Seit Oktober leitet Patrick Erni den Personaldienst der Universität Freiburg. Er will die Digitalisierung weiter vorantreiben – auch damit sein Team weniger mit administrativen Aufgaben beschäftig ist und dafür vermehrt beratend zur Seite stehen kann, zum Beispiel bei Führungsfragen.
Patrick Erni ist ein gefragter Mann, das wird während des Interviews schnell klar. Bald einmal klingelt das Telefon, ein Bewerber hat eine Frage. Wenig später klopft es an der Tür, eine Mitarbeiterin benötigt eine Unterschrift. Seit dreieinhalb Monaten leitet Erni den Personaldienst der Universität Freiburg, mit seinem 17-köpfigen Team – alles Frauen – stemmt er eine Mammutaufgabe. Die Zahl der Uni-Angestellten variiert zwischen 2500 und 3000. Doktorassistent_innen, Lektor_innen, Gärtner_innen, Elektriker_innen, Tierpfleger_innen: Das berufliche Spektrum könnte breiter kaum sein. «Wir sind wie eine eigene kleine Stadt», sagt der zweisprachige Bieler. Da kommt einiges zusammen: Pro Jahr erstellt der Personaldienst gegen die 1800 Verträge, verarbeitet 4500 Stundenabrechnungen und bearbeitet 250 Unfallmeldungen, um nur drei Zahlen zu nennen.
Ein schwieriger Start
«Die Uni Freiburg ist eine grosse Institution, ein spannendes, dynamisches Umfeld. Mir gefällt es sehr gut», sagt Erni, der zuvor im HR-Bereich bei einer Bank arbeitete. Die Umstände beim Start waren hingegen alles andere als ideal, und sie sind es auch heute noch nicht. Als er im Oktober anfing, dauerte es nur zwei Wochen, bis im Kanton Freiburg die COVID-19-Fälle in die Höhe schnellten. Seither wird der Grossteil der Arbeit im Homeoffice gemacht, Gespräche vor allem virtuell geführt. «Das Informelle fehlt ein wenig. Als Neuer ist es momentan komplizierter, sich zu vernetzen und die Leute, mit denen man es zu tun hat, besser kennenzulernen.» Rein auf die Arbeit bezogen gelinge es dank des flexiblen Teams jedoch gut, die Prozesse im Griff zu behalten. «Zum Glück sind wir digital schon ganz gut aufgestellt. Vor fünf Jahren wurden alle Personaldossiers digitalisiert. Würden die immer noch in grossen Schränken herumstehen, wäre Homeoffice kaum möglich.»
Der digitale Schalter als wichtigstes Tool
Patrick Erni will die Digitalisierung an der Universität weiter pushen. «Es kommt kaum noch jemandem in den Sinn, ein Arztzeugnis in ein Couvert zu legen. Mittlerweile sind die meisten soweit, dass sie den Reflex haben, einen Scan zu machen und es per E-Mail zu schicken.» Das sei bereits durchaus löblich. «Aber es geht noch besser. Man kann die meisten Dokumente direkt auf unserem Onlineportal hochladen. Dann ist es sofort am richtigen Ort.» Das interne Portal MyUnifr ist für den Personaldienst das wichtigste Tool. «Unfall, Krankheit, Mutterschaft, Adoption, unbezahlter Urlaub, Bestätigungen – so gut wie alles kann über den elektronischen Schalter gemeldet und eingereicht werden.» Das Angebot werde weiter ausgebaut, verspricht Erni. «Es soll noch mehr Selfservice geben.»
Hilfe bei zwischenmenschlichen Problemen
Die Rechnung ist einfach: Je mehr Zeit der Personaldienst dadurch spart, dass die Leute am elektronischen Schalter ihre administrativen Prozesse selbst abwickeln, desto mehr Zeit bleibt für andere Dienstleistungen. Patrick Erni hat klare Vorstellungen davon, wie er mit seinem Team diese zusätzliche Zeit nutzen will. «Wir sollen als Kompetenzzentrum für Personalfragen wahrgenommen werden», antwortet er auf die Frage nach seiner Vision. Weniger administrativer Aufwand, mehr Beratung. «Zum Beispiel bei Führungsthemen.» Was tun, wenn bei Mitarbeiter_innen plötzlich ein deutlicher Leistungsabfall zu beobachten ist? Oder sich jemand sehr oft krankmeldet? Nicht alle Akademiker_innen, die eine Führungsposition bekleiden, haben sich in ihrer beruflichen Karriere gross mit Betreuungsfragen auseinandergesetzt. «Deshalb helfen wir gerne – auch bei Konfliktsituationen und zwischenmenschlichen Schwierigkeiten.» Der Personaldienst stehe allerdings nicht nur im Konfliktfall beratend zur Seite. «Wir zeigen auch gerne auf, wie man sich ein Bewerbungsdossier genau anschaut.»
In anderen Bereichen des Personalwesens möchte Erni gewisse Prozesse standardisieren, um zu helfen. Dazu gehören etwa vorgegebene Textbausteine für Arbeitszeugnisse oder auch vereinheitlichte Fragebogen für das erste Interview bei Bewerbungsgesprächen.
Einer der attraktivsten Arbeitgeber der Schweiz
«Wir wollen unsere Präsenz verstärken. Die hohe Qualität im Bereich der Dienstleistung sicherstellen», sagt Erni. Letztlich gehe es darum, dass sich die Angestellten der Universität möglichst wohlfühlten. «Die Uni Freiburg ist schon jetzt eine sehr attraktive Arbeitgeberin. In den meisten Funktionen sind die Arbeitszeiten flexibel, Teilzeitarbeit ist möglich, es gibt Angebote wie den Unisport oder den Rotkäppchendienst, der Notfall-Lösungen für die Kinderbetreuung anbietet. Zudem werden Gleichstellung und Diversität gelebt. Das Gesamtpaket stimmt.» Das zeigt auch eine Umfrage, die die „Handelszeitung“ und „Le Temps“ durchgeführt haben und im März in einer Spezialausgabe veröffentlichen werden. Tausende Mitarbeiter_innen in der Schweiz wurden befragt, ob sie ihren eigenen Arbeitgeber empfehlen können und welche anderen Arbeitgeber in ihrem Sektor sie empfehlen würden. Das Resultat: Die Universität Freiburg belegt einen der vordersten Ränge. «Das ist eine schöne Anerkennung und ein gutes Zeichen», sagt Patrick Erni. «Nun geht es darum, uns ständig weiterzuentwickeln, um attraktiv zu bleiben.»
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Webseite des Personaldienstes der Unifr
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