Porträt
Kultur, Kochen & Kino
Laurent Steiert fördert beim Bundesamt für Kultur Schweizer Film-Produktionen und unterstützt daheim in Freiburg mit Herzblut die Kulturszene.
Laurent Steiert, Sie haben Abschlüsse in Politologie und Recht und arbeiten nun beim Bundesamt für Kultur in der Filmförderung. Haben Sie das Richtige studiert?
Ja. Ich denke, ich habe das Richtige studiert. Die beiden Studienrichtungen haben mir viele Möglichkeiten geboten, um eine relativ freie Berufswahl zu haben. Kulturell war ich schon immer engagiert, habe im Fri-Son gearbeitet, Konzerte organisiert, war in der Kunsthalle tätig. Der Film war ein bisschen Zufall. Ich habe nach dem Uni-Studium in Freiburg ein juristisches Praktikum gesucht und dieses beim Bundesamt für Kultur gefunden. Später konnte ich mich auf eine feste Stelle beim BAK bewerben, die geschaffen wurde für ein neues Förderinstrument.
Sie fördern also den Schweizer Film.
Vorneweg: Ich schaue nicht den ganzen Tag Filme. Als eine Art Generalsekretär der Sektion Film kümmere ich mich um die Koordination der verschiedenen Personen im Team. Ausserdem pflege ich die internationalen Beziehungen mit den Nachbarländern. Viele Filme werden ja koproduziert und diese Produktionen werden mit Abkommen geregelt, die zum Beispiel die jeweiligen Anteile bestimmen. Am Film--Festival in Berlin etwa, das jetzt gerade anfängt, da werde ich drei Tage lange mit unseren internationalen Partnern zusammensitzen und prüfen ob diese Rahmenbedingungen noch stimmen.
Stichwort Abkommen: Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014 hat dem Schweizer Film sozusagen den Geldhahn aus der EU zugedreht. Welches sind die Konsequenzen daraus?
Wir hatten am 10. Februar 2014, also einen Tag nach der Abstimmung, eine Sitzung in Berlin mit den Vertretern des Festivals und die haben die uns gesagt, die Verhandlungen seien jetzt mal stillgelegt. Wir hatten diese Entwicklung zwar schon antizipiert und konnten die finanziellen Nachteile daraus via Erasmus teilweise auffangen. Was wir nicht ausgleichen konnten, waren die Konsequenzen auf unser Netzwerk. Man ist plötzlich aussen vor, muss sich alles neu erarbeiten, muss mit jedem Land bilaterale Gespräche aufnehmen, die Projekte sind nicht mehr auf einer gemeinsamen Plattform koordiniert. Aber die bilateralen Beziehungen haben gewisse Beziehungen auch verstärkt. Dies würde auch bei einem allfälligen Wiedereinstieg in ein EU-Programm sicher so bleiben.
Das BAK fördert sowohl Kunst wie Kommerz. Wie kann man das unterscheiden? Klingen die Kassen ist es Kommerz, ansonsten Kunst?
Das weiss man ja erst wenn der Film schon im Kino war! Aber tatsächlich, dies ist immer wieder die bestechende Frage, die sich auch die Experten stellen. Wir fördern effektiv beides, also Filme, die wenig Eintritte an der Kinokasse machen und dafür an einem Filmfestival Preise abräumen und auch die Blockbuster, die im Kino gut laufen aber international an den Festivals weniger Erfolg haben. Ideal ist natürlich, wenn beides stimmt. Die Verbindung von Kunst und Kommerz kommt auch von daher, dass die Filmförderung sowohl einen wirtschaftlichen wie einen künstlerischen Aspekt hat.
Musik aus der Schweiz liegt im Trend. Schweizer Filme aber locken im Ausland keine Heerscharen an die Kinokassen.
Einer der Hauptgründe ist die reine Ausrichtung auf den Deutschschweizer Markt. Diese Filme haben es sehr schwierig im Ausland. Eine Deutschschweizer Komödie über die Rekrutenschule wird in der Deutschschweiz einen Erfolg erzielen, aber im Ausland hat sowas keine Chance. Auch wegen der Synchronisation. Aber es gibt Filme wie «Heidi» oder «Ma vie de Courgette», die auch im Ausland sehr gut laufen. Heidi wurde sogar nach China verkauft!
Sie waren für ein Shooting im Stadtfreiburger Kino Rex. Was verbindet Sie damit?
Das Rex gehört zu den Kinos, in denen ich als Kind meine ersten Filme gesehen habe. Auch später war ich viel im Rex, gerade während des Internationalen Filmfestivals FIFF, für das ich auch gearbeitet habe. So habe ich etwa live synchronisiert, also Simultanübersetzungen gemacht für Filme. Damals in den 90er Jahren übersetzten wir gewisse Filme noch mit dem Mikrofon im Saal. Es gibt sehr lustige Anekdoten aus dieser Zeit. Wir erhielten ja die Dialoge eines Films im Vorfeld. Da lief einmal ein chinesischer Film mit englischen Untertiteln und während ich die französische Übersetzung sprach, merkte ich, dass der Film zwar derselbe war, den ich erhalten hatte, aber mit einem anderen Schnitt. Da habe ich habe gemerkt: Meine Übersetzung stimmt nicht mehr mit dem Film überein. Lost in Translation!
Nennen Sie mir einen Lieblingsfilm?
«Ma vie de Courgette», der für die Oskars nominiert war. Als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe in einer Vorvisionierung, da war ich hin und weg. Ein Super-Animationsfilm, tolle Musik. Zum Glück hat er dann nicht nur mir gefallen!
Sie sind der Freiburger Kulturszene treu geblieben…
Ja, ich koche alle zwei Monate für 30–50 Leute im Kulturklub Fri-Son. Wir kochen für die Musiker und Techniker. Das ist sehr schön, wir kochen in einer offenen Küche, treffen Leute, diskutieren… Wir laden die Bands ein und diese fühlen sich daheim bei uns!
Laurent Steiert kam 1971 als drittes Kind in Düdingen (FR) zur Welt. Er wuchs in einem zweisprachigen Haushalt auf; die Schulen besuchte er in deutscher Sprache. Nach einem Studium der Politologie an der Uni Lausanne absolvierte Steiert ein Jus-Studium an der Uni Freiburg und danach einen MPA an der Uni Bern. Seit 2005 ist Laurent Steiert stv. Leiter der Sektion Film beim Bundesamt für Kultur.
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