Diese Frau liebt ihren Job: Die Verwaltungsdirektorin der Universität Freiburg Monique Bersier spricht über Gestern und Heute, erinnert sich an prominente Gäste und geschätzte Rektoren und erlaubt einen Einblick in ihren Arbeitsalltag.
Monique Bersier, Sie sind direkt nach dem Studium in die Dienste der Universität Freiburg getreten. Wie kam es dazu?
Noch während meines Studiums ist der damalige Adjunkt des Rektors krank geworden und musste über den Sommer um die vier, fünf Monate aussetzen. Ich bin also sozusagen in die Bresche gesprungen und habe die Stelle interimistisch übernommen. Das muss so 1977 oder 1978 gewesen sein. Das ging auch recht gut, weil es im Sommer sehr ruhig war. Nach dem Studium war ich dann in den USA und später in Zürich. Dann bin vom damaligen Rektor Augustin Macheret engagiert worden. Das war so 1989. Er kannte mich bereits vom Studium und hat mich zu einer Bewerbung ermutigt. Es hat dann, offensichtlich, geklappt.
Haben Sie in den USA gearbeitet?
Nein. Wir haben damals unseren Sohn Nicolas bekommen und ich hatte immer gesagt, wenn ich ein Kind bekomme, werde ich mich während vier Jahren ausschliesslich um das Kind kümmern. Nicht ein Jahr mehr und nicht ein Jahr weniger. Schliesslich hat ein Kind zwei Elternteile, daher müssen auch beide in der Erziehung mitmachen. Wir waren insgesamt etwa zwei Jahre in den USA und etwa zwei Jahre in Zürich.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war damals wohl noch schwieriger als heute?
Ja, damals war noch das alte Rollenmodell vorherrschend. Aber wie Sie wissen bin ich eine Frau mit Temperament und für mich war immer klar, dass ich wieder in die Arbeitswelt zurück will. Als Nicolas so vier, fünf Jahre alt war, nahm ich eine Vollzeitstelle an und mein Mann Jacques hat sich die Aufgaben zuhause mit mir geteilt. Am Dienstag, wenn die Schule aus war, war also besipielsweise ich zuständig und am Mittwoch war dann Jacques an der Reihe.
Und wenn eine Sitzung mal länger gedauert hat?
Meine Mutter hat sehr viel mitgeholfen. Nachdem wir nach Freiburg gezogen sind, hatten wir das Glück eine Mietwohnung gleich gegenüber von meiner Mutter zu finden, so war unser Sohn nie alleine, auch wenn eine Sitzung mal länger gedauert hat als bis 17 Uhr.
Seit Sie ihre Arbeit an der Universität begonnen haben, hat sich einiges verändert. Nicht zuletzt im technischen Bereich mit den Emails und dem Internet.
Die Technik hat sich tatsächlich stark verändert. Daneben hat sich aber auch die Universität unglaublich entwickelt. Wir hatten im Jahre 1989 gut 5’000 Studierende. Jetzt haben wir über 10’000 Studierende und damit natürlich auch mehr Professoren und Professorinnen, mehr Mitarbeitende etc.
Wie hat die Email das Arbeitsleben verändert?
Durch die Email schreiben wir sehr viel häufiger und damit auch viel Unwichtiges. Früher hatte man noch Briefe geschrieben, sowohl intern an den Rektor oder extern etwa an Staatsräte und musste sich gut überlegen, was man da reinschreibt. Heute schreibt man einfach drauflos.
Ist es jetzt besser und schlechter?
Hm, ich würde sagen schlechter auf keinen Fall. Es gibt Veränderungen und wir Menschen müssen einen Weg suchen, wie wir diese in die richtigen Bahnen lenken. Aber es ist wohl schwerfälliger geworden.
Sie haben schon mit vielen Menschen an der Universität zu tun gehabt, mit verschiedenen Rektoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mit wem haben Sie besonders gerne zusammengearbeitet oder ein spannendes Projekt umgesetzt?
Eine sehr schöne Zusammenarbeit hatte ich mit Herrn Andreas Hurni, als wir die Dienststelle Unisport aufgebaut hatten. Es war eine sehr heikle Aufgabe, die viel Gespür und Überzeugungsarbeit brauchte. Herr Hurni und ich hatten aber nie Probleme oder gar Streit. Es war stets angenehm und wir haben ein schönes Projekt umgesetzt. Aber gute Zusammenarbeiten gab es natürlich häufig. Herr Hurni ist mir einfach spontan als Erster eingefallen.
Was war denn am Ausbau des Dienstes Unisport so heikel?
Der damalige Universitätssport entwickelte das Sportangebot so wie es heute ist und organisierte auch einen Teil der universitären Ausbildung von Sportlehrerinnen und Sportlehrern. Das war eine akademische Aufgabe und wir haben diesem Bereich aus dem Unisport herausgelöst und in die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät übergeben, in den Fachbereich Sport- und Bewegungswissenschaften. Damit ist natürlich der prestigeträchtige Teil der akademischen Lehre weggefallen, was nicht allen gepasst hatte.
Gab es auch schwierige Zeiten?
Ja, natürlich das gab es. Wie Sie wissen wechselt das Rektorat alle vier Jahre. Das Personal der zentralen Dienste muss sich also immer wieder anpassen an eine andere Art zu arbeiten. Das ist manchmal einfacher und manchmal schwieriger.
Was macht die Verwaltungsdirektorin eigentlich den ganzen Tag?
Das frage ich mich manchmal auch. Früher, bis in die 90er Jahre, umfasste meine Stelle alle zentralen Dienste. 1995 haben wir die Direktion aufgeteilt und mein Kollege Lukas Bucher hat den akademischen Teil übernommen, also den Bereich für die Studierenden, der beispielsweise die Zulassungen oder auch den Sozialdienst umfasst. Mir als Verwaltungsdirektorin unterstehen die Bereiche Personaldienst, Gebäudedienst sowie verschiedene Verwaltungsbereiche, wie auch die Finanzen – ein ganz wichtiger Teil meiner Arbeit. Ich muss die Finanzen überwachen und die Budgets erstellen. Diese Arbeit mache ich zusammen mit der Rektorin und ich bin dafür besorgt, dass die Regeln eingehalten werden. Insgesamt sehe ich meine Aufgabe darin, für alle eine gute Arbeitsplatzsituation zu schaffen. Und natürlich muss ich die Direktiven des Rektorats umsetzen und an die Dienste weitergeben und allenfalls auch erklären, warum das nun so ist.
Als Herrscherin über die Finanzen erleben Sie auch immer wieder Druck von verschiedenen Seiten. Ist das für Sie ein Stress oder sehen Sie das eher technisch-pragmatisch?
Das ist schon Stress. Wenn das Budget gekürzt wird, muss ich mit der Rektorin oder dem Rektor zusammensitzen und schauen wie man das Problem am besten löst. Wo man den Rotstift ansetzen soll und welche Argumente es dafür gibt. Das sind keine angenehmen Aufgaben.
Welches Ereignis an der Universität hat sich Ihnen besonders eingeprägt?
Ein speziell grosser Anlass war der Besuch des Papstes Johannes Paul II im Jahre 1983. Das war ein eindrückliches Erlebnis. Interessant war auch der Besuch des spanischen Königs Juan Carlos, als er den Ehrendoktor erhielt. Damals musste ich für einen Tag mein Büro Königin Sophia zur Verfügung stellen, damit sie Gelegenheit hatte sich auszuruhen. Als ich am nächsten Tag zur Arbeit kam, hing immer noch dieser royale Duft in der Luft (lacht).
Promi-Besuche als besondere Herausforderung?
Ja, kann man sagen. Ein spezieller Anlass war auch der Besuch des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Ich habe noch nie so viele Menschen an unserer Uni gesehen wie damals. Man hatte den Eindruck, als wolle der ganze Kanton Freiburg Helmut Kohl hören. Wir mussten Sicherheitsschranken aufstellen und eine spezielle Security organisieren. Und trotzdem kam es zum Schluss zu einer lustigen Anekdote.
Retrouvez, en français, les anecdotes qui ont marqué Monique Bersier.
Was ist passiert?
Kohl hat seine Rede gehalten. Danach erhob sich der damalige Syndic der Stadt Freiburg, Dominique de Buman, um dem Bundeskanzler eine Strassentafel zu übergeben. Einige Wochen zuvor hatte Freiburg nämlich entschieden, die Strasse bei der Uni Miséricorde in Avenue de l’Europe umzubenennen. De Buman hob die Strassentafel mit der Bezeichnung „Av. de l’Europe 20“ hoch und erklärte feierlich, dass Freiburg eben auch in Richtung Europa schaue. Die Idee war, dass Kohl im Anschluss die Tafel aufhängen sollte. Doch dieser hatte das offenbar nicht verstanden und die Tafel dann einfach mitgenommen, weil er dachte, sie wäre ihm als Geschenk überreicht worden. Die Tafel muss jetzt also irgendwo in Berlin sein.
An der Uni gibt es ja viele spannende Personen. Welche haben Sie besonders beeindruckt im Laufe Ihrer langen Karriere?
Da gibt es einige. Professor Luigi Tagliavini war sehr faszinierend. Oder Prof. Jean-Marie Valarché, ein Ökonom. Man hatte den Eindruck, er sei ein wandelndes Buch. Er wusste einfach alles. Eine beeindruckende Persönlichkeit hat auch Prof. Othmar Keel, der das Museum Bibel + Orient gegründet hatte. Er konnte einen mit seiner Begeisterung richtig anstecken. Und natürlich Paul-Henri Steinauer, der Rechtsprofessor und spätere Rektor. Ich kannte ihn gut, weil ich auch Kurse bei ihm besucht hatte. Er war ein Intellektueller und hatte eine beeindruckende Persönlichkeit. Ihn umgab eine Aura. Zudem war er auch ein Visionär. Wenn er etwas gesagt und erklärt hatte, dann hat man es einfach geglaubt und war überzeugt auf dem richtigen Weg zu sein. Ich habe sehr gerne mit Rektor Steinauer zusammengearbeitet.
Duzt man sich eigentlich, wenn man so nahe zusammenarbeitet?
Nein, ich habe nie geduzt. Die einzige Person, die ich duze, ist die aktuelle Rektorin. Dies liegt daran, dass wir uns schon vorher gekannt haben. Ich duze sehr selten. Dass mein Kollege Bucher und ich uns sehr lange Zeit gesiezt haben, hat zu manch einem Spruch geführt. Lukas Bucher kam ja auch schon 1995 an die Uni und wir haben uns erst so um 2012 zu duzen begonnen, als ich mal an einem Anlass gemurmelt habe, dass man sich eigentlich auch „Du“ sagen könnte. Das „Sie“ bringt halt etwas mehr Distanz als das „Du“ und das ist mir lieber.
Welcher Teil Ihrer Arbeit ist Ihnen der liebste?
Am liebsten mache ich die Finanzen. Das ist das Spannendste. Auch interessante ist der Bereich der Gebäudeverwaltung. Da muss ich immer ein bisschen kämpfen und es ist stets innovativ.
Was mögen Sie nicht an Ihrem Job?
Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit. Was ich manchmal nicht so mag sind zu viele Sitzungen. Weil ich dadurch in einigen Dossiers dann nicht weiterkomme.
Ist die Uni noch dieselbe wie damals, als Sie studiert haben?
Ich finde die Studierenden von heute sind nicht mehr so frei im Kopf, wie wir es waren. Wir haben noch aus Lust studiert. Heute gilt es, etwas daraus zu machen, die Karriere zu planen – und das spürt man. Ich glaube, die heutigen Studierenden sind weniger glücklich. Wir haben natürlich auch studiert und waren fleissig, aber wir hatten auch noch Zeit zum Feiern.
Gab es früher mehr Parties als heute?
Also wenn ich auf meinen Freundeskreis zurückschaue, dann denke ich, dass wir mehr Parties machten als dies heute der Fall ist. Wobei erst kürzlich einige Junge ja ein grosses Fest in der BlueFactory organisiert haben, die Unifactory. Es gibt sie also schon noch, die Parties. Aber natürlich sollte man nicht nur feiern, sondern auch studieren (schaut streng).
Ihre Arbeit macht Ihnen offensichtlich noch immer Spass…
Ja absolut. Wenn ich Leute an der Uni sehe, die gebeugt gehen und keine Lust mehr haben, dann denke ich immer, sie sollten etwas verändern. Dieses Gefühl hatte ich persönlich nie.
Video: Christian Doninelli
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