20.06.2013

Elektronik geht in eine neue Runde


Physiker der Universität Freiburg und der Queen Mary University of London haben einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von organischen Halbleitern geliefert, die für die Herstellung von billigen und leistungsfähigen Bauelementen genutzt werden können.




Vergleichbar mit einem Kreisel dreht sich bei einem sogenannten "Spin" ein Elektron um die eigene Achse. (Bild: Thinkstock)

Das Rennen um die elektronische Miniaturisierung wird schon bald eine Grenze erreichen, die mit den aktuellen Techniken und Konzepten basierend auf der elektrischen Ladung der Elektronen nicht überwunden werden kann. Einen Ausweg aus dieser Sackgasse könnte die auf den Spin der Elektronen basierte Elektronik, die so genannte «Spintronik», liefern. Der Spin ist eine quantenmechanische Eigenschaft der Elektronen. Man kann sich den Spin vereinfacht als eine Drehung des Elektrons um seine eigene Achse vorstellen, vergleichbar mit einem Kreisel. Solange der Spin (die Drehrichtung) sich nicht verändert, spricht man von der «Kohärenz» des Spinzustands. Diese «Spin-Kohärenz» hat eine grosse Bedeutung für die Entwicklung von spintronischen Bauelementen für die Informationsspeicherung und Informationsverarbeitung. Für eine optimale Leistung müssen die verwendeten Materialien in der Lage sein, diese Spin-Kohärenz so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.

Effizientere Mikroelektronik

Am Department für Physik der Universität Freiburg hat Dr. Laura Nuccio, eine Wissenschaftlerin in der Arbeitsgruppe von Prof. Christian Bernhard, die Gründe untersucht, weshalb die Spin-Kohärenz in organischen Halbleitermaterialien, wie sie zurzeit in Leuchtdioden (LED) und anderen mikroelektronischen Geräten verwendet werden, nicht erhalten bleibt. Das Forschungsprojekt wurde in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Alan Drew von der Queen Mary University of London und anderen Forschungsgruppen aus Europa und den Vereinigten Staaten realisiert. Die Spins «vergessen» tatsächlich nach einiger Zeit die Drehrichtung ihres Spins. Man stelle sich die Elektronen als kleine Teilchen vor, die sich anfangs alle im Uhrzeigersinn um eine Achse drehen. Nach einer Weile haben einige der Teilchen ihre Drehrichtung geändert und drehen sich entgegen dem Uhrzeigersinn. Dieses Phänomen nennt man «Spin-Relaxation». Laura Nuccio erklärt: «Wir haben an verschiedenen organischen Molekülen eine Reihe von Messungen der Spin-Relaxation durchgeführt und dabei einen Zusammenhang zwischen dem Spin und der Bewegung des Elektrons entdeckt. Unsere Arbeit zeigt, dass diese so genannte Spin-Bahn-Wechselwirkung, die in den organischen Halbleitern bisher oft vernachlässigt wurde, für den Prozess der Spin-Relaxation eine sehr wichtige Rolle spielt.»

Das Verständnis dieses Phänomens ist von grossem wissenschaftlichem und technologischem Interesse, da die Kontrolle der Spin-Kohärenz die Entwicklung einer neuen Art elektronischer Geräte erlaubt, die nicht nur auf der elektrischen Ladung beruht. Künftig wird es möglich sein Bauelemente zu produzieren, die weniger energieaufwendig sind, geringere Herstellungskosten verursachen und verbesserte mechanische Eigenschaften besitzen. Diese können beispielsweise für die Herstellung von tragbaren elektronischen Geräten von grossem Nutzen sein.

Die Ergebnisse dieser Forschung wurden in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.
Link zum Artikel:
http://prl.aps.org/abstract/PRL/v110/i21/e216602

Kontakt: Christian Bernhard, Ordentlicher Professor, Departement für Physik, 026 300 90 70, christian.bernhard@unifr.ch