Denis Honegger, der Architekt der Miséricorde, hatte eine romantische Idee. Leider hatte die Realität so ihre Tücken.
Man konnte den salzigen Geruch der Ägäis beinahe riechen. Konnte hören, wie ihre Brandung die Freiburger Altstadt umspülte. Sehen, wie die mediterrane Sonne auf die Anhöhe der Universität schien, wo ein moderner Sokrates seinen auf den Stufen eines Amphitheaters sitzenden Studenten die Welt erklärte.
© – Hugo P. Herdeg, 1941
Solche Traumbilder könnten es gewesen sein, die den Architekten Denis Honegger dazu inspirierten, beim Bau der Miséricorde etwas Einmaliges zu schaffen: ein «auditoire en plein air» – einen Freiluft-Hörsaal. Honegger, bei Baubeginn 1937 gerade mal 30jährig, suchte den Spagat zwischen antiken Idealen und avantgardistischen Visionen: Sichtbeton und Mosaike, Nymphenreliefs und kantige Linien. Und eben einen Hörsaal, der ganz nach griechischem Ideal an der frischen Luft liegen sollte.
© – Photographe inconnu, environ 1950
Natürlich hat die Idee des Openair-Auditoriums nicht funktioniert. Freiburg war nicht Athen, die Saane nicht die Ägäis und das Freiburger Wetter – war eben das Freiburger Wetter. Im Winter füllte sich das Amphitheater mit Schnee, im Sommer waren schon damals Semesterferien und war es abwechslungsweise zu heiss, zu kalt, zu regnerisch, zu windig oder einfach zu unbequem auf den Stufen. Selbst wenn das Wetter ausnahmsweise gerade passte, blieb das Problem der Akustik: Studierende auf den oberen Rängen hörten die Geräusche der Stadt wohl besser als die Reden ihrer Professoren.
© -Hugo P. Herdeg, 1941
Das Freiluft-Auditorium wurde kaum benutzt. Was heute ein Fressen für die politische Opposition oder die Presse wäre, bot damals kaum Anlass für Kritik. Das Gebäude der Miséricorde war auch ohne die Spielerei auf dem Dach gross genug und die Freiburgerinnen und Freiburger waren vor allem stolz, ihre neue Universität trotz Krieg und anderen Widrigkeiten 1941 einweihen zu können.
© – Hugo P. Herdeg, 1941
Das Auditorium verschwand 1967. Mehr Studierende benötigten mehr Platz und so erhielt der Freiluft-Hörsaal ein Dach, Bänke, Tische und weiteren Luxus. Seither bietet er als «Auditorium C» Platz für rund 200 Studierende. Vom ehemaligen Freiluft-Auditorium sind immerhin die Sichtbetonmauern und die grosszügigen Fensterfronten geblieben – sowie ein paar fantastische, beinahe traumartige Schwarz-Weiss-Bilder.
© – Hugo P. Herdeg, 1941
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