Literaturwettbewerb 2022: «Mit Greta im Gebirge»

Literaturwettbewerb 2022: «Mit Greta im Gebirge»

Der traditionelle Literaturwettbewerb der Universität Freiburg findet alle zwei Jahre statt. Ausgezeichnet werden Texte in den Sprachen, die in der Hochschullehre vertreten sind. Gewinnerin in der deutschen Sprache ist im Jahr 2022 Alyna Reading.

Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Literaturwettbewerbs. Was bedeutet Ihnen dieser Sieg?
Es freut mich, dass meine Kurzgeschichte der Jury gefallen hat. Umso mehr, als dass der Text mir persönlich viel bedeutet. Es ist schön, für sich selbst zu schreiben, aber die Anerkennung hat mich auch motiviert, wieder mehr Zeit in meine Texte zu investieren.

Warum haben Sie an diesem Wettbewerb teilgenommen?
Einer meiner Spanisch-Dozenten hat die Teilnehmenden unseres Kurses auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht. In seinem Seminar mussten wir immer mal wieder Kreativtexte schreiben. Da dachte ich mir: Solange ich nicht auf Spanisch schreiben muss, kann ich es mal probieren.

Was hat Sie motiviert, diesen Text zu schreiben?
Eine erste Version dieses Textes entstand nach einer sechsstündigen Wanderung im Schwarzsee. Mich liess ein Bild nicht mehr los: Ich ging mit meinen Freundinnen über einen Grat zum Patraflon, als plötzlich eine Wolke über uns hereinrollte. Wo zuvor strahlend blauer Himmel gewesen war, konnte man nun keinen Meter weit sehen. Es war, als beschränke sich die Welt auf diesen schmalen Grat. Der Kontrast zwischen den bunten Blumen und der weissen Wolkenwand beeindruckte mich. Sobald ich zu Hause angekommen war, versuchte ich diese Atmosphäre in einer Geschichte einzufangen.

Alyna Reading stammt aus dem Gantrischgebiet im Kanton Bern und hat 2022 ihren Bachelor in Zeitgeschichte und Spanisch an der Uni Freiburg abgeschlossen.

Ohne viel zu verraten: Worum geht es?
«Mit Greta im Gebirge» handelt von zwei Frauen, die auf einer Wanderung in ein Gewitter geraten. Dort sind sie der Natur in einer Weise ausgesetzt, die sie im Alltag nicht kennen. Ich habe versucht, dieses Ausgeliefertsein einzufangen. In solchen Moment erleben wir ja nicht nur die Welt intensiver, sondern auch unsere eigenen Ängste und Sehnsüchte.

Haben Sie eine Schreibroutine?
Ich rede mir ein, dass ich absichtlich keine Routine habe. Literarische Texte schreibe ich zur Freude und daher einfach dann, wenn ich Lust dazu habe. Um nicht aus der Übung zu kommen, schreibe ich Tagebuch. Für mich ist klar: Damit ich gut schreiben kann, muss ich etwas erleben. Wenn ich nichts zu sagen habe, dann macht es mir keinen Spass zu schreiben. Ich möchte nicht, dass das Schreiben eine Aufgabe wird, die ich abhaken muss, so wie andere unliebsame Arbeiten.

Wie würden Sie Ihren Schreibstil beschreiben?
Ich kenne mich nicht so gut aus, mit literarischen Stilen und Epochen, wie ich dies vielleicht nach meinem Studium sollte. Ich versuche mit kurzen Sätzen eine Stimmung zu schaffen. Vielleicht würde ich manche Elemente als «magischen Realismus» bezeichnen.

Wer sind Ihre literarischen Vorbilder?
Obwohl ich keine Gedichte schreibe, sind die meisten meiner literarischen Idole Dichter_innen: Rilke, Bachmann, Whitman. Mir gefällt auch der magische Realismus der südamerikanischen Literatur. Besonders Isabel Allendes «Das Geisterhaus» hat mich sehr geprägt.

Sind weitere literarische Projekte geplant?
Im Januar habe ich eine Kurzgeschichte bei der Ausschreibung der Solothurner Literaturtage eingereicht. Jetzt schreibe ich wieder an einem Text für eine Ausschreibung. Mal schauen, ob die Texte bei der Jury Anklang finden. Mein Traum wäre es eine Kurzgeschichtensammlung zu veröffentlichen. Aber wer weiss? Genügend Ideen hätte ich jedenfalls.

Auszug aus «Mit Greta in den Bergen»
Mich faszinieren die Geschichten, die man sich über die Berge erzählt. Vieles scheint möglich, dass ich mir unten im Tal, in der Stadt, nie vorstellen könnte. Vielleicht liegt es an der Höhenluft, aber hier oben übermannt mich bisweilen eine heilige Scheu.
«Kennst du eine dieser Geschichten?», fragt Greta.
Ich schaue sie von der Seite her an. Auch vor ihr ergreift mich eine heilige Scheu. Sie ist klug und hübsch und denkt sich viel, ohne zu sprechen. Beim Lachen kneift sie die Augen zu, wie jemand der gerne mit seinen Gedanken allein ist.

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Author

Julian Steiner war Elektriker, Schreiner, Campaigner, Hotel-Allrounder, Pharma-Rohstoff-Einkäufer und Berufsbildungsfachmann, bevor er seine Heimat in der Welt der Unternehmenskommunikation fand und seit 2023 für das Team Unicom textet und die Social Media Kanäle bewirtschaftet. Wenn er nicht an der Uni Freiburg Dinge mit Buchstaben anstellt, unterrichtet er Allgemeinbildung an einer Berner Berufsfachschule oder schaut von seinem Balkon auf den Thunersee, hört Death Metal und denkt nach.

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