die uns bedrohlich umgeben, uns mit bösartigen Leiden infizieren und gleichzeitig grundsätzlich zur Sphäre des Lebendigen gehören – das ist nicht allein ein medizinisches oder wissenschaftliches Faktum. Es ist stets auch ein einschneidendes, politisches, gesellschaftliches und mediales Ereignis, an dem sich Öffentlichkeit und Publizistik, Experten und Laien, unterhaltende und informative Medien, Literatur und Kunst mit Begeisterung beteiligen.

Die Wurzeln dieser «Kulturalität des Mikrobiellen», die uns heute nicht mehr bewusst sind, gehen auf die Epoche der grossen Wissenschaftseuphorie im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert zurück; genau genommen auf die medizinische Bakteriologie Robert Kochs und diejenige Louis Pasteurs in Frankreich. Waren es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die fundamentalen Fortschritte in der Physiologie gewesen, die die Menschen in Deutschland in einen Taumel der Fortschrittsbegeisterung versetzten, so sind es nach 1870 die neuartigen Bakterienforschungen Kochs: Jene geheimnisvollen, unsichtbaren Lebewesen, die in geheimnisvollen Laboratorien erforscht werden, gelten als Sensation schlechthin. Tatsächlich gelingt Koch zwischen 1876 und 1884 in rascher Folge der Nachweis von Milzbrand-, Tuberkulose-, und Cholera-Erregern. Er entwickelt dafür ein tragfähiges Tiermodell, das erstmalig die Kausalität und Spezifität bakterieller Erkrankungen mit hoher Evidenz belegen kann – und katapultiert die deutsche Bakteriologie an die Spitze der internationalen Wissenschaftslandschaft. Doch nicht nur das: Kochs spektakuläre Forschungen lösen eine einzigartige Welle der Popularisierung und der öffentlichen Anteilnahme in der spätwilhelminischen Gesellschaft aus, die den Wissenschaftsglauben nunmehr zur neuen Religion erhebt. Der «Mikroben-Hype» greift in nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens ein und beleuchtet die Kultur des Fin de Siècle aus einer ganz neuen Perspektive.

Die Vorstellung, dass man immer und überall von gefährlichen Lebewesen umgeben ist, die doch niemand sehen, riechen oder hören kann, bewegt die Gemüter und löst nicht nur Angst, sondern eine nahezu hysterische Neugierde aus. Das lustvolle Grauen vor den unsichtbaren, allgegenwärtigen Widersachern, die auf der Stras­se, in überfüllten Zügen, Strassenbahnen, Versammlungsräumen, in öffentlichen Brun­nen, Nahrungsmitteln und sogar im eigenen Badezimmer lauern, wird von den Massenmedien befördert und auf dem schmalen Grat zwischen kollektiver Paranoia und Voyeurismus geschickt balanciert – ähnlich wie wir es heute in einer digitalisierten Medienwelt mit dem Corona-Virus erleben. Um 1900, lange vor dem Internetzeitalter, werden die bürgerlichen Wohnzimmer überflutet mit Aufklärungsschriften, Hausfrauenratgebern, Zeitschriftenessays, mit bunten Bakterienbildern, Bakterienglossen und Bazillenwitzen. Jedermann putzt, wischt, desinfiziert, sterilisiert, blickt bei internationalen Hygieneausstellungen selbst durchs Mikroskop auf gefährliche Cholera-Kolonien (Berlin 1882/83, Dresden 1903), betastet dreidimensionale Bakterien-Modelle aus Wachs und nutzt die Produkte einer neuen, antibazillären Sauberkeitsindustrie. Letztere erstreckt sich vom Mundwasser Odol über eine Vielzahl von Desinfektionsmitteln bis zum bakteriendichten Wasserfilter und zum vermeintlich bakteriendichten Staubsauger. Der Wiener Schriftsteller Karl Kraus hat mit Blick auf diese kollektive Mikrobenjagd einer ganzen Epoche spöttelnd von «Bazillenkultur» gesprochen; ich bezeichne es als microbe entertainment. Diese Bakterienunterhaltung, die die Gesellschaft des Fin de Siècle in Atem hält, ist äusserst vielfältig und reicht von der Populärkultur der Zeitschriften, der Mikroskopier-Zirkel und der Bazillenwitze bis zu Thomas Mann, Leo Tolstoi und zur Avantgardekunst.

Warum ist das so?

Ganz einfach: Das winzige Ding, das niemand sehen kann und das doch so gefährlich sein soll, heizt die Imaginationskraft, und zwar die alltägliche wie die künstlerische, auf ungeahnte Weise an. Was man nicht sehen kann, das muss man glauben, und was man glauben soll, das bedarf irgendeiner Form der Versinnlichung. So werden Mikroben um 1900 beispielsweise als lustige kleine Männlein und groteske Zwerge dargestellt. Und dieser weitverbreitete Bazillenhumor zieht seine Spuren von der Erzählung The Stolen Bacillus (1895) des englischen Schriftstellers H.G. Wells über den Dadaismus und Surrealismus – etwa Yvan Golls Romane Die Eurokokke und Der Goldbazillus (1927) – bis zu Thomas Manns legendärem Künstlerroman Doktor Faustus (1947), wo die Syphiliserreger des Protagonisten als «liebe kleine Gäste im Oberstübchen» erscheinen. Seine letzten Ausläufer hat der Bazillenhumor der Jahrhundertwende noch in den Bazillen-Comics und -Kinderbüchern unserer Gegenwart.

Zwischen Faszination und Ekel

Zurück zur Jahrhundertwende. Eine andere Alternative der Versinnlichung ist es, Bakterien als schöne kleine Wassertierchen zu entwerfen, die sich elegant mit Geisselfäden bewegen und den ornamentalen Dekor für populärbiologische Sachbücher abgeben. Sie fügen sich so gut in die zeittypische Ästhetik des biologischen Jugendstils und des zoologischen Monismus, dass sich daraus sogar ein säkularisiertes Schöpfungsevangelium ableiten lässt. Für den berühmten Populärdarwinisten Wilhelm Bölsche beispielsweise stellt der vermutete «Ur-Bazillus» der Vorzeit nicht nur den «Adam des Lebens» sondern auch die «schaumgeborene Aphrodite» dar, also den Urquell des Lebens und denjenigen der Kunst gleichermassen. Die Spur des «schönen Bazillus» lässt sich bis zu Wassily Kandinsky weiterverfolgen: In der Bauhausphase entwirft er eine Kunstmetaphysik des Punktes und begründet diese erstaunlicherweise mit der Harmonie von Bakterienkolonien im Mikroskop. Parallel zu solch ästhetisierenden oder naturreligiösen Darstellungen kursieren Bakterien um 1900 aber auch vollkommen problemlos als das absolute Gegenteil: als «grösster Feind des Menschengeschlechts» (Robert Koch) und als waffenstarrende Macht, die im aufgeheizten politischen Klima der Jahrhundertwende der Kriegspropaganda und der Stigmatisierung vermeintlich bazillenverseuchter kolonialer Völker dient.

 

© wikimedia.org | Jean-Marc Côté, La Chasse aux microbes. Briefkarte, Paris 1899.
Hype um einen Helden

Natürlich wird keiner dieser Bildkomplexe – das Komische, das Schöne oder das Politische – der tatsächlichen Interaktion zwischen Krankheitserregern und Menschen irgendwie gerecht; darum scheint es aber auch gar nicht zu gehen. Worum sich alles dreht, ist ein nie dagewesenes szientistisches Unterhaltungsspektakel, das alle Schichten der spätbürgerlichen Gesellschaft packt und zur «Bazillenkultur» vereint. Und wieder ist man an die Corona-Pandemie erinnert, denn die Wurzeln für die obsessive, oft sensationalistische, mitunter beliebig-verantwortungslose und fast immer bildgewaltige Verarbeitung unserer gegenwärtigen Katastrophe durch die internationalen Medien scheinen tatsächlich im microbe entertainment um 1900 zu liegen. Zu deutlich sind die Parallelen, zu klar ist die longue durée eines mikrobiologischen Glücksspiels, um dessen publizistische Verheissungen – Aufmerksamkeit, Auflagenzahlen, Klicks, Follower – immer wieder mit Erbitterung konkurriert wird.

Den Kern dieses Spektakels machen um 1900 indes zwei Dinge aus: erstens das unsichtbare Lebewesen aus dem Labor, das sich zur Wissenschaftsmetapher von schier unbegrenzter Plastizität, genau genommen zum universellen Sinnträger entfaltet und existentielle Gegensätze inkorporiert: Schönheit und Ekel, Fremdheit und Selbst, Naturreligion und Szientismus, Kaninchenstall und Kosmologie, letztlich – Leben und Tod. Letzteres ist die vielleicht grösste Aporie der Epoche. Zweitens enthält der Mikroben-Hype der Jahrhundertwende im Kern eine Heldenfiktion, die als universelles Identifikationsangebot dient: Es ist Robert Koch. Der eher spröde Laborforscher aus Berlin wird von der populären Publizistik in unzähligen Artikeln, Lithographien, zirkulierenden Photographien und Romanen als Vorzeigeheld des imperialen Machtstaates gefeiert, der sich im schwülen Dschungeldickicht exotischer Länder auf gefährliche Mikrobenjagd begibt. Koch selbst trägt übrigens zu dieser medialen Verfertigung des «heldenhaften Bakteriologen» entscheidend und aktiv bei: Seine epidemiologischen Feldforschungen in Afrika und Asien publiziert er streckenweise als anschauliche, photographisch illustrierte Expeditionsberichte, die mit kolonialen Stereotypen und abenteuerliterarischen Versatzstücken nicht gerade sparsam umgehen – Karl May lässt grüssen!

Zurück in die Zukunft

Und wieder zeigt sich der lange Schatten des klassischen microbe entertainment bis zur Corona-Pandemie: Virologen wie Christian Drosten oder Anthony Fauci werden von den nationalen und internationalen Medien gegenwärtig zu Kunst- und Kultfiguren transformiert, die sich dann beliebig mit heldischen oder dämonischen Attributen belegen lassen. So können wir täglich beobachten, wie sich konkrete Laborexperten zu öffentlichen Fiktionen von hoher Dehnbarkeit und Integrationskraft wandeln – gleichgültig, in welche Richtung die Integration dann läuft, ob sich Corona-Skeptiker im Hass auf Drosten und Fauci zusammenfinden oder ob Massnahmen-Befürworter den «heldenhaften Virologen» zu ihrer Galionsfigur ausrufen.

Ich habe mein Projekt viele Jahre vor der Corona-Pandemie begonnen und es eigentlich nur auf einen vergessenen historischen Diskurs ausgerichtet, der für die Kultur der Moderne ungeheuer wichtig und bisher nicht erforscht war. Wie sehr mich indes im Lauf der Projektarbeit die gegenwärtige Wirklichkeit einholen und überholen würde, hat mich selbst überrascht und betroffen gemacht. Trotzdem ist das Buch kein Buch über Corona geworden, sondern eins über die Bazillenkultur um 1900. Es scheint aber ganz deutlich, dass unsere gegenwärtige «Virenkultur» bzw. gewisse Auswüchse dieser Kultur im microbe entertainment des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts gründen, und so hoffe ich, dass man aus meinem Buch auch etwas über die Gegenwart lernen kann.

 

Unsere Expertin Martina King ist Professorin am Lehrstuhl für Medical Humanities, SCIMED. Sie hat sich in Germanistik und Medizingeschichte habilitiert und diese interdisziplinäre Perspektive prägend in Forschung und Lehre am Lehrstuhl eingebracht. Martina Kings Forschung konzentriert sich auf historische und systematische Schnittstellen zwischen Medizin und Literatur: Sie arbeitet u.a. zur Kulturgeschichte der Bakteriologie um 1900, zu derjenigen des Impfens im 19. Jahrhundert, zur Gattungs- und Literaturgeschichte ärztlicher Erzählformate, v.a. Kasuistik und Arztbrief.

martina.king@unifr.ch

Das Buch mit dem Titel Das Mikrobielle in der Literatur und Kultur der Moderne. Zur Wissensgeschichte eines ephemeren Gegenstands (1880–1930) erscheint im Oktober bei De Gruyter.

Medical Humanities: Eine vielversprechende Verbindung

Martina King, Sie haben Medizin und Germanistik studiert. Eine ungewöhnliche Kombination.

Ich habe erst das eine, dann das andere gemacht. Die Germanistik hat mich aber so gepackt, dass ich bereit war, die Medizin aufzugeben. Aber umsatteln ist nicht so einfach. Also habe ich als Ärztin weitergearbeitet und nebenbei promoviert. Mit der Habilitation kam ich zu diesem interdisziplinären Forschungsprojekt, dem Buch über die Kulturgeschichte der deutschsprachigen Bakteriologie. Und habe gemerkt: Ich muss und kann die Medizin mit einbeziehen. Ich habe begonnen mich auf Medizingeschichte zu konzentrieren und diese mit Literaturgeschichte zu verbinden.

Medizin und Geisteswisschaften ergeben zusammen die Medical Humanities.

Medical Humanities definieren sich häufig über das Profil des oder der jeweiligen Lehrstuhlinhaber_in. Ursprünglich waren die Medical Humantities ein Reformprogramm, das in den USA und England entstanden ist, um das Medizinstudium zu humanisieren. Daraus entstanden im angelsächsischen Raum Lehrstühle – und das wollten wir auf dem Kontinent dann auch. Aber eine Lehre braucht Forschung – und die war in Medical Humanities von Anfang an ein Problem, weil es eben ein Fächerkonglomerat ist. Wer kriegt den Lehrstuhl? Welche Forschung soll betrieben werden? Viele Forschungsprojekte der Medical Humanities zielen auf eine Verbesserung des Medizinsystems ab. Aber als Germanistin und Medizinhistorikerin ist mir dies zu normativ. Warum Verbesserung? Warum nicht einfach erst mal verstehen? Darum schreibe ich Kulturgeschichten, die sich um medikale Fragendrehen.

Die Medical Humanities haben in den letzten Jahren Aufwind erhalten – so auch in der Schweiz.

Ich würde sogar sagen: Mit zwei Lehrstühlen – einen in Genf, einen bei uns – hat die Schweiz auf dem Kontinent eine Vorreiterrolle. Auch in Frankreich sind die Medical Humanities gut vertreten. In Deutschland ist es sozusagen ein Diasporafeld. Unser Lehrstuhl wurde bereits 2011 von Prof. Alexandre Wenger gegründet, einem Literaturwissenschafter, der jetzt die Medical Humanities in Genf leitet.

An der Unifr gehören Medical Humanities zur Pflicht im BA in Medizin.

Auch damit bilden wir eine Ausnahme, auf die ich stolz bin. In ganz Grossbritannien sind die Medical Humanities ein fakultatives Kursangebot. Wenn mich ausländische Unis um Rat fragen zum Aufbau der Medical Humanities und ich denen sage, dass wir im Bachelor 40 Pflichtstunden pro Jahr haben – dann fallen die erst mal in Ohnmacht.

Wie trägt die Kenntnis von Medizingeschichte dazu bei, gute und «menschliche» Ärzt_innen auszubilden?

Das ist eine ganz zentrale Frage. Meine Gegenfrage: Was macht denn überhaupt einen Menschen menschlich? Oder eben zu einem oder einer guten Ärzt_in? Es gibt kein simples Instrument. Um Anatomie zu lernen braucht man einen anatomischen Atlas und eine anatomische Demonstration an der Leiche. Menschlichkeit ist ein sehr vager Begriff. Was wir den Studierenden mitgeben möchten sind Problembewusstsein und Reflexionsvermögen. Medizingeschichte wird bei uns immer von der Gegenwart her gedacht. Was ist z.B. das System Krankenhaus? Wie hat es sich entwickelt?

Was können Medizinstudierende von den Geisteswissenschaftler_innen lernen?

Im Zentrum unserer Lehre steht immer die Reflexion. Das Bewusstsein, dass das medizinische System nicht einfach ein Faktum ist, sondern eine kulturell geschaffene Wirklichkeit. Um das zu vermitteln, lehren wir Medizingeschichte. Genauso ist es aber mit der Kommunikation. Die ärztliche Kommunikation reicht weit zurück in der Geschichte, ist z.B. im 18. Jahrhundert ganz anders als heute. Wie kam der Arzt zu seiner Autorität? Wie autoritär soll oder darf eine Ärztin sein? So etwas kann man nicht mit einem Kommunikationstraining vermitteln.

Sondern?

Wir wollen die Studierenden zum Denken anregen. Ihnen aufzeigen, dass eine Krankheit zwei völlig unterschiedliche Krankheitsgeschichten haben kann: Jene der Patientin und jene der Ärztin. Eine Systembruchstelle, die nicht anders möglich ist. Denn wenn Sie dem Arzt erzählen, wie ihnen der Magen weh tut und dass sie davor in den Ferien waren, gebadet und Muscheln gegessen haben, dann wird der Arzt oder die Ärztin die Ferien und das Baden erst mal ausblenden. Für die Patient_innen ist das eine Enthumanisierung. Aber: Unsere Masterstudierenden müssen nach dem Studium in der Lage sein, eine Krankheit anhand der von ihnen erlernten Fakten zu erkennen. Zusätzlich wünsche ich mir aber, dass sie sich auch in die Perspektive der Patient_innen versetzen können.

Welche Fächer sind am Lehrstuhl der Medical Humanities vertreten?

Unsere Kernkompetenz in der Lehre heisst «Medizin, Literatur und Medien». Dann haben wir sieben Medizinethiker, drei Medizinhistoriker, zwei Medizinanthropologinnen, einen Juristen und einen Ökonomen, die Vorlesungen und Seminare aus ihren Bereichen anbieten.

Ein Beispiel: Das Seminar «Macht der Metaphern in der Medizin».

Darin geht es um Alltagsmetaphern, die in der Medizin gebraucht werden. Im öffentlichen Umgang mit Krebs kommen etwa häufig militärische Wendungen zum Einsatz: Der Kampf gegen Krebs, der invasive Krebs, der Killer-Krebs. Heute weiss man, dass Ärzt_innen und Patient_innen, die sich dieser Kampf- und Kriegssprache bedienen, eher zu einer aggressiveren Therapie greifen – auch wenn eine weniger aggressive Therapie möglicherweise dieselben Erfolgschancen verspricht. Umgekehrt wird medizinische Sprache auch in politischen Diskursen gebraucht. Der Ausdruck «jüdischer Bazillus» etwa tauchte bereits im 19. Jahrhundert auf; Hitler hat diese Metapher dann in «Mein Kampf» verwendet. In unserem Seminar geht es darum, den Studierenden zu vergegenwärtigen, dass Sprache nicht wirklichkeitsneutral ist.

Wie erleben Sie die Medizinstudierenden in Kursen der Medical Humanities?

Da sind immer welche, die nicht verstehen, weshalb sie zusätzlich zum beträchtlichen Pensum des Medizinstudiums jetzt auch noch 40 Seiten über Medizin im Nationalsozialismus lesen sollen. Aber eigentlich sind die meisten sehr offen und machen auch mit in den Seminaren. Nach einer Weile finden viele die Medical Humanities sogar toll – ich kann mich nicht beklagen!

Interview: Claudia Brülhart