Die Career Services sind noch kein Jahr alt – und bieten bereits spannende Angebote für Studierende und Doktorierende.
Herr S., Sie helfen Studierenden und Doktorierenden, eine Stelle zu finden. Wie sind Sie selbst zu Ihrem Job gekommen?
Ich habe hier in Freiburg Soziologie, Ethnologie und Religionswissenschaften studiert und habe dann einen ziemlichen Slalomlauf hingelegt. Erst habe ich als Sozialarbeiter mit Flüchtlingen gearbeitet, dann war ich Journalist bei Radio RaBe, der Aargauer Zeitung und habe ein Praktikum bei GEO gemacht. Und schliesslich war ich damit betraut, arbeitslosen Menschen auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt zu helfen.
Und dabei haben Sie hunderte Lebensläufe studiert.
Mindestens! Und ich konnte meine journalistische Erfahrung einbringen. Das Prinzip «show don’t tell» lässt sich auch auf Motivationsschreiben anwenden. Wenn jemand schreibt, er sei innovativ, dann ist das ein leeres Wort; das prallt ab. Wenn er aber schreibt, er habe in der Kanti ein Start-Up gegründet und Schleckstängel mit neuen Aromen entwickelt, dann beginnt die Sache zu leben.
Sie helfen den Studierenden aber nicht nur mit Motivationsschreiben und CVs. Was bieten die Career Services insgesamt?
Unser Service hat drei Pfeiler: 1. Einzelberatungen und Coachings, 2. Workshops zu verschiedenen Themen des Berufseinstiegs und 3. die Vernetzung mit der Berufswelt. Beim letzten Punkt planen wir beispielsweise, mit den Alumni ein Mentoring-Netzwerk aufzubauen und laden Arbeitgeber an die Uni ein. Am 21.10.2019 ist beispielsweise die Bundesverwaltung zu Gast.
Der Name «Career Services» klingt etwas nach Lackschuhen und Krawatte. Ist Ihr Ziel, möglichst viele Studierende in gut bezahlte Jobs zu bringen?
Natürlich wollen wir, dass unsere Studierenden gut bezahlte Jobs finden. Aber wichtiger ist uns, dass sie einen Job finden, den sie gerne machen, den sie sinnvoll finden und in welchem sie sich selbst zur Entfaltung bringen können. Aber Sie haben recht, die Bezeichnung «Career Services» stösst zuweilen auf Ablehnung. Kürzlich war ich an einem «Employer Forum», wo gern von «recruiting the best of the best» gesprochen wurde. Das ist nicht meine Perspektive. Wir sehen das Wort Karriere neutral – wir machen alle eine Karriere. Die kann steil nach oben führen, aber auch vielfältig und breit sein. Wir wollen einfach, dass unsere Studierenden in ihrem Berufsleben nicht bloss herumgeschleudert werden, sondern auch ihre Wünsche verfolgen können.
Mit welchen Fragen kommen Studierende denn zu Ihnen?
Zunächst einmal geht es um ein simples, technisches Problem: Wie komme ich vom Studium zum Job? Und manche Studierende sind da ziemlich gestresst. Das ist verständlich, denn manche Leute sind nach der Uni erst einmal arbeitslos und das ist kein schönes Gefühl.
Trotzdem lohnt es sich, nicht gleich die erstbeste Stelle anzunehmen, für die man ungefähr qualifiziert ist, bloss weil man Angst hat, dass man sonst überhaupt nichts findet. Wenn Sie bis Mitte zwanzig studieren, dann haben Sie noch 40 Jahre in der Arbeitswelt vor sich. Deshalb ermuntere ich die Studierenden, neugierig zu sein und genau zu spüren, wo das eigene Feuer brennt.
Sie sagen also, dass man alles werden kann, wenn man nur daran glaubt?
Ganz so naiv bin ich nicht. Aber es gibt ein Zitat von Seneca, das unsere Arbeit begleitet. «Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige». Und das merkt man beispielsweise bei den Bewerbungsschreiben. Wenn jemand nicht weiss, ob er den Job wirklich will, dann merkt man das. Wobei es positiv formuliert noch mehr stimmt: Man merkt es, wenn jemand einen Job wirklich will.
Aber woher soll man wissen, was man will? Man hat den neuen Job ja noch nie gemacht.
Kafka hat gesagt «Wege entstehen dadurch, dass man sie geht». Es kann sein, dass eine Stelle bei genauerer Betrachtung anders ist als gedacht. Oder dass sich die eigenen Interessen verschieben. So what? Jemand, der im Journalismus anfängt, arbeitet später vielleicht in der PR. Das ist heute normal. Die allermeisten von uns machen im Lauf ihres Lebens ganz unterschiedliche Berufe.
Sie wollen den Studierenden also den Druck nehmen.
Ja. Und ich ermuntere sie dazu, selbstbewusst zu sein. Sie sollen sich nicht überlegen «Wo gibt es einen Job auf den ich mich bewerben könnte?» . Sie sollen sich überlegen «Wo bin ich gut? was macht mich aus? Was tue ich gern?». Sie sollen bei ihren Fähigkeiten anfangen – nicht bei ihren Ängsten.
Was raten Sie den Studierenden noch?
Sich nicht stromlinienförmig zu machen. Sonst schreibt man viel zu glatte CVs und Motivationsschreiben. Und in denen fehlt das Leben. Wer sich bewirbt, bewirbt sich als Persönlichkeit. Da gehört auch dazu, was man in der Freizeit tut, wofür man sich engagiert und es gehört auch dazu, wo man gescheitert ist. Da kann man dann sagen: «das habe ich versucht, es hat nicht geklappt, und das habe ich daraus gelernt». Man soll nicht nichts verstecken, aber man soll nicht das Gefühl haben, dass man nur ein Chance hat, wenn man überhaupt keine Ecken und Kanten hat.
Welche Rolle spielen elektronische Kanäle bei der Bewerbung?
Eine immer grössere und sie wird weiter wachsen. Und gerade hier treten allerlei Anbieter mit grossen Versprechen auf. Es ist ein weites, unübersichtliches Feld, in dem man sich auch verlieren kann. Deshalb raten wir den Studierenden, sich gut zu überlegen, welche Social-Media-Tools sie nutzen wollen und welche nicht. Besser nur ein gutes LinkedIn-Profil als lauter schlecht bewirtschaftete Profile bei Facebook, Xing, LinkedIn und Instagram.
A propos Zukunft: Was können die Studierenden in den nächsten Jahren von den «Career Services» erwarten?
Die Career Services werden Ihr Angebot in nächster Zeit laufend diversifizieren. Wir möchten massgeschneiderte Angebote bieten für alle Studierenden. Wir möchten spezifische Angebote für Doktorierende entwickeln, die sich eine ausserakademische Karriere vorstellen können. Weiter möchten wir auch zusammen mit den Fakultäten fächerbezogene Veranstaltungen organisieren. Dann werden wir auch vermehrt potentielle Arbeitgebende zu sogenannten Lunchtalks an die Universität holen, von der Privatwirtschaft über internationale und nationale Organisationen bis hin zu Institutionen der öffentlichen Hand. Schliesslich soll es künftig auch an der Universität Freiburg eine «Lange Nacht der Karriere» geben, wo Arbeitgebende, Alumni und Studierende sich in einer spielerischen Art und Weise austauschen und voneinander lernen können.
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