Fokus

Das Beste aus zwei Bereichen

Mit dem neuen Master «Digital Communication and Creative Media Production» vereinen die Universität Freiburg und die Fachhochschule Graubünden wissenschaftliches Know-how mit medientechnischem Können. Gestartet wird diesen Herbst.

In zwei Jahren kommen Kommunikationsfachleute mit einem neuen Master in der Tasche auf den Arbeitsmarkt. Es werden dies die ersten Abgänger_innen sein des gemeinsamen Masters «Digital Communication and Creative Media Production» der Universität Freiburg und der Fachhochschule Graubünden FHGR. «Wir holen mit diesem Joint-Master Personen ab, die wissen, dass im Berufsfeld der digitalen Kommunika­tion je länger je mehr wissenschaftlich-theoretisches Wissen und das Know-how der technischen Umsetzungen gefragt sind», sagt Manuel Puppis, Professor am Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung und von Seiten der Uni Freiburg eine der treibenden Kräfte in diesem Projekt.

Die beiden Kompetenzen sind zum einen die Grundlagen der Sozial- und Kommunikationswissenschaften und zum anderen die technische Aufbereitung von Inhalten mittels Programmierung von Codes, Visualisierungen, Game-Entwicklung, Community-Management, Videos oder Augmented Reality.

Auf einen Nenner bringen

Im ersten Semester lernen Absolvent_innen der Uni das technische Handwerk und wer von der Fachhochschule kommt, wird sich mit Statistiken, mit empirischen Methoden sowie kommunikationswissenschaftlichen Grundlagen beschäftigen. Das Ziel: die Niveaus beider Gruppen anzugleichen. Nur wer die Prüfungen im ersten Semester besteht, kann im Joint-Master weiterfahren. «Ab dem zweiten Semester beginnt mit den so genannten Studios der richtig innovative Teil», sagt Puppis. Studios, das sind kollaborative und praxisnahe Lehr- und Lernformate. In sechs Wahlpflichtmodulen erarbeiten die Studierenden mit externen Partner_innen aus der Wirtschaft wissenschaftliche Grundlagen, konzipieren Praxisanwendungen und setzen diese um.

Der wissenschaftliche Input kommt dabei jeweils von der Universität, das Praktisch-Technische von der Fachhochschule. Ein Studio beschäftigt sich zum Beispiel mit der Frage zur Nachhaltigkeit digitaler Kommunikation und Media-Produktion, ein anderes mit Fragen zu Journalismus und Digitalisierung. Der Master-Lehrgang «Digital Communication and Creative Media Production» geht nicht nur inhaltlich neue Wege, sondern auch in seiner Form. «Wir bieten Blockveranstaltungen an und haben neue Betreuungs- und Lehrformen integriert», so Puppis. Das speziell für den Studiengang entwickelte didaktische Konzept ermöglicht fallbezogenes Lernen, Teamarbeit sowie eine individuelle Zeitgestaltung.

Der Master ist ein Novum, denn erstmals bieten in der Deutschschweiz eine Uni und eine FH gemeinsam einen Master-Studiengang an. «Wir setzen damit eine bereits begonnen Politik – die Zusammenarbeit mit den Westschweizer Fachhochschulen – konsequent in einem weiteren Bereich fort», sagt Astrid Epiney, Rektorin der Universität Freiburg. Und bekräftigt: «Der Joint-Master nimmt ein Fachgebiet auf, in welchem die Komplementarität zwischen der Fachhochschule Graubünden und unserer Universität besonders vielversprechend erscheint.»

Die Komplementarität der beiden Bildungs-Institutionen ist die Stärke des neuen Joint-Master. Davon ist auch Thomas Hodel, Leiter des Instituts für Multimedia Production IMP an der FHGR, überzeugt. «Diese Kooperation kam zustande, weil wir den Studierenden das Beste aus zwei Bereichen anbieten wollen. Das gelingt uns, weil wir die Stärken beider Hochschultypen kombinieren.» Eine Analyse des Arbeitsmarktes habe ergeben, dass das Mitbringen beider Kompetenzen, der theoretischen und der technischen, besonders nachgefragt wird. «Dieser Studiengang entspricht den Bedürfnissen der Berufswelt. Unsere Studierenden lernen wissenschaftlich fundiert Inhalte direkt umzusetzen,» so Hodel. Auf diese Weise liessen sich übrigens auch Frauen für MINT-Fächer begeistern. Die Ausbildung bewegt sich nicht mehr in klar abgegrenzten Disziplinen und setzt didaktisch auf kreative neue Lernformate. Auch Bianca Baerlocher, Studienleiterin am IMP, ist überzeugt: «Der Studiengang ist klar im Bereich Medien, Medienpraxis und Technik verortet. Mit diesen Schnittstellen verbinden wir die verschiedenen berufs­be­zogenen Realitäten und wirken dem Fachkräftemangel entgegen.»

Die Chancen einer solchen Kooperation liegen auf der Hand, aber lauern auch Gefahren? Astrid Epiney: «Mir scheint bei allen Kooperationen zentral, die Charakteristika der verschiedenen Hochschultypen nicht zu verwischen. Der Erfolg des schweizerischen Bildungssystems beruht gerade auf der Unterscheidung – nicht der Nivellierung – dieser Typen.» Die Stärken der verschiedenen Hochschultypen optimal zur Geltung zu bringen, gelte es bei jeder Kooperation im Auge zu behalten.

Die Anfänge der Zusammenarbeit zwischen der Fachhochschule Graubünden und der Universität Freiburg hat Manuel Puppis hautnah miterlebt. Zu Beginn sei es eine Herausforderung gewesen, überhaupt zu verstehen, was die andere Institution genau macht und wie man sich selbst im Joint-Master einbringen möchte. «Es stand immer die Frage im Zentrum: Wie bringen wir Sozialwissenschaften und Technik zusammen?», so Puppis. Die Zusammenarbeit zwischen der Universität und der Fachhochschule war auch deshalb gut, weil die Vorbehalte gegenüber der jeweils anderen Institution weniger gross seien als in anderen Fächern, wo die Abgrenzung klarer ist.

© FH Graubünden

Die Bildungslandschaft ist in Bewegung und mit dem Joint-Master wird etwas Neues angeboten. «Wir wollten ‹first-mover› sein in einem Bereich, wo wir die Kooperation als sinnvoll sehen», sagt Puppis. Damit wird eine Passerelle ermöglicht, denn ein erfolgreich abgeschlossener Joint-­Master erlaubt es, an der Uni ein Doktorat anzufangen.

Herausforderung KI

Welches sind heute die Herausforderungen für die digitale Kommunikation? «Digitale Kommunikation verändert sich rasant und beeinflusst unsere Gesellschaft in hohem Masse. Diese Prozesse kritisch zu reflektieren und aktiv und im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung mitzugestalten, ist sehr wichtig. In diesem Sinne sollen unsere Studierenden zu selbstbestimmten Arbeitskräften ausgebildet werden», so Bianca Baerlocher. Und weil heute digitale Kommunikation und künstliche Intelligenz oft in einem Satz genannt werden, wird auch auf KI ein Augenmerk gerichtet. «Die künstliche Intelligenz gibt uns neue Möglichkeiten und neue Werkzeuge in die Hand, die wir anwenden. Gleichzeitig setzen wir uns mit den damit einhergehenden ethischen Fragestellungen und den möglichen gesellschaftlichen Veränderungen auseinander», führt Thomas Hodel weiter aus. Und Manuel Puppis ergänzt: «Plattformen, algorithmische Systeme und künstliche Intelligenz sind grosse Herausforderungen für Medien, Öffentlichkeit und Demokratie.

Unser Ziel muss es sein, den Absolvent_innen mit auf den Weg zu geben, wie sie mit aktuellen Veränderungen umgehen und sie mitprägen können.» Neben dem Joint-Master wurde das gemein­same universitäre Forschungsinstitut für digitale Kommunikation und Medieninnovation IDCMI mit Doppelsitz in Chur und Freiburg gegründet. Geleitet wird das IDCMI von einem Professor oder einer Professorin der Universität Freiburg.  Er oder sie wird in Chur wie auch an der Universität dozieren. «Digital Communication and Creative Media Production sind sehr gute Forschungsthemen und eignen sich für interessante Partnerschaften mit der Praxis», so Puppis. Ausserdem wird der Standort Graubünden durch diese Zusammenarbeit im Bereich der Tertiärausbildung gestärkt.

Reglemente und Statuten verfassen, Verträge und Vereinbarungen ausarbeiten, an Konzepten und Inhalten mitarbeiten und schliesslich eine neue Professor_innen-Stelle besetzen: Manuel Puppis hat viel Arbeit hinter sich. Künftig wird er in diesem Projekt kürzertreten, bleibt aber Mitglied des sechsköpfigen Institutsrat des IDCMI. «So kann ich zusammen mit meinen Kolleg_innen von Uni und FH die strategische Ausrichtung des Joint-Master mitgestalten und dessen Entwicklung – gerade in Bezug auf die flexible Studiengestaltung und die innovativen Lernformate – aus der Nähe verfolgen.» Diese Erfahrungen will Manuel Puppis nicht zuletzt in seine Lehre an der Universität Freiburg einfliessen lassen.

Unser Experte Manuel Puppis ist Professor im Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung DCM sowie Mitglied des Institutsrats des neuen Instituts für digitale Kommunikation und Medien­innovation IDCMI in Chur und Freiburg.
manuel.puppis@unifr.ch

Unser Experte Thomas Hodel ist Leiter des Instituts für Multimedia Production IMP an der Fachhochschule Graubünden in Chur.
thomas.hodel@fhgr.ch

Unsere Expertin Bianca Baerlocher ist Studiengangsleiterin des Master «Digital Communication and Creative Media Production» am Institut für Multimedia Production IMP an der Fachhochschule Graubünden in Chur.
bianca.baerlocher@fhgr.ch

Unsere Expertin Astrid Epiney ist Rektorin der Universität Freiburg.
astrid.epiney@unifr.ch