Aushängeschilder des Adolphe Merke Instituts (AMI), erfolgreiche Wissenschaftlerinnen und Familienfrauen – Prof. Alke Fink und Prof. Barbara Rothen-Rutishauser teilen sich seit 2011 neben der Professur auch die Leitung der Gruppe Bio-Nanomaterialien an der Universität Freiburg. Im Interview verrät Prof. Alke Fink, was man alles erreichen kann, wenn man Spass an seinem Job hat.
Frau Fink, was ist Ihre Aufgabe an der Unifr?
Ich bin Professorin einer Forschergruppe am Adolphe Merkle Institut, das heisst, wir forschen im Bereich Nanotechnologie und meine Gruppe bildet dementsprechend viele Doktoranden aus. Zudem bin ich zu 40 Prozent als Professorin am Chemiedepartement der Universität Freiburg angestellt.
Mit welchen Fragen kann ich mich an Sie wenden, wenn ich eine Expertenmeinung benötige?
Ich kann Ihnen weiterhelfen, wenn Sie wissen wollen, wie Sie Nanopartikel messen oder detektieren können oder wenn Sie schauen wollen, ob es solche Partikeln in Produkten hat (Kosmetik, Lebensmittel, etc.)
Wann kamen Sie auf die Idee, dass Chemie, bzw. später Materialwissenschaften etwas für Sie sein könnten?
In der elften Klasse hatte ich eine superstrenge Chemielehrerin, welche die wenigsten Schüler mochten. Durch diese Strenge hat sie aber auch die Leute total herausgefordert. Die hat das dann irgendwie aus mir herausgekitzelt und ab da war klar, dass ich Chemie studieren möchte.
Gab es auch noch andere Mädchen, die diese Motivation entwickelten?
Kaum.
Worauf führen Sie das zurück?
Ich hab das Gefühl, dass Mädchen schon von ganz früh an denken, dass sie schwächer in Mathematik und Naturwissenschaften sind. Umgekehrt auch bei den Jungs, die eher von sich behaupten, sprachlich nicht so talentiert zu sein.
Wird einem das schon als Kind so eingetrichtert?
Das frage ich mich auch. Mir wurde z.B. nicht gesagt, ich sei schlechter in Mathe als in Sprachen. Aber meine Mutter z.B. war der Meinung, ich solle «etwas mit Latein und Sprachen» machen. Mein Vater fand Mathematik passender. Vielleicht können Mädchen wirklich besser lesen oder sie schreiben lieber – aber dass einem das eingetrichtert wird, kann ich nicht bestätigen. Da gibt es aber sicher verschiedene Studien darüber.
Zieht es mittlerweile mehr Frauen in die Naturwissenschaften?
Ich glaube schon. Wir haben z.B. bei uns in der Gruppe ca. 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer. In Barbara Rothen-Rutishausers Bereich – der Biologie – hat es z.B. einen ziemlich hohen Frauenanteil. Durch unser flexibles Arbeitsmodell erhalten wir auch viele Bewerbungen von Wissenschaftlerinnen, die z.B. schon Mama sind und nach einer Teilzeitstelle suchen. Barbara und ich machen ziemlich viel Mentoring und das scheinen die Frauen positiv aufzunehmen.
Wie stellen Sie es bei Ihrer Tochter an, dass die sich für Naturwissenschaften interessiert?
Das ist nicht schwierig, wenn Mama und Papa in diesem Bereich arbeiten. Als Jugendliche versucht man zwar meist, in die Gegenrichtung zu steuern, aber sie war natürlich oft bei mir im Labor und diesen Themen deshalb schon seit klein eher «ausgesetzt». Sie ist jetzt 14 und hat noch keine komplizierte Physik oder Chemie in der Schule. Aber ich versuche sie zu motivieren, indem ich sie positiv unterstütze, wenn sie z.B. eine etwas anspruchsvollere Mathe-Aufgabe richtig gelöst hat. Uns ist es wichtig, dass sie versteht, was sie gerade tut und eine Aufgabe nicht einfach nur löst, damit sie gelöst ist.
Also kein Chemiebaukasten zu Weihnachten?
Um Gotteswillen, nein! Aber ich muss fairerweise schon gestehen: Sowohl mein Mann als auch ich hatten als Kinder bereits einen eigenen Chemiebaukasten. Viele meiner Chemiker-Kollegen übrigens auch.
Woher nehmen Sie die Zeit und Energie, der Familie, 30 Angestellten, eigener Forschung, Publikation und Institutsleitung gerecht zu werden?
Wenn man Teilzeit arbeitet, entwickelt man eine unglaubliche Effizienz. Da hat man seine fixen Punkte, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein müssen und zwischendurch auch viel Unvorhergesehenes. Prioritäten zu setzen ist wichtig, um in der Sache, an der man gerade dran ist, 100 Prozent geben zu können. Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass mein Mann auch in einem reduzierten Pensum arbeitet. Wir haben uns privat alles sehr gleichmässig aufgeteilt. Und man muss sich abgrenzen können – das Gehirn braucht auch mal Pause, um wieder kreativ sein zu können.
Wie sehen diese Pausen bei Ihnen aus?
Ich koche sehr viel und gerne und wir rösten Kaffee zu Hause. Ein riesiges Hobby ist auch das Reisen – wir lieben es, jede freie Minute einen neuen Trip zu planen. Und um den Kopf zu leeren natürlich Sport!
Sie teilen sich die Professur und die Leitung der Gruppe Bio-Nanomaterialen mit Prof. Barbara Rothen-Rutishauser – wie kamen Sie auf die Idee einer Doppel-Professur?
Für uns beide war klar, dass wir das nur gemeinsam machen möchten. Die Gruppenleitung ist eine 150 Prozent-Stelle und wir hatten vor sechs Jahren, als das Thema aktuell war, beide noch kleinere Kinder. Wir hatten das Glück, dass es an der Universität Freiburg bereits andere Doppelprofessuren gab – also nutzten wir die Chance und bewarben uns gemeinsam. Dass wir unterschiedliche Expertise haben, half sicher auch.
Hat Ihr eigener Lebensentwurf Auswirkungen auf Ihre 30 Angestellten? Z.B. in Sachen Teilzeitarbeit?
Auf jeden Fall! Wir haben in der Gruppe zahlreiche Familienmodelle, von teilweise Home Office zu reduzierten Pensen usw. und unterstützen das mit Leib und Seele. Man hat auch ein anderes Verständnis, wenn mal jemand wegen eines Kindes ausfällt.
Solche Chefinnen wünscht sich doch jeder!
Ich denke, jeder, der selber solche Situationen erlebt hat, kann sich da reinfühlen. Es ist nicht immer einfach, einen Weg zu finden, der für sich, die Familie und den Job passt – und für andere ist es manchmal schwierig, Verständnis aufzubringen.
Welches sind momentan die wichtigsten Projekte, an denen Ihr Team arbeitet?
Wir sind eine sehr interdisziplinäre Gruppe. Chemiker, Physiker, Biologen – alles bunt gemischt. Dies führt zu einem ausgedehnten Forschungsgebiet. Wir arbeiten vor allem mit Nanopartikeln und forschen dort, wie Nanopartikel mit z.B. Zellen, wechselwirken. In den letzten Monaten hatten wir einige sehr grosse Projekte. Es ging darum, Methoden zu finden, diese Nanopartikel in Konsumentenprodukten wie z.B. Kosmetika oder Lebensmitteln zu detektieren. Wir befassen uns vor allem damit, wie man diese Nanopartikel erfassen und analysieren kann. Früher oder später wird dies für die Verbraucher auf den Verpackungen deklariert werden müssen. Diese Nanopartikel sind manchmal wie die Nadel im Heuhaufen – und genau damit beschäftigen wir uns.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Lehrstuhls?
Ich würde mir wünschen, dass das Arbeiten auf universitärer Ebene noch familienfreundlicher wird. Meetings beispielsweise auf die Mittagspause legen und nicht abends auf 18 oder 19.30 Uhr. Klar ist das manchmal schwierig zu organisieren. Andererseits ist es oft auch schwierig, abends noch eine Kinderbetreuung aufzutreiben.
Und was wünschen Sie sich privat?
Abends nach Hause zu kommen und einfach Feierabend zu haben. Forschung ist eine Sache, die einen irgendwie immer verfolgt. Da kommen die Ideen auch, wenn man gerade nicht arbeitet. Wenn man seinen Job liebt, ist es manchmal schwierig, das Hirn auszuschalten. Andererseits ist es genau diese Leidenschaft, die eine enorme Energie und Motivation verleiht.
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